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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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18. Heft
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Coulin, Jules: Der Landschaftsmaler Robert Zünd (1827 - 1909)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0739

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DER LANDSCHAFTSMALER ROBERT

ZÜND (1827—1909) Von Dr. JULES COULIN, Bafel

Mit 6 Abbildungen

ROBERT ZÜND, Wiefenweg (Ölftudie)

Von den fchweizerifchen Landfehaftern, die aus der Schule der Diday und Calame
in Genf hervorgingen, erreichte der Luzerner Robert Zünd durch die Eigenart
feiner künftlerifchen Begabung die bemerkenswertefte Sonderftellung. Eine außer-
ordentliche Scharffichtigkeit, verbunden mit ungewöhnlicher Ausdauer im Studium
zeichneten fchon den Schüler aus. Calame lohnte ihn durch die Erwerbung eines
feiner erften Bilder; die gewiffenhafte und dabei technifch überlegene Durchführung
feiner Naturftudien erregte bereits im Genfer Atelier die Bewunderung der Kollegen.
Die weitere Ausbildung brachte die Bekanntfchaft mit den Altmeiftern der Landfchafts-
kunft, den Holländern des 17. Jahrhunderts, die ja fchon durch die Genfer Schule in-
direkt auf Zünd eingewirkt hatten, deren eigene Sprache er aber zuerft in München,
um 1851, vernahm. Weit wichtiger als diefer Aufenthalt wurde für Zünd Paris, das
ihm 1852 Claude Lorrains weiträumige landfchaftliche Kompofitionen zum Studium
bot und vor allem die Werke der Schule von Barbizon. Das Licht als wefentlich
formgebendes Element wurde ihm hier in feiner ganzen Bedeutung offenbar und zu-
gleich muß er von der paysage intime gelernt haben, wie wenig das Thema als folches
und wie viel feine rein künftlerifche Durchführung zu bedeuten hat. So fehen wir in
Zünds Werk fpäter nicht eine einzige der Veduten oder Alpenpanoramen, die für die
Bilder etwa noch Calames faft unerläßlich find (mit den Studien des Genfer Meifters
hat es eine andere Bewandtnis, wie z. B. das „Seeufer“ in der Basler Kunftfammlung
zeigt, das in Auffaffung und Durchführung an einen Dupre gemahnt); Zünd fuchte
das Idyllifche, Einfache, das ihm die Umgebung Luzerns fpäter bot, ohne dem nahen
Hochgebirge befondere Aufmerkfamkeit zu fchenken. Von den Ruysdael, den Claude
hatte er aber eines gelernt und nie vergeffen: die bildmäßige Rundung der Naturein-
drücke, ihre Steigerung zu einer gewiffen Idealität, die manchen feiner Bilder das Ge-
präge des Heroifchen oder Klaffifchen geben. Gottfried Keller, in deffen nachgelaffenen
Schriften fich ein Auffat^ über Zünd findet (Ein befcheidenes Kunftreischen), prägte für
diefe Landfchaftskunft das Wort von „idealer Reallandfchaft oder realer Ideallandfchaft“,

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