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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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12. Heft
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Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0524

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DER KUNSTMÄRKT — von den Auktionen

Bevorftehende Auktionen

KÖLN (SAMMLUNG RÖTTGEN.) Mit Inter-
effe [ieht man fchon jeßt der Auflöfung der
bekannten Sammlung C. Röttgen-Bonn ent-
gegen, die im kommenden Oktober von der
Kölner Kunftauktionsfirma Math. Lemperß
(P. Hanftein) zur Verweigerung gebracht wird.
Diefe Sammlung, deren verftorbener Befißer oft
hohe und höchfte Herrfchaften als Bewunderer
feiner mit feltenem Verftändnis und Fleiß zu-
fammengetragenen Schüße bei fich zu Gafte fah
(fo z. B. die Kaiferin Friedrich), galt den Kunft-
gelehrten und Liebhabern, vor allem denjenigen,
die fich mit der Plaftik der Gotik und Renaiffance
befchäftigten, höher als manches öffentliche
Mufeum; kann fie doch auf dem Gebiete der
Holzplaftik des Mittelalters als die bedeutendfte
Sammlung Weftdeutfchlands angefprochen wer-
den. In befonders zahlreichen Beifpielen ift
naturgemäß die niederrheinifche Holzfchnißerei
vertreten, vor allem die Schuie von Calcar in
ihren Anfängen und in ihrer höchften Blüte.
Nicht weniger als 600 Nummern umfaßt die
Sammlung an Figuren, Gruppen, Reliefs und
Altären, viele mit den alten Polychromierungen.
Mehr als 100 Schnißmöbel find vorhanden;
Rheinifche Stollenfchränke, Überbaufchränke,
Kaftenfchränke, Truhen und Tifche, darunter
fehr feltene Formen und Spielart. Neben der
Holzplaftik, der feine Hauptliebe galt, wandte
Röttgen fein Intereffe auch den übrigen Fünften
des Mittelalters zu, foweit fie irgend in den
Rahmen feiner als Mufeum eingerichteten Samm-
lung hineinpaßten. So findet man eine Reihe
frühgotifcher Glasmalereien, Ölgemälde und
Altartafeln, der rheinifchen, vor allem der köl-
nifchen Malerfchule, rheinifche Steinzeuggefäße
von Raeren und vom Wefterwald, hervorragende
Werke der Schmiedekunft, fo ein überaus reiches
eifernes Tor aus dem Klofter Heifterbach. Das
frühgotifche Email findet ein treffliches Beifpiel
in einem Kruzifixus der Limoufiner Schule. Auch
kirchliche Gewänder, Kafelkreuze und Borten
find in bemerkenswerten Exemplaren vorhanden.

LONDON Die diesjährige „große Saifon“
feßt fpäter als gewöhnlich ein. In den leßteri
paar Wochen bis zum 5. Juni haben nur wenige
Verkäufe von irgendwelcher weiteren Bedeutung
ftattgefunden, und erft jeßt hört man von
mehreren bald oder für fpäter bevorftehenden
Auktionen, die lebhaftes Intereffe erregen dürften.
Mehrere darunter find von Meffrs. Chriftie
fo fpät feftgefeßt worden, daß fie hier nicht
mehr zur Zeit angekündigt werden konnten,

z. B. der „Barbizon Tag“, den der 14. Juni
bringen wird. Große Propaganda dagegen
wird fchon jeßt für eine Auktion Turner-
fcher Stücke gemacht, die im Juli verfteigert
werden follen. Es handelt fich um die Samm-
lung Turnerfcher Aquarelle des verftorbenen
Mr. J. E. Taylor, einftigen Verlegers der großen
Provinzzeitung „Manchefter Guardian“. Taylors
Turnerfammlung enthält mit die beften Werke
diefes Künftlers, ca. 40 an der Zahl. Einige von
ihnen waren früher das Eigentum Ruskins ge-
wefen. Alle Perioden Turners find vertreten
Unter anderen brachte „der blaue Rigi“ im Jahre
1863 £ 310.16.0; „der rote Rigi“ £ 661.10.0 im
Jahre 1877; „Llanthony Abbey“ eine Walifer
Landfchaft, „ein Wunder“, wie es Ruskin nannte,
830 gs im Jahre 1895. Man erwartet fehr hohe
Preife, brachten doch 1908 fünf Aquarelle Turners
nicht weniger als £ 10750, darunter eines „Hei-
delberg“, allein 4200 gs. Aus dem Nachlaß
deffelben Mr. Taylor kommen dann noch einige
wertvolle Kunftgegenftände zum Verkauf, u. a.
ein deutfcher Becher, 15. und ein dito 16. Jahr-
hundert, eine Monftranz, frühes 16. Jahrhundert
u. a. m.

Vom 1.—5. Juli werden Meffrs. Knight,
Frank & Rutley die Kunftgegenftände, Silber,
Porzellan, Porträts und andere Gemälde, Holz-
fchnißereien und Kunftmöbel, aus dem alten.
Schloß Fineden Hall in Northamptonfhire, die
als Mackworth-Dolben Kollektion bekannt
find, zur Verweigerung bringen.

Meffrs. Sothbey künden an: eine Auk-
tion feltner Bücher und Handfchrift en
am 27./28. Juni, darunter eine Originalausgabe
der Burns’fchen Gedichte, eine erfte gefammelte
Ausgabe der Shakefpearefchen „Poems“ 1640,
aus der Sammlung des Mr. Andrew C. Drum-
mond, und vor allem alte geographifche
Werke, nämlich ein vollftändiger Entwurf der
„De Geographia“ des Schweizers Heinrich Loriß,
genannt Glareanus, offenbar in Loriß’s eigner
Handfchrift (zwei etwas frühere, weniger aus-
führliche Entwürfe befinden fich in Bonn und
München), zufammen mit fieben Weltkarten
in der Manier des Waldfeemüller in fchöner,
farbiger Ausführung, darunter fünf, die Amerika
behandeln, das in vieren auch fchon diefen
Namen trägt. Diefe Werke gelangen direkt aus
dem Befiß der Nachkommen einer alten Schweizer
Familie, den urfprünglichen Eigentümern, in den
Auktionsfaal.

Meffrs. Sotheby kündigen, wie der In-
feratenteil nachweift, für den 26. Juni die Auk-
tion einer zwar an Zahl der Blätter befchränkten

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