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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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9. Heft
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Lohmeyer, Karl: Die kurfürstlich trierische Porzellanfabrik zu Schönbornslust
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0374

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DIE KURFÜRSTLICH TRIERISCHE POR-
ZELLHNFÄBRIK ZU SCHÖNBORNSLUST

Von KÄRL LOHMEYER

Die Gefchichte der rheinländifchen Keramik bedarf noch mancher Äufklärung. Selbft
Fabriken, die längere Zeit befanden und die von künftlerifch hoher Bedeutung
waren, wie z. B. die fürftlich Naffau-Saarbrückifche Porzellan- und Fayencemanufaktur
Ottweiler, über die ich unlängft in einem größeren Äuffaße gehandelt habe1, find
fo gut wie vergeffen, fo daß es uns nicht zu wundern braucht, wenn uns von einer
nur fo kurze Zeit ßorierenden Fabrik, wie der Kurtrierifchen auf dem Schlöffe Schön-
bornsluft bei Coblenz noch keinerlei Kunde geworden ift.

1756 hatte fich ein freundlicher, behäbiger Herr, Johann Philipp von Walderdorf,
den Trierer Kurhut aufs Haupt gefeßt. Gütig und bis zur Verfchwendung freigebig,
bau- und kunftfreudig, war es fein erftes Beftreben, kunfterfahrene Männer ins Land
zu ziehen, die ihm helfen füllten, feiner Vorliebe für Kunft und Pracht den richtigen
Ausdruck zu verleihen. — Vielleicht das höchfte Lob, das man ihm geben kann, ift
das, daß er felbft bei weitem in diefen Beftrebungen noch feinen Vorgänger übertraf,
und das war ein Schönborn, ein Name, bei dem fich unbewußt vor unferen Äugen
glänzende Barockpaläfte, farbenprächtige Deckengemälde und ins Unendliche fich ver-
lierende geradlinige Gärten aufbauen.

Ein folch typifcher Barockfürft, wie es Johann Philipp von Walderdorf war, mußte
aber auch feine eigene Porzellanfabrik haben, das wollte einfach die Mode. Schon
im zweiten Jahre feiner Regierung 1757 trafen zwei Keramiker ein, der Franzofe
Pyrifon und der Deutfche Stadelmayer, die Celfiffimo zu einer folchen verhelfen
wollten. Sie machten große Verfprechungen, hielten aber wenig davon, fo daß wieder
einmal das Bild einer kleinfürftlichen keramifchen Gründung, wie fo oft in diefer Zeit,
in großen Erwartungen und getäufchten Hoffnungen an uns vorüberzieht.

Am 19. Juli 1757 berichten uns die Hofkammerprotokolle von Kurtrier zum erften
Male von diefer beabfichtigten Manufaktur (Königl. Staatsarchiv Coblenz). Damals Jollen
der Kammerrat Speicher und der Bauinfpektor und Hofkaplan Schili den befagten
„porcelaine fabrikanten“ mit allem Erforderlichen an die Hand gehen, was ihnen zur
Verfertigung der erften Proben dienen könne.

Pyrifon und Stadelmayer halten nämlich eine Spezifikation eingereicht über alles,
„was zur Erbauung Eines porcellaine ofens zu machung der prob von der Rans-
bacher weifen Erden erfordert werde“.

Der Ort, woher die Erde bezogen wurde, lag auf dem rechten Rheinufer nahe bei
Engers.

Die Probe mußte dem hohen Herrn zur Zufriedenheit ausgefchlagen fein, denn er
ftellte alsbald die nötigen Räume in einem Nebenbau des prächtigen Luftfchloffes
Schönbornsluft zur Verfügung, das vor nicht langer Zeit der große Würzburger
Meifter Baltafar Neumann für feinen Vorgänger errichtet hatte.

Die Akten fehlen nun völlig über die neue Fabrik, doch ift es ficher, daß fie von

1 Lohmeyer: Die Fürftlich Naffau-Saarbrückifche Porzellan- und Fayencemanufaktur in Ott-
weiler. Saarbr. Ztg. 1911, Jahrg. 151, Nr. 177—183, auch als Sonderdruck 28 Spalten der Saarbr.
Ztg. erfchienen, den ich gern Intereffenten zur Verfügung ftelle. Nachricht von etwa vorhandenen
Stücken diefer Fabrik bitte ich ergebenft an mich gelangen zu laffen (Heidelberg, Stadt. Samm-
lungen). Der hift. Verein f. d. Saargegend plant eine abfchließende, reich illuftrierte Monographie,
die er als eines feiner Jahrbücher herauszugeben gedenkt (vgl. das Zirkular des Vereins von 1911).

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