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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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10. Heft
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Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0429

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DER KUNSTM.ÄRKT — von den Auktionen

ÄMERIKÄNISMUS Im Jahre 1910 er-
warb bekanntlich Pierpont Morgan die aus
86 Stück begehendeUhrenfammlung von Mar-
fels-Berlin um den abfurden Preis von andert-
halb Millionen Francs. Daß ein derartiger Erlös
erzielt werden konnte, war nicht nur der Re-
nommierfucht des amerikanifchen Engrosfamm-
lers zu verdanken, bei dem es auf eine lumpige
halbe Million mehr oder weniger nicht an-
kommt, wenn nur die ganze Welt davon fpricht —
fondern auch dem früheren Befißer Marfels felbft.
Für keine Sammlung wurde fdion lange vor-
her fo enorme Reklame gemacht, kein Verkauf
wurde je fo raffiniert gefchäftskundig infzeniert;
kurz und gut: Marfels erwies fich in diefer An-
gelegenheit als ein noch befferer Antiquitäten-
händler als Antiquitätenfammler.

Daß Marfels nach dem Verkauf feiner Uhren-
fammlung das einträgliche Gefchäft weiter fort-
führt, ift fein gutes Recht. Was aber nament-
lich in Mufeumskreifen allgemeinen Unwillen
hervorgerufen hat, ift das Manöver, das be-
reits mit einem Auffaß in der Antiquitäten-
Zeitung (Stuttgart, 24. April 1912) eingefeßt hat,
den Preis für Renaiffanceuhren aufs neue künft-
lich zu fteigern. Ein gewiffer Hans Berger
markiert diesmal den Imprefario. In dem be-
treffenden Auffaß, der in jeder ernfthaften Kunft-
zeitfchrift fchon wegen feines kraffen Dilettan-
tismus abgelehnt worden wäre, verfucht er uns
zunächft über die fehr bezeichnende Tatfache
hinwegzutäufchen, daß Marfels feine erfte Samm-
lung verkauft und nach kaum zwei Jahren fchon

wieder eine zweite befißt. „Er fühlte (nament-
lich) eine große Leere. Wie faft jedem, der
einmal den Genuß des Sammelns gekoftet hat,
war auch ihm diefe Tätigkeit Lebensbedürfnis
geworden“ ufw. Rührend, nicht wahr?

Dann folgt eine Befchreibung der neuen
Sammlung, die mit folgenden Bemerkungen
fchließt:

„Was nun die Preife anbelangt, die heute für
„alte Uhren bezahlt werden, fo können wir hier
„natürlich nur Anhaltspunkte geben. . . . Wäh-
lend eine gut erhaltene filberne Eiuhr, wie
„diejenige in Abb. 1 und 2 nur einen Wert von
„etwa 5000 M. hat, repräfentiert die Eiuhr
„Abbildung 5 und 6, weil ihr Bergkriftallge-
„häufe in Goldemail montiert ift, einen Wert
„von 20000 M. Wie ftark nebenbei die Selten-
heit eines Stückes ins Gewicht fällt, geht aus
„der Tatfache hervor, daß der Befißer für das
„goldene Standührchen, Abbildung 8, ein feftes
„Gebot von 200000 Mark ausgefchlagen hat.
„Sehr hohe Preife erzielen auch die Goldemail-
„uhren aus der Zeit Ludwigs XIII. . . . Sie
„ftellen fich auf 10000 bis 20000 Mark das Stück
„(fiehe Abbildung 9 bis 16), teilweife fogar noch
„höher.“

Für jeden, der die Preife der größeren Auk-
tionen der leßten Jahre verfolgt hat, und der
weiß, daß Renaiffanceuhren noch in genügender
Anzahl zu haben find — wie hätte fonft Mar-
fels in kaum zwei Jahren eine folche ftattliche
Anzahl zufammenbringen können? — dürfte
die fauftdicke Gefchäftsreklame des Imprefario

ALBERT CUYP, Anficht eines Dorfes bei Harlem. Getufchte Kreidezeichnung.

Kat.-Nr. 188 der Sammlung von O. von zur Mühlen. Verweigerung 5.-7. Juni bei Ämsler & Ruthardt, Berlin.

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