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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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6. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN

koloffales Gemälde (7,80X3,20) des Prete Ge-
novefe für £ 8000. Es ftellt das Gaftmahl im
Haufe des Pharifäers dar und zeigt die male-
rifche Bravour diefes Meifters in all feiner cha-
rakteriftifchen, temperamentvollen Ärt. Br.

ÄUSSTELLUNGEN

BERLIN Die Hauptanziehung der CÄSSIRER-
fchen Märzausftellung bilden die Renoirs der
Sammlung Durand-Ruel und diefe 41 Bilder ge-
ftatten einen guten Überblick über das Werk
des Meifters, wenn auch die Tanzbilder aus der
Nachfolge von Degas fehlen1. Das erfte Bild,
die „Maifon rouge“ von 1873, fchließt noch aller-
lei Möglichkeiten in [ich, aber bald nachher, in
der „Loge“ und der „Femme au chat“ von 1880,
ift derÄnfchluß an Manet entfchieden vollzogen.
Dann werden die Farben heller, die Form lockert
[ich auf, und die „Femme de l’artifte“ von 1896
bezeichnet etwa den Höhepunkt diefer Ärt
Malerei. Um diefe Zeit verfchwindet auch das
Lila, das bis dahin ein Hauptwort in den Bil-
dern fprach, ganz, und Renoir wird immer ein-
facher, immer fparfamer mit den Farben. Eine
Überrafchung, aber keine freudige, find dann
die Bilder der lebten Jahre, die Frauenakte in
ihrer unangenehm fußen Farbigkeit und die flauen
Porträts, die nicht mehr viel von der ftarken,
fachlichen Formgebung der frühen Bildniffe ent-
halten. Sehr intereffant ift die „Bohemienne“
von 1910. Hier fpricht fich eine Verwandtfchaft
Renoirs mit den Meiftern des franzöfifchen Ro-
koko ziemlich unverhüllt aus. In den Land-
fchaften hat fich die Entwicklung reiner voll-
zogen: die beiden Landfchaften von 1901 und
1902 find den Marinen von 1883 weit überlegen
an Zufammenfaffung und an malerifcher Deli-
kateffe.

Von dem Bildhauer Georg Kolbe fieht man
eine lebendige Büfte Conrad Änforges und einige
Figuren in feiner fein ftilifierenden, gefchloffenen
und großzügigen Ärt.

In den vorderen Sälen begegnen wir Kollek-
tionen von Ädolph Ed. Herftein und Rob.
Hoffmann. Der erftere zeigt Landfchaften in
einer Technik, die nach Trübner orientiert ift
und ein Stilleben, in dem ein hübfch charakteri-
fiertes Nickeltablett mit zwei Porzellankannen
auffällt. Nur fchade, daß die Tifchplatte wieder
perfpektivifch verfehlt ift: die Gegenftände

fcheinen herunterzugleiten. Hoffmann hat fich
anfcheinend den Berlinern Beckmann und Rößler
angefchloffen. Seine Landfchaften mit Kühen
find atmofphärifch vertieft und fehr kühn in der

1 Siehe auch Cicerone, laufender Jahrg., Heft 3. Referat
gelegentlich der Münchner Ausheilung. Die Red.

Luftbehandlung, aber einftweilen im ganzen
mehr Gefühls- als Kunftwerte.

* *

*

Der SÄLON SCHULTE bietet, wie üblich, eine
Reihe verfchiedener Individualitäten. Im Haupt-
faal hängen Porträts, Figurenbilder und Studien
von Ernft Heilemann; Arbeiten, aus denen
man wohl erfährt wie die Porträtierten ausfehen,
keinesfalls aber wie die Leute find. Oft find
bei diefen Arbeiten große Leinwände von meh-
reren Quadratmetern verwendet, was man fich
eigentlich nur durch die Gewohnheit, für Ver-
kleinerung zu zeichnen, erklären kann. Schließ-
lich verpflichtet aber ein großes Format auch zu
großer Äuffaffung, und die fehlt hier völlig. In
diefen Bildern bekundet fich ein erftaunlicher
Mangel an Dimenfionsfinn, und auch den kleinen
Bildern, den Stilleben, kann man nicht einmal
gute malerifche Qualitäten nachrühmen. Dabei
fieht man an manchen guten Einzelheiten, z. B.
an dem Gelenk der herunterhängenden Hand
auf dem Bilde des Malers Thöny, daß hier
befferes geleiftet werden könnte.

Die märkifchen Landfchaften von HansLicht
bringen nichts neues, ebenfowenig Feldbauers
Arbeiten in feiner bekannten derb zupackenden
und vehementen ftrt. Hans Buffe ift Auto-
didakt, aber keiner von denen, die fich als ftarke
Perfönlichkeit durchfet$en. Er ift über eine an-
genehm-konventionelle Malerei nicht herausge-
kommen. Richard Efchke bringt helle Land-
fchaften aus Avignon, die aber noch zuviel
einzelnes geben, und auch in Louis Lejeunes
Bildern fehlt noch die Subfummierung der Ein-
zelerfcheinungen unter eine große Dominante.
Carl Älbrecht malt gut charakterifierte Still-
leben, feinen Interieurs fehlt es aber an Luft.
Der Schweizer Plinio Colombi ftrebt anfchei-
nend zu Hodler und Erler und gibt in einem
eingefchneiten Garten gut die Wärme undDurch-
fichtigkeit der blauen Schatten. Alfred Lüdke
malt fozufagen Landfchaftsabftraktionen. Er gibt
ftrichelnd und mit einem Farbenauftrag wie die
alten Niederländer, fein durchgeführte Malereien
auf Mahagoni und es gelingt ihm auf diefe
Weife meift nicht übel, die klare Luft des Hoch-
gebirges auszudrücken, die auch die fernften
Fernen klar und fcharf erfcheinen läßt, und über-
dies zu anfprechend intimen Wirkungen zu ge-
langen, denen etwas Altväterliches eigen ift.
Freilich gelingt ihm dies nur unter Verzicht auf
jegliche impreffioniftifche Behandlung. Wilh.
v. Scharfenberg endlich huldigt in feinen Plafti-
ken einer malerifchen Formauffaffung.

In einem der Neben fäle hängt eine kleine
Hodler-Kollektion, beginnend mit einer Land-

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