Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (4.1912)

DIE AUSSTELLUNG VON KIRCHENGE-
WÄNDERN DES MITTELALTERS IM
BERLINER KUNSTGEWERBE-MUSEUM

Mit 11 Abbildungen Von O. v. FALKE

Es ift ein Äxiom der Kunftgefchichte, daß der mohammedanifche Orient, da er [eine
befte künftlerifche Schaffenskraft auf die Flächenornamentik konzentrierte, das
wefentlich plaftifch empfindende Äbendland auf diefem Gebiet überholt und tief in
Schatten geftellt hat. Im großen und ganzen ift diefer Grundfafe nicht anzufechten;
aber er ift doch nicht in dem Maß richtig, wie es den Änfchein hat. Auch die
europäifche Kunft hat mit Erfolg ein Feld bebaut, auf dem nur das reine Flach-
ornament gedieh. Der Seidenweberei hatte der von der Baukunft herstammende
Formenfchat$ wenig oder nichts zu bieten, denn er ift feinem Wefen und Urfprung

Hbb. 1. Chormantel in Danzig; Goldbrokat von Lucca, 2. Hälfte 14. Jahrh.

Der Cicerone, IV. Jahrg., 1. Heft. 1

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