Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

DOI Heft:
18. Heft
DOI Artikel:
Takács, Zoltán von: Eine Jubiläumsausstellung der Künstlerkolonie in Nagybanya
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0747

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
EINE JUBILÄUMSÄUSSTELLUNG DER KÜNST-
LERKOLONIE IN NÄGYBÄNYÄ Von ZOLTÄN VON TÄKACS

Mit 5 Abbildungen

Man erlebte in Ungarn vor anderthalb Jahr-
zehnten ungemein traurige Kunftverhält-
niffe. Es herrfchte der plattefte Naturalismus,
der die allgemein bekannte anekdotenhafte
Genremalerei und mit der herkömmlichen Vor-
liebe für theatralifche Deklamationen gepaart
die banalfte Sorte chauviniftifcher Hiftorienmalerei
zeitigte.

Die Hauptftadt war der einzige Ort, wo von
einer mäßigen Kunftpflege die Rede fein konnte,
und dennoch war fie alles eher als geeignetes
Milieu für das Gedeihen einer gefunden lebens-
kräftigen Kunft. Es lebte da niemand, der fich
durch Originalität oder Reichtum der künftle-
rifdien Erlebniffe als Mann der Zukunft er-
kenntlich gemacht hätte. Klarheit der Än-
fchauung offenbarte fich nur bei Menfchen wie
Mednyänszky und Szinyei, die, obwohl eigene
Werte brachten, kein großes, allgemein ver-
wertbares Prinzip entwickelten.

Eine gute Kunftfchule gab es nicht. Loß und
Szekely, die größten Kräfte unter den Profefforen
der Hochfchule für Kunft waren nicht gute Pä-
dagogen und die veraltete Methode des Unter-

richtes nach Gipsfiguren und Ornamentvorlagen
tat auch das Ihrige, um die jungen Künftler von
der Freiheit der Beobachtung und Selbfterkenntnis
abzulenken.

Das Schlimmfte aber war das Verhältnis des
Künftlers zur profanen Menge, die Rolle, die
den zumeift ungebildeten und parteiifchen Kri-
tikern zufiel, der unfelige Streit um Brot und
Pofition mit Heranziehen aller erreichbaren Macht-
faktoren. Das Bündnis der fich gut „Ädmini-
ftrierenden“ mit den Dilettanten der Tagespreffe
führte zur Unterdrückung der ehrlichen Kunft-
beftrebung, weil das unmündige Publikum das
einmal gedruckte Wort als Orakel anzunehmen
gewohnt war. Die aus diefen Übelftänden ge-
wonnene Belehrung veranlaßte zwei junge
Künftler, Johann Thorma und Stefan Reti, die
fich in München bei Simon Hollöfy und in Paris
an der Julien-Äkademie gebildet haben, fich an-
ftatt in Budapeft, in ihrer Heimat Nagybänya
niederzulaffen. Diefen zwei Malern ift die Grün-
dung der Nagybänyaer Künftlerkolonie zu ver-
danken. Sie waren es nämlich, die ihren Meifter
Hollöfy, der die Hbficht hatte für feine Schule

SIMON HOLLÖSY, Der Apoftel

707
 
Annotationen