Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (4.1912)

ENTDECKUNGEN UND FUNDE o PERSONALIEN

reit erklären, für die Erhaltung folcher Werke
von fidi aus beizufteuern. Ein Komitee follte
dem Staat als beratendes Organ dienen, und
diefem Komitee follten Mitglieder der wichtigften,
hier in Betracht kommenden Gefellfchaften atta-
chiert werden. Das Minifterium, dem die aus-
übende Gewalt referviert bleiben müffe, habe
fchon im vergangenen Jahre die Vorarbeiten zu
einer Inventarifation der alten Denkmäler im
ganzen Lande durchgeführt, um eine Lifte aller
der Erhaltung würdigen Denkmäler zu erhalten.
Solche Denkmäler follten dann unter keinen Um-
ftänden vernachläffigt, befchädigt, oder gar ver-
nichtet refp. außer Landes verkauft werden
können, wie das jeßt noch möglich fei. Z. B.
könnte jeßt der berühmte Steinzirkel Stonehenge
jeder Zeit nach Amerika verkauft werden, ohne
daß es jemand zu verhindern vermöchte. Der
Gefeßesvorfchlag, alte Denkmäler unter den
Schuß des Minifteriums zu ftellen, wenn fie fich
in Gefahr befänden, fei nicht weitgehend genug:
ein folcher verklaufulierter Schuß würde oft zu
fpät kommen. Ein Vorkaufsrecht feitens des
Staates für bewegliche Gegenftände, z. B. alte
Kirchengefäße ufw., würde von großem Wert
fein; die bisherigen Gefeßesentwürfe enthielten
keinerlei Beftimmungen darüber. Alles in allem,
fo meinte Mr. Peers, fei England in diefer Frage
des Schußes alter Denkmäler das rückftändigfte
Land in ganz Europa, und er als Regierungs-
infpektor der alten Denkmäler muß das wohl
am beften wiffen. Wird das Parlament feinem
Ratfchlag folgen und die Gefeßentwürfe dem-
entfprechend ausdehnen? — Ein Fall in London
käme hier gleich in Frage, nämlich das foge-
nannte Cromwell Housein der alten Londoner
Vorftadt Highgate. Die alte, ftattliche, weitbe-
kannte Eichentreppe diefes Haufes, in dem einft
Cromwells ältefte Tochter Bridget mit ihrem
Gemahl, dem General Ireton gewohnt, und das
eines der wenigen alten Wohnhäuser ift, die
auf unfere Zeit gekommen find, foll nach Amerika
verkauft werden, wahrfcheinlich wohl auch die
prächtigen Holzdecken in mehreren der beften
Zimmer. Das Middlesex County Council, zu
deffen Jurisdiktion der Befiß gehört, hat das
Haus auf die Lifte der zu konfervierenden Denk-
mäler innerhalb feines Gebietes gefeßt, mehr
aber kann es nicht tun. Man ruft alfo wieder
nach Hilfe, und die Society for the Protection
of Ancient Buildings fucht nach einem Mäcen.
Das Parlament würde wohl felbft der Verluft
diefes alten Denkmales nicht zu ungewohnter
Eile antreiben. Jenes Komitee wird noch oft
zufammenkommen, und fchließlich wird alles
beim alten bleiben. F.

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ENTDECKUNGEN ♦ FUNDE

TRIPOLIS Im Mai hat eine teilweife Durch-
fuchung der im Nordweften liegenden großen
römifchen Nekropole von Oea ftattgefunden.
Man hat 21 Gräber freigelegt, meift Familien-
gräber mit vielen Beigaben. In einem diefer
fand man 17 Glasurnen, fo daß auf eine längere
Dauer der Beifeßungen gefchloffep werden muß.
Die Zeit der Nekropole ift ungefähr das erfte
Jahrhundert n. Chr. Intereffant ift der Umftand,
daß Verbrennung und Beifeßung der Leichname
nebeneinander in Übung waren. Die Leitung
der Grabungen liegt in der Hand des Dr. Äuri-
gemma. L. P.

PERSONALIEN

LONDON An Stelle des nach der Alters-
vorfchrift fein Amt aufgebenden Sir Sidney
Colvin ift Mr. Campbell Dodgfon zum Vor-
hand der Abteilung für Stiche und Handzeich-
nungen im Britifchen Mufeum von den
Truftees des Mufeums ernannt worden. Der
neue Abteilungschef, der feiner trefflichen Arbeiten,
u. a. auf dem Gebiete der altdeutfchen Schwarz -
weißkunft, wegen allgemein bekannt und hoch-
gefchäßt ift, hat fchon jahrelang unter Sir S. Colvin
im Stichekabinett des Mufeums gearbeitet. Unter
ihm wird diefes nun auch bald in feine neuen,
größeren Räume im neuerrichteten Mufeums-
flügel überfiedeln, in denen es weniger be-
fchränkt fein wird als bisher. Sir Sidney Colvin
hat das Kabinett feit 1884 geleitet. Unter ihm
find die Beftände fehr bedeutend angewachfen,
meiftens durch größere Schenkungen, denn die
zum Ankauf neuer Blätter beftimmte, jährlich
vom Parlament bewilligte Summe ift mehr als
gering, jeßt mehr denn je, da ja die Preife auch
für Stiche ufw. faft von Jahr zu Jahr fteigen. Vor
allem waren es fünf große Gaben unter Colvins
Zeit, die dem Kabinett bedeutfame Schäße zu-
geführt haben: die Malcolmkollektion, feinerzeit
die größte Privatfammlung von Handzeich-
nungen, Stichen und Radierungen alter Meifter;
fie wurde für die auch für damals lächerlich kleine
Summe von £ 25000 erworben, darf alfo faft
als Gefchenk gelten; die William Mitchellkollek-
tion, die befonders reich an Dürerfchen und
andern frühen deutfchen Holzfchnitten ift; die
Lord Cheylesmorekollektion von Mezzotinto-
porträts; die Sammlung des Mr. Henry Vaughan
enthaltend Handzeichnungen alter und englifcher
Meifter, und fchließlich die grandiofe Salting-
kollektion, die erft kürzlich dem Mufeum ein-
verleibt worden ift. Zu diefen Stiftungen kom-
men Ankäufe wie der kürzliche einer vielum-

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