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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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13. Heft
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VERMISCHTES o LITERATUR

vergangenen Oktober kaufte Mr. James H. Dünn,
ein Canadier, bei Colnaghi in London ein hoch-
bedeutendes Porträt der Catharina Howard,
vierten Gemahlin Heinrichs VIII. Diefe fechs
Werke feinen ficher Gemälde von Holbeins eigner
Hand. Ein fiebentes Stück, ein Männerporträt
im Befijj des Mr. John G. Johnfon in Philadelphia,
fei etwas zweifelhaft, denn Kopf und Hände
diefes Gemäldes fänden fich genau auf Holbein-
fchen Porträts in Berlin refp. Wien wieder.

Vierzig Millionen Dollar für auslän-
difcheKun ft werke während eines einzigen
Jahres. Welch’ riefige, immer mehr fteigende
Dimenfionen der Ankauf im Auslände von Kunft-
werken alter und neuer Zeit annimmt, läßt fich
aus der Statiftik des Zolldepartements der Ver-
einigten Staaten in Wafhington erfehen, durch
deffen Hände ja alle Eintragungen über einge-
führte Kunftwerke und deren Preife gehen müffen.
Im vorvergangenen Jahre betrug die Gefamt-
fumme noch 221/3 Millionen Dollar. Im letzten
Jahre fchnellte fie auf die koloffale Höhe von
40 Millionen hinauf. Freilich für Juwelen gab
man gar 41 Millionen und für Spißen und derlei
Dinge gar 44 Millionen aus. Aber die aufKunft-
fachen aufgewandte Summe erfcheint doch faft
fabelhaft. Wäre fie für nur wertvolle und be-
deutende Werke ausgegeben worden, welch
wahres Kunftparadies müßte Amerika nicht fchon
heute fein! Aber man weiß, gerade auch in be-
hördlichen Kreifen, wie viele reiche, kunftbe-
geifterte (auch manchmal kunftfnobiftifche) aber
immer noch verftändnis- und kenntnisarme
Landeskinder von böfen Ausländern arg übers
Ohr gehauen werden und nichts als Imitationen
aus Europa, faft mehr aber noch aus dem Orient,
aus Japan und China, heimbringen. Zum Be-
ginn der großen Reifezeit, der jährlichen Völker-
wanderung aller wohlhabenden Yankees, die
jetzt tun, was einft die „Barbaren“ des Nordens
taten, als fie nach Italien pilgerten, um dort
Kunft und feine Sitten kennen zu lernen, bringen
nun die Blätter Warnungen, fich nicht zu leicht
Unechtes aufreden zu laffen. Man fchildert die
verfchiedenen, ja wohlbekannten Praktiken der
Bilderfälfdier, der Fabrikanten antiker Möbel ufw.
Solche Warnungen find zum Teil fogar ofßzieller
Natur. So veröffentlicht der amerikanifche Ge-
neralkonful in Hongkong eine folche, in der er
feinen China beziehenden Landsleuten dringend
ans Herz legt, nur mit akkreditierten Firmen zu
handeln, weil z. B. in Hongkong allein im lebten
Jahre fich kurz vor Beginn der großen Reife-
faifon — Amerikaner bringen ihre Ferien ja jeljt
in allen vier Ecken der Welt zu — sieben große

Läden aufgetan hätten, die angeblich Antiquitäten,
in Wirklichkeit aber nur Imitationen geführt und
damit ein geradezu glänzendes Gefchäft gemacht
hätten. Die größeren Sammler Amerikas find
heutzutage fchon fehr vorfichtig geworden. Die
anderen werden wohl erft durch Erfahrung klug
werden müffen. F.

LITERÄTUß

NEUE KUNSTLITERÄTUR

HANS v. MAREES. Julius Meier- Gräfe
läßt im Verlage von R. Piper & Co. in München
eine kleinere Biographie des Meifters erfcheinen,
die in ihrer vorzüglichen Konzentration und mit
ihrem reichen Bilderfchmuck, der alles charakte-
riftifche Material beibringt, allen denen aufs
wärmfte empfohlen werden kann, die nicht im
Befitje des großen Marees-Werkes find.

* *

*

Über die ENTWICKLUNG DER ABEND-
MAHLSDARSTELLUNG. Dr. F. Adama van
Scheltema gibt in diefem foeben bei Klink-
hardt & Biermann in Leipzig erfchienenen
Buche an der Hand gutgewählter und vorzüg-
lich reproduzierter Lichtdruck-Abbildungen eine
Darftellung der Entwicklung des künftlerifchen
Empßndens der einzelnen Völker und Zeiten,
entnommen aus ihren Abendmahlsdarftellungen,
und verfucht daneben die verfchiedenen Formen
der Abendmahlsdarftellungen aus diefen Ent-
wicklungen des künftlerifchen Empfindens zu
erklären. Die einzelnen Kapitel behandeln das
italienifche Abendmahl bis zu Andrea del Sarto,
das nordifche Abendmahl vor der Einwirkung
Lionardos, ferner die realiftifchen Abendmahls-
darftellungen in Venedig und die in den Nieder-
landen. * *

*

JOSEPH FÜHRICH. Im Aufträge des k. k.
Minifteriums für Kultus und Unterricht hatMoriz
Dreger im Verlage von Artaria & Co. in Wien
eine neue umfangreiche Biographie Führichs
herausgegeben, die ausgehend von Führichs
Selbftbiographie und mit Benutzung bisher ganz
unbekannter Quellen die Entwicklung des Füh-
riebfehen Genius einerfeits durch mehrere Gene-
rationen feiner Vorfahren zurück — und dann
von den erften Verfuchen des Sechsjährigen bis
zu den lebten unficheren Arbeiten des Greifen-
alters hinauf verfolgt. Das monumentale Werk,
das an andererstelle eingehend gewürdigtwerden
foll, ift gut illuftriert, und von einem prächtigen
Tafelbande begleitet, der viel neues Material
namentlich aus der romantifchen Periode Führichs
beibringt. H. F.

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