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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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9. Heft
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Schmidt, Robert: Schlesische Goldschmiedearbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0372

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SCHLESISCHE GOLD SCHMIEDEARBEITEN1

Von HOBEBT SCHMIDT

Im Jahre 1905 veranftaltete das Schlefifche Mufeum für Kunftgewerbe und Altertümer
in Breslau eine Goldfchmiedeausftellung, die mit faft 1000 Nummern einen vorzüg-
lichen Überblick über die in Schlefien verfertigten und die dafelbft befindlichen außer-
fchlefifchen Edelmetallarbeiten bot. Dann erfchien 1906 E. Hintes Buch: „Die Bres-
lauer Goldfehmiede“, das vom archivalifchen Gefichtspunkte aus die Breslauer Gold-
fchmiedekunft der lefeten vier Jahrhunderte erfchöpfend behandelte. Ein mühevolles,
äußerft dankenswertes Werk, dem bisher nur die Städte Leipzig und Berlin ähnlich
grundlegende Arbeiten zur Seite zu ftellen haben, und dem ein zweiter, die Provinzial-
ftädte behandelnder Teil folgen wird. Inzwifchen ift nun, unter dem unten angegebenen
Titel, ein Prachtwerk erfchienen, das den Beweis erbringt, daß die von den Autoren
angewendete Mühe an kein unwürdiges Objekt verfchwendet worden ift. Die hervor-
ragendften Arbeiten, die einem engeren, fachwiffenfchaftlich intereffierten Kreife bereits auf
jener Ausftellung bekannt geworden waren, find hier auf 75, zum Teil farbigen Tafeln
veröffentlicht worden und ftellen einen Schafe köftlichfter Goldfchmiedewerke dar, wie
er bisher noch in kaum einer Publikation zufammen zu finden ift. Auf 38 Tafeln
find fichere fchlefifche Arbeiten abgebildet, der Mehrzahl nach natürlich folche von
Breslauer Goldfehmieden; 15 Tafeln geben Werke der Frühzeit wieder, die, weil noch
ungeftempelt, nicht mit voller Sicherheit fchlefifchen Künftlern zugewiefen werden können.
Die übrigen 22 Tafeln find Arbeiten nichtfchlefifcher Herkunft gewidmet, die jedoch
feit langer Zeit in kirchlichem, fürftlichem und Mufeumsbefife des Landes ficli befinden.
Das Ganze ftellt gleichfam ein entwicklungsgefchichtliches Kompendium der Gold-
fchmiedekunft vom 14.—18. Jahrhundert dar, und der den fchlefifchen Werken zu-
gewiefene Teil bringt Leitungen von fo hohem künftlerifchen Werte, daß diefe oft-
deutfehe Provinz mit einem Schlage in die vorderfte Reihe der kunftgewerblich
führenden Gebiete Deutfchlands einrückt. Gewiß haben die Zentren der deutfehen
Goldfchmiedekunft, Nürnberg und Augsburg, bedeutendere Künftler befeffen, aber auch
die Breslauer Werkftätten haben Arbeiten hervorgebracht, die zum Teil weit über dem
Durchfchnitt ftehen und vielfach eine höchft beachtenswerte Eigenart aufweifen. Die
Schüfeenpokale von 1577 und 1582, die Johannesfchüffeln des Caspar Pfifter, die Schüffel
und Kanne des Paul Nitfch u. v. a. halten den Vergleich mit anerkannten Meifter-
werken füddeutfeher Goldfehmiede aus, und befonders unter den gotifchen und Früh-
renaiffancearbeiten, deren Heimat man teilweife doch wohl auch in Schlefien zu fuchen
hat, find Stücke von ganz außerordentlichem Reiz. Das liebenswürdigfte Werk, das
naiv-neugierig in die Welt blickende Köpfchen der hl. Dorothea, ift allerdings wohl in
Weftungarn entftanden, wie das an ihm verwendete Drahtemail beweift; dagegen
konnten wieder mehrere fehr gute Kelche mit einem etwas abweichenden Drahtemail-
fchmuck aus der erften Hälfte des 16. Jahrhunderts als Breslauer Erzeugniffe beftimmt
werden. Auch unter den fpäteren nichtfchlefifchen Arbeiten find äußerft bemerkens-
werte Leitungen anzutreffen. Der begleitende Text läßt an Klarheit und wiffenfehaft-
licher Exaktheit nichts zu wünfehen übrig. Er begnügt fich mit einer prägnanten Be-
fchreibung der einzelnen Stücke, gibt eine erfchöpfende Gefchichte ihrer Entftehung

1 Erwin Hinfee und Karl Masner, Goldfchmiedearbeiten Schlefiens. Eine Auswahl
von Goldfchmiedearbeiten fchlefifdier Herkunft oder aus fchlefifchem Befifee. 75 Tafeln und zahl-
reiche Textabbildungen. Breslau 1911. Selbftverlag des Schlefifchen Ältertumsvereins. Preis
150 Mark.

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