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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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12. Heft
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Hannover, Emil: Die Majoliken Veronas
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0499

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DIE MAJOLIKEN VERONAS

Mit 4 Abbildungen und zwei Fakßmiles Von EMIL HANNOVER, Kopenhagen

I.

In einem venetianifchem Heiratskontrakt vom Jahre 1499 hat Urbani de Gheltof eine
Zeugenunterfchrift gefunden, die wie folgt lautet: Antonio da Favenzia bocha-
larius veronensis.

Um das Jahr 1500 exiftierte alfo in Verona ein Majolika-Arbeiter, der von Faenza
gekommen war. Er war am Plaß wohl kaum der einzige in feinem Fach. Jedenfalls
gab es kaum 50 Jahre fpäter eine ganze Majolikafabrik in Verona. Piccolpaffo er-
wähnt diefe vorübergehend in feinem bekannten Traktat vom Jahre 1548. In Verona,
fagt er, wurde der Malgrund (Marzacotto) der Majolika von einer Art Stein oder
Marmor zubereitet, der auf den Bruchflächen wie Silber glänzte.

Man kannte bis vor kurzem (oder beffer gejagt: man erwähnte bis vor kurzem)
nur ein einziges Beifpiel diefer Majolikafabrikation in Verona, nämlich einen Teller
mit einer Darftellung Alexanders des Großen und der Familie des Darius auf der
Schaufeite und mit einer ornamentalen Ranke auf der Rückfeite. Diefer Teller wurde
im Jahre 1862 von T. Bernay, Bracon Hall, England, zu einer Äusftellung im South
Kenfington Mufeum geliehen, und ift in Robinfons Katalog der Äusftellung als „rather
coarsely painted with a crowded composition“ charakterifiert. Es paßt zu diefem
ftrengen Urteil, daß man es unterließ, das Stück abzuzeichnen und [ich damit begnügte,
die Signatur der Rückfeite zu fakfimilieren. Die Signatur, die nach Fortnum und an-
deren auf diefe Weife gelefen werden foll: 1563 a di 15 genaro — Giufeppe Gio-
vanni Battifta da Faenza — in Verona — M .... ift in der keramifchen Literatur ftehen-
geblieben; man findet fie (in mehr oder weniger verdrehter Form) in faft allen Marken-
büchern. Das Stück felbft wird auch noch immer in der Literatur erwähnt (meiftens
unrichtig als dem South Kenfington Mufeum gehörig, obfchon es nach der Äusftellung
1862 nach Bracon Hall zurückkehrte und dort geblieben ift). Es gibt wohl aber kaum
einen jeßt lebenden Forfcher, der es gefehen hat und fich eine felbftändige Meinung
darüber hat bilden können.

Durch die freundliche Zuvorkommenheit des jeßigen Befißers, Thos. Bernay Esq.,
ift es nun geglückt, eine Photographie zu erhalten, fo daß ich in der Lage bin, das
Stück hier zum erften Male zu veröffentlichen. Wie man fehen wird, übertrifft es
jedenfalls in der Kompofition die befcheidenen Erwartungen, die man nach der Be-
fchreibung Robinfons hegen durfte: Sehr lebendig ift die Handlung durch die aus-
drucksvollen Bewegungen der Figuren erzählt. Ein entfcheidendes Urteil über die
Qualität der Malerei kann man natürlich nicht auf Grundlage der Photographie treffen.
Indes bietet in diefer Beziehung fchon das Wappen auf dem Rand des Tellers eine
gewiffe Garantie, welches darauf deutet, daß der Teller einft als piatta di pompa
im Befiß einer der durchaus nicht anfpruchslofen Ädelsfamilien der Renaiffancezeit war,
und fo viel kann man außerdem an der Photographie fehen, daß die Behandlung in
bezug auf virtuofe Fertigkeit kaum hinter der Behandlung von manchem berühmten
Stück aus Urbino oder Faenza zurückfteht. Mit den Majoliken von Faenza hat der
Teller, der ja infolge feiner Infchrift von einem geborenen Faentiner gemacht ift,
übrigens die Ähnlichkeit, daß er auf der Rückfeite mit einer der typifchen Ranken
„alla porcellana“ dekoriert ift.

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