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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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2. Heft
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Stoehr, August: Hanauer und Frankfurter Fayencen, [1]: Versuch einer Trennung
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0071

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HÄNÄUER UND FRANKFURTER FAY-
ENCEN / VERSUCH EINER TRENNUNG

ERSTER TEIL / Mit 11 Abbildungen und einer Markentafel / Von ÄUGUST STOEHR

Durch die aus Akten und Kirchenbüchern gefchöpften Veröffentlichungen C. Ä. von
Drachs1 und R. Jungs2 find wir über die Gefchichte der beiden älteften Fayence-
fabriken Deutfchlands, Hanau und Frankfurt, genau unterrichtet.

Wir wiffen, daß die holländifchen Einwanderer, Daniel Behaghel aus Hanau und
deffen Schwager Jacob van der Walle aus Rotterdam am 1. März 1661 bei dem Rat
der Neuftadt Hanau um die Genehmigung eines Privilegs zur Errichtung einer Fayence-
fabrik einkamen; wenige Tage vorher, am 21. Februar hatten fie eine derartige Ein-
gabe dem Rate der Stadt Frankfurt vorgelegt, aber nur eine fehr vorfichtige nichts-
fagende Antwort erhalten, die beide wohl als Ablehnung auffaßten. Die hochgräfliche
Regierung zu Hanau dagegen hatte fich fchneller entfchloffen, denn bereits am 5. März
1661 erhielten Behaghel und van der Walle das von dem Grafen Friedrich Cafimir
von Hanau unterfertigte Privileg auf 20 Jahre erteilt. Als fie am 6. November 1675
um eine Verlängerung desfelben nachfuchten, kam eine abfchlägige Antwort wohl auf
Quertreibereien eines Werkmeifters Johann Bally hin, eines Holländers, den Behaghel
und van der Walle fich hatten kommen laffen. Bally ftrebte felbft danach, das Privileg
zu erhalten, was ihm auch am 1. Dezember 1679 gelang. Damals wurde es ihm auf
10 Jahre erteilt. 1668 war er bereits Bürger von Hanau geworden. Kurz vor Ablauf
des Privilegs, 1688 ftarb Johann Bally, und feine Witwe Anna führte die Fabrik weiter,
nachdem am 5. November 1689 eine Verlängerung des Privilegs genehmigt worden
war. Als Anna Bally 1693 geftorben war, erfchienen in Hanau Daniel Behaghel, der
ßch unterdeffen in Frankfurt als Handelsmann niedergelaffen hatte und Jacob van der
Walles Witwe Johanna, eine geborene Siemons van Alphen, und bewarben fich wieder
um die Führung der Fabrik, die ihnen auch am 24. Januar 1694 aufs neue übertragen
wurde. Als Daniel Behaghel am 15. April 1698 geftorben war, wurde die Fabrik von
feinen Erben mit Johanna van der Walle zufammen weitergeführt. Seit dem Jahre
1727 befand fich die Fabrik in den Händen des Bürgermeifters und Colonells der
Neuftadt Hanau Heinrich Siemons van Alphen; im Befitj der Familie blieb fie bis zum
Jahre 1786. Damals wurde die Fabrik in ein Aktienunternehmen umgewandelt, nach-
dem die Hanauer Regierung den Kauf abgelehnt hatte. Die Firma lautete feit 27. Fe-
bruar 1787: Martin, Dangers & Compagnie. Am 15. November 1794 wurde das Pri-
vileg auf den Handelsmann Daniel Touffaint von Hanau übertragen, als er das Werk
käuflich an fich gebracht hatte. Zuletjt, feit 17. April 1797, befaß Jacob Achilles Leisler
die Fabrik, unter dem im März 1810 die Vorräte vergantet wurden.

Frankfurt war alfo durch die Beforgnis feines Rates um den Ruhm gekommen, die
erfte Fayencefabrik Deutfchlands zu befi^en.

Man hatte aber durch die Erfolge der Fabrik in Hanau fich wohl überzeugt, daß
ein derartiges Unternehmen recht gut lebensfähig und gewinnbringend fein könne.
Als daher am 6. März des Jahres 1666 aufs neue ein derartiges Gefuch vorgelegt
wurde, blieb die Genehmigung nicht lange aus.

Die Frankfurter Fabrik wurde von Johann Simonet aus Paris gegründet. Er hatte
zuerft in der Hanauer Fabrik gearbeitet und war Mitte des Jahres 1662 in den Dienft

1 C. Ä. von Drach, Gefchichte der Porzellanfabrik in der Neuftadt Hanau. Deutfche Töpfer-
und Zieglerzeitung 1892.

2 Dr. R. Jung, Die Frankfurter Porzellanfabrik im Porzellanhofe 1666—1773. Archiv für Frank-
furts Gefchichte und Kunft 1901.

Der Cicerone, IV. Jahrg., 2. Heft. 4

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