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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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2. Heft
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Stoehr, August: Hanauer und Frankfurter Fayencen, [1]: Versuch einer Trennung
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0072

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HANÄUER UND FRANKFURTER FAYENCEN

des Freiherrn von Schönborn getreten, dem er 3l/2 Jahre lang in einer kleinen Fay-
encerei zu Heufenftamm das nötige Gefchirr für den freiherrlichen Haushalt anfertigte.
Über fein Wohlverhalten hat ihm der Freiherr bei feinem Weggang am 6. Januar 1666
ein Zeugnis ausgeftellt, das dem Gefuch an den Rat der Stadt Frankfurt beilag. Nach-
dem Simonet zwei kapitalkräftige „Verleger“, Bernhard Schuhmacher und Johann
Chriftoph Fehr, gefunden hatte, wurde ihm am 8. September 1666 die Genehmigung
feines Gefuches erteilt. Schuhmacher und Fehr waren Kaufleute. Erfterer erfcheint
lediglich in der Konzeffionsurkunde. Seit 1667 wird nur Johann Chriftoph Fehr als
Pächter des „Klapperfeldhofes“, in dem die Fabrik errichtet worden war, genannt.
Auch von Simonet erfahren wir nichts mehr. Sollte er vielleicht gar ein anderes Ge-
werbe ergriffen haben und mit dem Parifer Tapetenmacher Jean Simonet identifch
fein, der 1710 nach Rom in die damals von Clemens XI. errichtete Gobelinfabrik im
„Ospicio Apostolico di San Michele a Ripa“ ging?1

Fehrs Fabrik fcheint rafch in Schwung gekommen zu fein, denn bei feinem im
Frühjahr 1693 erfolgten Tode hinterließ er ein anfehnliches Vermögen. Die Pacht war
von 95 fl. im Jahre 1666 auf 200 ß. im Jahre 1685 geftiegen, nachdem Fehr eine
Vermehrung der Räume, größere Reparaturen und dergleichen verlangt und zugebilligt
erhalten hatte. Die Fabrik wurde nach feinem Tode von der Witwe Anna Margarethe
geb. Reineck als Vormünderin der zwei Söhne Jacob und Johann Chriftoph, von denen
Jacob aus der erften Ehe mit Elifabeth Magdalene Plauftrarius ftammte, fortgeführt.
1707 wurde das Fabrikanwefen von den Erben angekauft.

1714 ftarb Fehrs Witwe. Die Söhne Jacob und Johann Chriftoph führten die
Fabrik bis 1722 weiter, fcheinen aber wenig Glück gehabt zu haben, denn 1722 hat
fich Johann Chriftoph vergebens um eine ftädtifche Beamtenftellung beworben und
Jacob finden wir 1725 als Torfchreiber. Das Anwefen kam in andere Hände; 1723
bis 1732 befaß es Landamtmann Georg Heinrich Haßlocher, 1733 deffen Erben, 1734
bis 1736 Johann Friedrich Roth von Rohrbach, 1737—1738 Wolfgang Deininger, 1739
Anna Maria Sauerfenft und Johann Georg Heckei. 1740 ein Deininger, 1741 ein
Hille, 1742—1774 Johann Georg Heckei. Haßlochers Pächter der Fayencefabrik war
Philipp Friedrich Lay aus Wallrabenftein, der 1709 als Taglöhner eingetreten war und
23 Jahre in der Fabrik, alfo bis zum Tode Haßlochers 1732, gearbeitet hat. Am
13. Juni 1736 trat er in die Hanauer Fabrik ein und 1739 errichtete er die Fayence-
fabrik in Offenbach a. Main. Wolfgang Deininger, der „Porzellanhändler“ war, fcheint
auch die Fabrik felbft betrieben zu haben, nachdem er den Hof käuflich erworben
hatte. Er ftarb aber fchon im September 1739. Unter der folgenden Befißerin, der
Glafermeifterswitwe Sauerfenft, geriet das Anwefen in Konkurs. 1741 erfteigerte es
der Glafermeifter Johann Georg Heckei und übernahm auch felbft den Fabrikbetrieb,
obwohl er davon nichts verftand. Seine Söhne, von denen der ältere 1755 ftarb,
fcheinen aber beide als Fayencefabrikanten gelernt zu haben. Der jüngere, Johann
Friedrich, wenigftens war feit 1753 Porzellanmaler in der Fabrik zu St. Cloud. Er
kehrte 1755 nach Frankfurt zurück; am 25. Oktober 1763 nahm ihn fein Vater als
Teilhaber auf. 1765, am 14. Dezember, übernahm er das Gefchäft auf eigene Rech-
nung. Den Verfall, der wohl fchon längere Zeit fich bemerkbar gemacht hatte, konnte
Johann Friedrich aber nicht mehr aufhalten. Es kam zu einem häßlichen Prozeß zwifchen
Vater und Sohn, der wohl zugunften des letzteren endete, aber eine vollftändige Ver-

1 Eugen Münk, Histoire de la Tapisserie en Italie, en Ällemagne et ä Paris.

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