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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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8. Heft
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Riesebieter, Otto: Hubertusburger Fayencen aus der Periode Tännich
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0327

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HUBERTUSBURGER FÄYENCEN ÄUS DER

PERIODE TÄNNICH Von O. RIESEBIETER-Oldenburg

Mit einer Abbildung

Die Gefchichte und die bekannten Erzeugniffe der [ächfifchen Fayence- und Steingut-
fabrik Hubertusburg hat uns K. Beding, „Ein Beitrag zur Gefchichte der [ächfifchen
Keramik“ (Dresden, Stengel & Markert, 1891) dargeftellt, und im Jahrgang 1909 diefer
Zeitfchrift, S. 732 ff., hat Wolfgang Roch diefe Ausführungen teilweife ergänzt. Dar-
nach hat die Fabrik, die urfprünglich als eine Anlage auf Rechnung der Meißener
Porzellanmanufaktur gedacht war, faft ftändig unter dem Wettbewerb und Neid diefer
ihrer größeren Schwefter zu leiden gehabt und infolgedeffen niemals recht hochkommen
können. Das zeigte [ich befonders in ihrer erften Periode, in der fie als Fayencefabrik
— 1770 bis 1776 - - im Befit$e des Grafen von Lindenau war. Dann ging fie in den
Befit} des Kurfürften über und wurde als Steingutfabrik von 1776 bis 1814 im Namen
des Grafen Marcolini geführt, von 1814 bis 1835 im Namen des Königs felbft, um
fchließlich von 1835 bis 1848 im Befit} und unter der Leitung mehrerer Privatperfonen
allmählich ihrem Ende entgegenzugehen.

Die Fabrik wurde eingerichtet von einer der bekannteren Geftalten des keramifchen
Wanderlebens des 18. Jahrhunderts, dem aus Sachfen felbft gebürtigen1 2 Johann
Samuel Friedrich Tännich (auch Tönnjes, Tonniges, Toenniches, Toennius). In einem
bei den Akten des Großherzoglichen Haus- und Zentralarchivs in Oldenburg - befind-
lichen Bericht des Zerbftifchen Regierungspräfidenten von Cappelmann in Jever heißt
es, daß Tännich zunächft in der Meißener Fabrik, dann in der Straßburger Fayence-
fabrik gearbeitet habe und im Mai 1760 aus der damaligen Wittmundifchen Fabrik
nach Jever gekommen fei. Hier verfchwindet er aber nach Errichtung der Fabrik bald
wieder, um 1764 als Leiter der damals Großfürftlichen „Porzellan- und Ofenfabrik“
in Kiel aufzutauchen, wo er bis 1766 eine außerordentlich produktive Tätigkeit ent-
faltet hat.3

Im Jahre 1768 erfcheint Tännich wieder in feiner Heimat Sachfen und erbietet [ich,
auf Rechnung der Meißener Porzellanmanufaktur im Schlöffe Hartenfels bei Torgau
eine Fayencefabrik anzulegen. Dazu kommt es dann zwar nicht, wohl aber wird am
31. Mai 1770 Tännich die Erlaubnis zur Errichtung einer folchen Fabrik in Räumen
des Schloffes Hubertusburg erteilt. Sie ift denn auch alsbald errichtet und in Tätigkeit
getreten. Aber auch hier hat Tännich es nicht lange ausgehalten, denn in einem Kon-
zeffionsgefuch, das der Wirkliche Geheimrat und Oberftallmeifter Heinrich Graf von
Lindenau am 28. Januar 1774 an den Kurfürften richtet, erklärt diefer, daß Tännich
nur eine vorgefchobene Perfon und er vielmehr felbft der eigentliche Gründer und
Leiter der Fabrik gewefen fei und daß er Tännich wegen mehrfacher Ungebührniffe
habe entlaffen müffen.

Die Herftellung von Fayencen fcheint aber damit im wefentlichen ihr Ende erreicht
zu haben. Beling a. a. O. berichtet, daß am 17. Mai 1755 dem Grafen von Lindenau
die Konzeffion übertragen worden fei, daß diefer auch als technifchen Leiter der Fabrik
an Stelle Tännichs einen außerordentlich tüchtigen Mann, Johann Gottfried Förfter, an-

1 Vgl. meine „Beiträge zur Gefchichte der Fayence-Fabrikation in Jeverland und Oftfriesland“
in Heft XVI der Berichte des Oldenburgifchen Ältertumsvereins (Oldenburg, Gerh. Stalling) S. 11.

2 Äa Herrfchaft Jever, Abt. Ä, Tit. 23 Nr. 39, 50.

3 Brinkmann, Hamburg. Mufeum für Kunft und Gewerbe, Fayencen, S. 115 ff.

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