Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

DOI Heft:
12. Heft
DOI Artikel:
Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0525

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
STATTGEHABTE AUKTIONEN

an Vorzüglichkeit der Werke fowohl in bezug
auf frühe Zuftände, Trefflichkeit der Abdrücke
wie Seltenheit vieler Blätter aber ganz außer-
gewöhnlichen Sammlung von Mezzotinto-
porträts der bekannteren englifchen
Stecher des 18. Jahrhunderts (Valentine
Green, J. R. Smith, Ch. Turner, W. Dickinfon
u. a.) nach den Porträts der großen britifchen
Meifter jener Zeit, Reynolds, Gainsboroughs,
Hoppners, Romneys, Lawrencer, Morlands, Rae-
burns u. a. an. Die Sammlung umfchließt be-
rühmte Beifpiele aus der Huth-, Blyth-Lawfon
und anderen in den leßten 20 Jahren zur Auk-
tion gelangten Sammlungen und ift von einem
in Kennerkreifen wohlbekannten und feines Ur-
teils und Gefchmackes wegen gefchäßten Lieb-
haber angelegt worden, der aber nach der eng-
lifchen Sitte anonym zu bleiben wünfdit. Unter
den zur Auktion kommenden Werken feien hier
nur angeführt: Dickinfons „Mrs. Mathew“ aus
der Huthkollektion (früher 800 gs); Gainsborough-
Duponts „Miss Linley“ nach Gainsborough, von
der nur noch ein anderes Exemplar, das im
Britifchen Mufeum, bekannt ift und zwei „Her-
zogin von Devonfhire“ von Valentine Green,
die fich einft in der kgl. Sammlung zu Windfor
befanden. F.

Stattgehabte Auktionen

DIE AUKTION DOUCET Vier Tage
lang, vom 5. bis 8. Juni, haben uns auch die
amufifchen Boulevardblätter über die fenfationelle
Vente bei Georges Petit unterhalten und das
Ereignis gefeiert, das Paris wiederum ein gutes
Stück fortgefchritten zeigt auf dem Wege der
Zivilifation, der zu vollkommener Amerika-
ähnlichkeit führt. Alles was Namen hat im
Kunfthandel faß dabei, eingedrängt, auf refer-
vierten Bankreihen, während auf dem Flur Po-
lizeiagenten die Queue dirigierten. Unter den
großen Händlern fanden fich eigens von New-
York hergereifte ein, unter ihren Klienten Mlle.
Pierpont Morgan, Baron Henri Rothfchild, im
Bataillon der kleinen Amateure Theaterdamen,
Schriftfteller, zahlreiche Vertreter der mondänen
Neugier. Diefe Affiftenz ließ fich willig zu jener
Seligkeit animieren, die den Begriff vom ba-
nalen Gebrauchswert des Geldes unbekümmert
hinter fich läßt. Mit den erften Hammerfchlägen
des Auktionators packte fie das Fieber des Ein-
kauft! einkauft! und die beinahe feftliche Stim-
mung erlahmte nicht bis zum leßten Takt im
Tanz der Millionen. Es heißt, es feien alle
Auktionsrekorde gefchlagen. Gewiß der des
Snob, mit ungeheuerlichen Angeboten für Kunft-

werke dritten Ranges, mit Rembrandtpreifen für
Paftelle von de la Tour und Perronneau. Man
überfteigerte fich gleich mit 500 Francs, was
Herrn von Rothfchild nicht hinderte, den Gegner
mit der Einheit 50000 einzufchüchtern. So hatte
er de la Tours Duval de l’Epinoy verhältnis-
mäßig rafch auf 600000, wo er ihn haben wollte.
Rothfchild galt als der vermummte Herr, der
links, rechts, hinten im Saal auf feine Koften
einkaufen laffe.

Ja, welches find denn eigentlich die unerhörten
Standartwerke der Kunft, die hier losgefchlagen
wurden?

Eine 34 cm hohe Babybüfte von Houdon
um 450000 fs. (mit Aufgeld 495000 fs.). Ein
Porträt von Frau Vigee-Lebrun, die Prin-
zeffin Talleyrand (Mme. Grant) im Oval, mit
feuchtem Blick himmelwärts, ein gefaltetes Noten-
blatt in der Rechten, um 400000 fs.; das eine
wie das andere in ihrer Art gewiß vortreffliche
Werke. Ihnen fchließen fich an Fragonards
Minotaurusopfer (Kollektion Walferdin) um
360000 fs., ein Mädchenbildnis von Lawrence
um 200000 fs.; zwei Chardins („Seifenblafen“,
„Kartenhäufer“) zu 300500 und 190000 fs. und
einige Gruppen des Clodion zwifchen 100-und
200000 fs. De la Tours Paftell ift bereits ge-
nannt worden. Ihm eignet nun der Ruhm, das
auf öffentlicher Verweigerung teuerft bezahlte
Gemälde zu fein; bisher war es Murillos „Un-
befleckte Empfängnis“ mit 586000 fs. (Auktion
Soult 1852), dann folgte Millets „Angelus“ mit
553000 fs. (Auktion Secretan). Von diefen Bil-
dern erwarten wir heute nicht mehr die höchften
Gefühle, die Kunftwerke erwecken können, doch
auch ihrer Kategorie gehört der brave, un-
geniale de la Tour noch bei weitem nicht an.

Le vrai chef-d’ceuvre, fand man, c’est le total
des vacations. Es feßte fich zufammen aus den
Tagesergebniffen von rund 372 Millionen für
Zeichnungen und Paftelle, 6V2 Millionen für die
Ölgemälde und Skulpturen und 4 Millionen für
die an zwei Nachmittagen verkauften kunft-
gewerblichenGegenftände. Insgefamt 13884460 fs.
Wir geben im folgenden eine Auswahl der Preife,
wobei wir uns in der Hauptfache auf die fechs-
ftelligen Zahlen befchränken.

Nr. Zeichnungen, Aquarelle ufw. fs.

1. Baudouin, Die unterbrochene Lek-
türe, Gouache (verl. 70000 fs.), Remon 95000

16. Fragonard, Minotaurusopfer, Aqua-
rell (verl. 40000 fs.), Hodgkin . . . 48500

17. Derfelbe, La Reverence, Biftre (verl.

6000 fs.; von Doucet um 20000 fs.
angekauft), Guiraud.71000

495
 
Annotationen