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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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2. Heft
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Stoehr, August: Hanauer und Frankfurter Fayencen, [1]: Versuch einer Trennung
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0076

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HÄNÄUER UND FRANKFURTER FAYENCEN

Halbe- und Viertelkrüge. Verhältnismäßig
[eiten erfcheinen Krüge mit einem geftauchten
kugelförmigen Bauch und einem weiten
kurzen geraden Hals. In der Sammlung
des Herrn Rentier Lockner in Würzburg
befinden [ich zwei derartige Krüge, die
beide mit dem Wappen der Familie Papius
und daneben beigefügten Datierungen aus
den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts,
der eine in blau, der andere in blau und
gelb bemalt find.

Die Böden all diefer Krüge find faft
immer unglafiert oder befißen nur Glafur-
refte. Die Mehrzahl trägt ein mit einem
Stifte eingekrat$tes Zeichen, das einem
großen © ähnelt und hie und da die Ge-
ftalt einer großen © annimmt. Da nun
ein Teil diefer Krüge mit der für Hanau
feftftehenden Marke EN XX bezeichnet ift,
müffen wir alle Krüge, welche die vor-
ftehend befchriebenen Eigentümlichkeiten
befi^en, der Fabrik Hanau zuteilen. Es
mag am Platte fein zu erwähnen, daß fo
ziemlich jede unferer deutfchen Fabriken
bei der Geftaltung und der Befeftigung des
Henkels eine ihr eigene immer wieder-
kehrende Methode befeffen hat, daß aber
keine das Verfahren der Hanauer Fabrik zur Anwendung brachte.

Es handelt [ich auch nicht um ein nur vorübergehend gebrauchtes Verfahren, das
etwa von einem Former angewendet wurde, wir können vielmehr nachweifen, daß es
nahezu während der ganzen Zeit der Fabrikation geübt wurde. Aus der großen Zahl
des von mir unterfuchten Materials will ich herausgreifen: einen Enghalskrug im
Mufeum vaterländifcher Altertümer in Stuttgart, der neben einem Zunftwappen die
Jahreszahl 1686 trägt (mit Marke Nr. 1, Tafel I); einen bimförmigen Krug, der mit
dem Wappen des Fürftbifchofs von Würzburg, Carl Philipp von Greiffenklau, ent-
fprechender Umfchrift und der Jahreszahl 1749 gefchmück ift (Abb. 2, mit Marke
Nr. 13, Tafel I); endlich einen birnförigen Krug, der ein Zunftzeichen der Schiffer, die
Jahreszahl 1771 und auf dem Boden die Bezeichnung Hanau aufweift, letztere beiden
im Luitpold-Mufeum in Würzburg (Abb. 2). Erft gegen Ende der fiebenziger Jahre
des 18. Jahrhunderts wird diefe faft ein Jahrhundert lang feftgehaltene technifche
Eigentümlichkeit verlaffen. Ein bimförmiger Krug im Luitpold-Mufeum, der mit einem
Zunftzeichen der Megger und der Jahreszahl 1780 bemalt ift, zeigt einen Henkel mit
dünnem, mit dem Finger langgeftrichenen Ende. Der Boden aber trägt wieder das
eingekratjte C und die volle Auffchrift „Hanau“.

Die glatte Gefäßform herrfcht bei den Hanauer Krügen vor. Nur bei den bim-
förmigen Krügen finden wir öfters die fchräg von unten (heraldifch) links nach oben rechts
gewundeneForm (Abb.3, mit Marke 21, Tafel 1). Seltener erfcheint fie bei denEnghalskrügen.

Abb. 3

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