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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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4. Heft
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Heitz, Paul: Ein unbekannter Kupferstich des Meisters E S: Maria im Strahlenkranze
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0159

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EIN UNBEKANNTER KUPFERSTICH DES MEISTERS E S

einem Rafen, der mit verfchiedenartigen Blumen
bewach fen ift.

Äuf dem Stiche L. 124 ftemmt das Kind in
ähnlicher Weife den Fuß gegen feine Mutter.
Faltenwurf und Raffung des Gewandes findet
fich in ähnlicher Weife auf mehreren Stichen des
Meifters, fo L. 157 und 127, und die gleiche
Frauentracht kehrt fehr häufig bei ihm wieder,
fo L. 197, 210, 220, 230 und 233. Für den
etwas verkümmerten Oberkörper der Madonna,
die Hände, Haare, Krone und Rofenkranz ver-
gleiche man die Madonnen L. 118, 140, 185,
191, 206 und 219. Unter den Pflanzen des
Untergrundes begegnen wir alten Bekannten:
fo den bärlappartigen Blättern bei L. 139, 155,
170 und 206, einer Lilienart, ähnlich der Blume
auf der Handzeichnung im Städelfdien Inftitut
(vgl. M. Geisberg, Monatshefte f. K. III, 10,
Tafel 84) und den Glockenblumen im großen
Hortus conclusus zwifchen Katharina und Maria
(L. 126).

Die Technik verweift das Blatt in die Gruppe
des Stiches Äuguftus und Sybille (L. 121). Es

ift wohl keine der beften Arbeiten des Mei-
fters E S. Die Geftalt des Kindes jedoch ift fehr
gut beobachtet und fdiöner, als die meiften
Kinderkörper des Stechers.

Das etwas fchiefe, fchielende Gefidit der
Madonna, der magere Strahlenkranz, fowie die
unförmige Mondfichel laffen vielleicht die An-
nahme zu, daß ein Nachahmer des Meifters E S
das Blatt geftochen oder nach einer Zeichnung
von ihm kopiert habe. Ich überlaffe die Ent-
fcheidung diefer Frage den Spezialforfchern, die
fich in verfchiedenen Zeitfchriften über die von
mir dem Meifter E S zugewiefene Handzeichnung
der Straßburger Madonna1, bereits geäußert
haben. Viele ftimmten mir zu, andere jedoch
lehnten die Zuweifung ab, ohne das Original
gefehen zu haben, vielleicht auch ohne den
Text der Urkunde zu verftehen. Einigen von
ihnen hatte ich zu viele Beweife angeführt, den
anderen zu wenige.

1 Studien zur Deutfchen Kunftgefchichte, 136. Straß-
burg 1911.

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