Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0166
DOI issue:
4. Heft
DOI article:Belgisches Steinzeug
DOI article:Rundschau - Sammlungen
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SAMMLUNGEN
drei großen Feuerbach, Stucks Kreuzigung, Uhdes
Äbendmahl wirkungsvoll zur Geltung kommen, —
eine Galerie ift keine vorübergehende Aushei-
lung und hat nicht nur artiftifchen, fondern,
wenigftens in befcheidenem Maße, auch kunft-
hiftorifchen Aufgaben zu dienen. Wenn man
weiß, daß man mit den vortrefflichen Beftänden
der Stuttgarter Galerie — immer neutrale Wände
vorausgefeßt — das fchönfte Feuerbach-Böcklin-
Thoma-Zimmer, einen andern Saal moderner
Schwaben, Haug, Landenberger, Reiniger, Pleuer
u. a., einen dritten moderner Franzofen, einen
vierten mit Arbeiten von Leibi, Schuch, Trübner
und Verwandten hätte geftalten können, fo kann
man fich eines leichten Bedauerns nicht erwehren,
daß unter den gegebenen Verhältniffen eine fo
intenfive und mühfame Arbeit, wie die Hängung
durch Landenberger und Hölzel, nicht zu einem
Ergebnis von dauernderem Werte hat führen
dürfen.
1 * *
*
KGL. MUSEUM VATERLÄNDISCHER ALTER-
TÜMER. ImVeftibül der Sammlung wurden einige
fchöneSteindenkmäler aufgeftellt,die bisher größ-
tenteils in Magazinen ein kümmerliches Dafein
friften mußten. Unter ihnen ift das prächtige über-
lebensgroße Standbild des Grafen Ulrich des
Vielgeliebten in fchwerer Rüftung (um 1470), das
früher an dem von ihm erbauten Herrenhaufe
auf dem Markt in Stuttgart ftand, das be-
deutendfte. Ferner haben hier einige figurierte
Grabfteine aus dem Klaraklofter in Heilbronn
Aufftellung gefunden, fo jener des Zeifolf von
Adelsheim (1519) und zwei weitere aus dem
17. Jahrhundert, endlich ein fchönes, fchwäbifch-
fränkifches Relief des Abfchiedes Chrifti von
feiner Mutter (um 1500), ein Bildftock mit Kreu-
zigungsgruppe (um 1480) aus Bargau bei Gmünd,
und ein fehr fchönes Verkündigungsrelief, be-
zeichnet 1507, ebendaher. — Teils als Leihgabe,
teils als Gefchenk der Stadt erhielt das Mufeum
einige Rokokowagen und-fchlitten, des weiteren
als Vermächtnis des erften Vorfiljenden feines
Mufeumsvereines, Freiherrn v. Valois, eine An-
zahl wichtiger Württembergica, vor allem Mi-
niaturen, fowie einen Gobelin mit dem hohen-
lohifchen Wappen. B—m.
WIEN ÖSTERREICHISCHE STAATSGALE-
RIE. Die „Wiener Zeitung“ vom 31. Jan. 1912
meldet, daß der Kaifer mit Ällerhöchfter Ent-
fchließung vom 30, Dezember 1911 die Ab-
änderung der Bezeichnung der „modernen
Galerie“ in „Öfterreichifche Staatsgalerie“
genehmigt habe. Im Änfchluß daran teilt ein
offiziöfes Communique mit, daß die bisherige
„moderne Galerie“ gleichzeitig eine fehr bedeut-
fame Erweiterung ihres Sammelgebietes er-
fahren habe: Neben der wichtigen Aufgabe,
„die allgemeine Kunftentwicklung vom Ende des
18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart“ in ihren
wefentlichften Zügen (naturgemäß unter befon-
derer Berückfichtigung der öfterreichifchen Kunft)
zur Darftellung zu bringen, wird die öfterreichifche
Staatsgalerie fortan „auch die ältere öfter-
reichifche Kunft ohne zeitliche Einfchrän-
kung“ in den Kreis ihrer Sammeltätigkeit ein-
zubeziehen haben. Bei diefer Programmerwei-
terung werden die Prinzipien der modernen
Denkmalpflege zur vollen Geltung kommen; die
neue Staatsgalerie wird in erfter Linie folche
Werke einheimifcher Provenienz aufzunehmen
haben, die nicht länger an ihrem urfprünglichen
Aufbewahrungsort zu erhalten find und fomit
Gefahr laufen, durch den Kunfthandel ins Aus-
land zu wandern.
Diefe offiziöfe Meldung kommt eingeweihten
Kreifen nicht allzu überrafchend. Schon vor
längerer Zeit hatte die k. k. Zentralkommiffion
für Denkmalpflege in diefer Angelegenheit dem
Unterrichtsminifterium ein ausführliches Gut-
achten überreicht, das die Aufteilung der obigen
Programmpunkte als das wefentlichfte, zunächft
zu erftrebende Ziel bezeichnet. (Einen längeren
Auszug aus diefem Gutachten brachte der
„Cicerone“ in Heft 19 des II. Jahrg. [Okt. 1910]).
Seither drangen wiederholt Zeitungsnachrichten
an die Öffentlichkeit, daß die Gründung der
öfterreichifchen Staatsgalerie in abfehbarer Zeit
bevorftehe; die Meldung der nunmehr voll-
zogenen Tatfache, auf deren große ideelle und
praktifche Bedeutung für die öffentliche Kunft-
pflege Max Dvorak im Feuilleton der „Neuen
Freien Preffe“ vom 10. Februar nachdrücklich
hinweift, darf der freudigen Zuftimmung aller
Kunftfreunde ficher fein. Die fo wichtige Plalj-
frage bleibt für die öfterreichifche Staatsgalerie
freilich vorderhand noch ungelöft. Ebenfo ift
der Zukunft die Entfcheidung darüber Vor-
behalten, ob und in welcher Form die Galerie
der k. k. Akademie der bildenden Künfte, die
ebenfalls Staatsbefi^ ift, mit der „öfterreichifchen
Staatsgalerie“ vereinigt werden könne.
* *
*
Der Großinduftrielle von Medinger hat der
öfterreichifchen Staatsgalerie ein Bild Thorolf
Holmboes, das gegenwärtig in der norwegi-
fchen Ausftellung des Hagenbundes zu fehen ift,
zum Gefchenk gemacht.
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drei großen Feuerbach, Stucks Kreuzigung, Uhdes
Äbendmahl wirkungsvoll zur Geltung kommen, —
eine Galerie ift keine vorübergehende Aushei-
lung und hat nicht nur artiftifchen, fondern,
wenigftens in befcheidenem Maße, auch kunft-
hiftorifchen Aufgaben zu dienen. Wenn man
weiß, daß man mit den vortrefflichen Beftänden
der Stuttgarter Galerie — immer neutrale Wände
vorausgefeßt — das fchönfte Feuerbach-Böcklin-
Thoma-Zimmer, einen andern Saal moderner
Schwaben, Haug, Landenberger, Reiniger, Pleuer
u. a., einen dritten moderner Franzofen, einen
vierten mit Arbeiten von Leibi, Schuch, Trübner
und Verwandten hätte geftalten können, fo kann
man fich eines leichten Bedauerns nicht erwehren,
daß unter den gegebenen Verhältniffen eine fo
intenfive und mühfame Arbeit, wie die Hängung
durch Landenberger und Hölzel, nicht zu einem
Ergebnis von dauernderem Werte hat führen
dürfen.
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KGL. MUSEUM VATERLÄNDISCHER ALTER-
TÜMER. ImVeftibül der Sammlung wurden einige
fchöneSteindenkmäler aufgeftellt,die bisher größ-
tenteils in Magazinen ein kümmerliches Dafein
friften mußten. Unter ihnen ift das prächtige über-
lebensgroße Standbild des Grafen Ulrich des
Vielgeliebten in fchwerer Rüftung (um 1470), das
früher an dem von ihm erbauten Herrenhaufe
auf dem Markt in Stuttgart ftand, das be-
deutendfte. Ferner haben hier einige figurierte
Grabfteine aus dem Klaraklofter in Heilbronn
Aufftellung gefunden, fo jener des Zeifolf von
Adelsheim (1519) und zwei weitere aus dem
17. Jahrhundert, endlich ein fchönes, fchwäbifch-
fränkifches Relief des Abfchiedes Chrifti von
feiner Mutter (um 1500), ein Bildftock mit Kreu-
zigungsgruppe (um 1480) aus Bargau bei Gmünd,
und ein fehr fchönes Verkündigungsrelief, be-
zeichnet 1507, ebendaher. — Teils als Leihgabe,
teils als Gefchenk der Stadt erhielt das Mufeum
einige Rokokowagen und-fchlitten, des weiteren
als Vermächtnis des erften Vorfiljenden feines
Mufeumsvereines, Freiherrn v. Valois, eine An-
zahl wichtiger Württembergica, vor allem Mi-
niaturen, fowie einen Gobelin mit dem hohen-
lohifchen Wappen. B—m.
WIEN ÖSTERREICHISCHE STAATSGALE-
RIE. Die „Wiener Zeitung“ vom 31. Jan. 1912
meldet, daß der Kaifer mit Ällerhöchfter Ent-
fchließung vom 30, Dezember 1911 die Ab-
änderung der Bezeichnung der „modernen
Galerie“ in „Öfterreichifche Staatsgalerie“
genehmigt habe. Im Änfchluß daran teilt ein
offiziöfes Communique mit, daß die bisherige
„moderne Galerie“ gleichzeitig eine fehr bedeut-
fame Erweiterung ihres Sammelgebietes er-
fahren habe: Neben der wichtigen Aufgabe,
„die allgemeine Kunftentwicklung vom Ende des
18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart“ in ihren
wefentlichften Zügen (naturgemäß unter befon-
derer Berückfichtigung der öfterreichifchen Kunft)
zur Darftellung zu bringen, wird die öfterreichifche
Staatsgalerie fortan „auch die ältere öfter-
reichifche Kunft ohne zeitliche Einfchrän-
kung“ in den Kreis ihrer Sammeltätigkeit ein-
zubeziehen haben. Bei diefer Programmerwei-
terung werden die Prinzipien der modernen
Denkmalpflege zur vollen Geltung kommen; die
neue Staatsgalerie wird in erfter Linie folche
Werke einheimifcher Provenienz aufzunehmen
haben, die nicht länger an ihrem urfprünglichen
Aufbewahrungsort zu erhalten find und fomit
Gefahr laufen, durch den Kunfthandel ins Aus-
land zu wandern.
Diefe offiziöfe Meldung kommt eingeweihten
Kreifen nicht allzu überrafchend. Schon vor
längerer Zeit hatte die k. k. Zentralkommiffion
für Denkmalpflege in diefer Angelegenheit dem
Unterrichtsminifterium ein ausführliches Gut-
achten überreicht, das die Aufteilung der obigen
Programmpunkte als das wefentlichfte, zunächft
zu erftrebende Ziel bezeichnet. (Einen längeren
Auszug aus diefem Gutachten brachte der
„Cicerone“ in Heft 19 des II. Jahrg. [Okt. 1910]).
Seither drangen wiederholt Zeitungsnachrichten
an die Öffentlichkeit, daß die Gründung der
öfterreichifchen Staatsgalerie in abfehbarer Zeit
bevorftehe; die Meldung der nunmehr voll-
zogenen Tatfache, auf deren große ideelle und
praktifche Bedeutung für die öffentliche Kunft-
pflege Max Dvorak im Feuilleton der „Neuen
Freien Preffe“ vom 10. Februar nachdrücklich
hinweift, darf der freudigen Zuftimmung aller
Kunftfreunde ficher fein. Die fo wichtige Plalj-
frage bleibt für die öfterreichifche Staatsgalerie
freilich vorderhand noch ungelöft. Ebenfo ift
der Zukunft die Entfcheidung darüber Vor-
behalten, ob und in welcher Form die Galerie
der k. k. Akademie der bildenden Künfte, die
ebenfalls Staatsbefi^ ift, mit der „öfterreichifchen
Staatsgalerie“ vereinigt werden könne.
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Der Großinduftrielle von Medinger hat der
öfterreichifchen Staatsgalerie ein Bild Thorolf
Holmboes, das gegenwärtig in der norwegi-
fchen Ausftellung des Hagenbundes zu fehen ift,
zum Gefchenk gemacht.
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