Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0189
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5. Heft
DOI Artikel:Stix, Alfred: Ausstellungen von Neuerwerbungen der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien
DOI Heft:7. Heft
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AUSSTELLUNG VON NEUERWERBUNGEN EDR KAIS. GEMÄLDE-GALERIE IN WIEN
Äbb. 4. SÄLOMON VÄN RUYSDÄEL, Winterlandfchaft
H. Semper hat das Bild auf dem kunfthiftorifchen Kongreffe in Innsbruck 1902, wo
es ausgeftellt war, auf Friedrich Pacher getauft. Es wird vorfichtiger fein, es zunächft
namenlos zu laffen; vielleicht bringt das zu erwartende Buch R. Stiaßnys einiges Licht
in die ungemein verwickelten Zufchreibungsfragen diefer Schule. Jedenfalls gehört es
in die Gruppe der ftark von Oberitalien her beeinflußten Werke, die allerdings ihren
Hauptvertreter, wie mir fcheint, in Friedrich Pacher befifet, im Gegenfa^ zu Michael
Pacher, bei dem die italienifchen Einflüffe ganz unbedeutend find. Schon deshalb ift
die auch geäußerte Meinung, daß die Tafel von Michael felbft herrühre, unzutreffend.
Überdies fteht auch die Behandlung der klobig gebildeten Finger und Zehen, auch die
Unfähigkeit des Meifters, den Daumen richtig einzufet^en, im Gegenfa^ zu Michaels
Formenbehandlung.
Die folgenden 3 Bilder bedeuten eine angenehme Ergänzung des vlämifchen, be-
ziehungsweife holländifchen Beftandes der Galerie, da ihre Urheber bisher noch nicht
vertreten waren. Das ausgezeichnete' Bild Jan Scorels (Nr. 755 a) aus feiner fpäteren
Epoche — das fchon 1910 erworben wurde, aber bisher noch nicht ausgeftellt war —
ift den Lefern diefer Zeitschrift bereits durch die Publikation G. Glücks im Jahrgang 1910
S. 589 und Tafel bekannt; ebenfo ift eine in den Farben fehr kräftig gehaltene, bezeichnete
Hügellandfchaft des bekannten vlämifchen Malers Lucas van Uden mit Staffagefiguren
von Teniers (Nr. 1106 a) in Frimrnels Blättern für Gemäldekunde Bd. I, S. 150 ff., ab-
gebildet und befprochen. So kann hier nur darauf hingewiefen werden.
Das kleine Bildchen Salomon van Ruysdaels (Nr. 1314 a, Abb. 4) ftellt eine winter-
liche holländifche Kanallandfchaft vor; außerordentlich fein ift die tonige Wirkung des
im Hintergründe fichtbaren Landftreifens. Es ift bezeichnet S. V. Ruysdael 1627. Die
Jahreszahl beanfprucht befonderes kunfthiftorifches Intereffe. Es ift unter den bis jet^t
bekannt gewordenen datierten Werken des Künftlers das frühefte.
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Äbb. 4. SÄLOMON VÄN RUYSDÄEL, Winterlandfchaft
H. Semper hat das Bild auf dem kunfthiftorifchen Kongreffe in Innsbruck 1902, wo
es ausgeftellt war, auf Friedrich Pacher getauft. Es wird vorfichtiger fein, es zunächft
namenlos zu laffen; vielleicht bringt das zu erwartende Buch R. Stiaßnys einiges Licht
in die ungemein verwickelten Zufchreibungsfragen diefer Schule. Jedenfalls gehört es
in die Gruppe der ftark von Oberitalien her beeinflußten Werke, die allerdings ihren
Hauptvertreter, wie mir fcheint, in Friedrich Pacher befifet, im Gegenfa^ zu Michael
Pacher, bei dem die italienifchen Einflüffe ganz unbedeutend find. Schon deshalb ift
die auch geäußerte Meinung, daß die Tafel von Michael felbft herrühre, unzutreffend.
Überdies fteht auch die Behandlung der klobig gebildeten Finger und Zehen, auch die
Unfähigkeit des Meifters, den Daumen richtig einzufet^en, im Gegenfa^ zu Michaels
Formenbehandlung.
Die folgenden 3 Bilder bedeuten eine angenehme Ergänzung des vlämifchen, be-
ziehungsweife holländifchen Beftandes der Galerie, da ihre Urheber bisher noch nicht
vertreten waren. Das ausgezeichnete' Bild Jan Scorels (Nr. 755 a) aus feiner fpäteren
Epoche — das fchon 1910 erworben wurde, aber bisher noch nicht ausgeftellt war —
ift den Lefern diefer Zeitschrift bereits durch die Publikation G. Glücks im Jahrgang 1910
S. 589 und Tafel bekannt; ebenfo ift eine in den Farben fehr kräftig gehaltene, bezeichnete
Hügellandfchaft des bekannten vlämifchen Malers Lucas van Uden mit Staffagefiguren
von Teniers (Nr. 1106 a) in Frimrnels Blättern für Gemäldekunde Bd. I, S. 150 ff., ab-
gebildet und befprochen. So kann hier nur darauf hingewiefen werden.
Das kleine Bildchen Salomon van Ruysdaels (Nr. 1314 a, Abb. 4) ftellt eine winter-
liche holländifche Kanallandfchaft vor; außerordentlich fein ift die tonige Wirkung des
im Hintergründe fichtbaren Landftreifens. Es ift bezeichnet S. V. Ruysdael 1627. Die
Jahreszahl beanfprucht befonderes kunfthiftorifches Intereffe. Es ift unter den bis jet^t
bekannt gewordenen datierten Werken des Künftlers das frühefte.
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