Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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PERSONALIEN
valier Edmond Marchal, eine Biographie.
Der fympathifche Künftler (1849 in Antwerpen
geboren, geftorben hier 1904) begann feine
Tätigkeit, indem er an dem Fries des hiefigen
Börfengebäudes, welches 1870 von Snys er-
richtet wurde, mitarbeitete. Äls Kollegen hatte
er damals Äugufte Rodin, der mit feinem Lehrer
Carrier-Belleufe aus Paris nach Brüffel gekom-
men war, 1875 ftellte Dillens die Büfte feines
Vaters und 1875 eine nackte Figur, „Das Rätfel“,
aus. Letztere überaus graziöfe Statuette, jet?,t
im Mufeum von Gent, wurde fchlecht rezenfiert:
„Wo das Klaffifche aufhört, beginnt die Unan-
ftändigkeit“, war damals der Standpunkt vieler.
1877 ftellte er eine Statue „Philippe de Rouvre“,
fowie einige Terrakotten „Karneval“, „Die drei
Freunde“ und „Echo“ aus, ging dann nach Paris,
um fich an dem Wettftreit für den Prix de Rome
zu beteiligen, den er mit Einftimmigkeit erhielt.
Damit ging er nach Italien, begeifterte fich an
den Florentiner Meifterwerken, unter denen ihm
Jean Boulogne’s MerkurÄwegen des darin ge-
löften Gleichgewichtsproblems (worauf auch
Burckhardt im Cicerone befonders hinweift) zur
Nacheiferung reizte. Seine „Quelle“ und fein
„Genius“ auf dem Maison du Roi hier klingen
auch an das Florentiner Werk an. Dillens
arbeitete, ohne fich durch das Vorbild Michel-
angelo zu titanenhaften Kompofitionen ver-
führen zu laffen, vielmehr ftets fich auf fein an-
geborenes Proportionsgefühl verlaffend, emfig
weiter. Der Befuch des Mufeums der Uffizien
regte ihn zu einer Gruppe „Die Gerechtigkeit
zwifchen der Milde und dem Rechte“ an, er
nahm ferner teil an der Konkurrenz der Denk-
mäler für Henri Conscience, den belgilchen Ro-
mancier, und den Staatsmann Frere-Orban, für
ein Monument „Perfeus und Andromeda“, hatte
aber mit feinen Leiftungen keinen Erfolg und
trug fich infolgedeffen mit Selbftmordgedanken.
Für die obenbezeichnete Gruppe, deren Modell
noch jejjt im hiefigen Juftizpalaft ihrer Ausfüh-
rung harrt, erhielt Dillens aber in Amfterdam
1883 die große Medaille, ebenfo 1885 in Ant-
werpen und 1889 in Paris die Ehrenlegion. Der
Künftler fchuf dann folgende Werke: die Bronze-
büften von Rogier van derWeyden und Rubens,
die Statuette Bernard van Orley’s, des Dichters
van Duyfe, „Pax“, „Perfeus“, eine Frauenbüfte,
einen weiblichen Torfo, Büfte des Malers Leon
Frederic, alle im Mufeum, fowie an der Außenfeite
desfelben die Gruppen „Art monumental et
industriel“ und „Art classique et somptuaire“,
ferner am Cinquantenaire-Mufeum, am Maison
du Roi, fowie am Stadthaufe diverfe Gruppen
und dekorative Teile, das Denkmal T’Serclaes
(der 1386 Brüffel befreite und ermordet wurde),
das große Denkmal des Brüffeler Bürgermeifters
Anspach auf der Place Brouckere, im Botanifchen
Garten die Statuette „Der Sieger“, am Maison
du Renard, Grande Place, die vier Weltteile, drei
Gruppen im Kongo-Mufeum, diverfe Monu-
mente in Gent, Nivelles, Laeken, Oftende, Epernay,
Haarlem, Lierre u. a. m. F. M.
LEIPZIG Dr. Martin Wackernagel, bis-
her Privatdozent an der Univerfität Halle, hat
einen Lehrauftrag am Kunfthiftorifchen Inftitut
der Univerfität Leipzig erhalten, und fich zu
deffen Übernahme mit einer Probevorlefung
über „Die Darftellung der Madonna bei H. Hol-
bein d.J.“ an der dortigen Hochfchule umhabilitiert.
STUTTGART An der Technifchen Hoch-
fchule habilitierte fich Dr. Julius Baum, Äffi-
ftent am Mufeum vaterländifcher Altertümer.
WIEN Hier ftarb der Architekt Hofrat Profeffor
George Niemann. Er wurde 1841 in Hannover
geboren, ftudierte am dortigen Polytechnikum
und wurde fpäter Schüler und langjähriger Mit-
arbeiter Th. von Hanfens. Im Jahre 1873 wurde
er zum Profeffor für Perfpektive und Stillehre
an der k. k. Akademie der bildenden Künfte in
Wien ernannt. Im Aufträge der öfterreichifchen
Regierung nahm er in den 80er und 90er Jahren
wiederholt an den Forfchungsreifen der bedeu-
tenden öfterreichifchen Archäologen Teil, denen
er bei den architektonifchen Aufnahmen zur Seite
ftand. So begleitete er Conze nach Samo-
thrake, Benndorf nach Kleinafien. Er wurde
auch Mitarbeiter Benndorfs bei jenen Werken,
die die wiffenfchaftlichen Ergebniffe diefer For-
fchungsreifen zufammenfaffen: „Reifen in Lykien
und Karien“ (1884) und „Das Monument in
Gjölbafchi“ (1885). Später betätigte fich Nie-
mann an den Ausgrabungen in Ephefus und
Aquileja. In dem Prachtwerke über den Dom
von Aquileja, das Graf Lanckoronski 1906 heraus-
gab, teilte fich N. mit H. Swoboda in die Be-
arbeitung des Stoffes. Von feinen felbftändigen
Publikationen feien noch erwähnt: „Lehrbuch der
Perfpektive“ (1883), „DiePalaftbauten desBarock-
ftils in Wien“ und (gemeinfam mit F. von Feläegg)
„Th. Hänfen und feine Werke“ (1893). Als
ausübender Architekt war Niemann namentlich
auf dem Gebiete des Villenbaues tätig.
* *
*
Hier ftarb ferner der Genre- und Porträtmaler
Angelo Trentin* Der Verftorbene war Mit-
glied der Künftlergenoffenfchaft; obwohl er feit
Jahren gelähmt war, hat er noch die Jubiläums-
ausftellung des Aquarelliftenklubs (1911) mit
einer Reihe feiner Werke befchickt.
1 84
valier Edmond Marchal, eine Biographie.
Der fympathifche Künftler (1849 in Antwerpen
geboren, geftorben hier 1904) begann feine
Tätigkeit, indem er an dem Fries des hiefigen
Börfengebäudes, welches 1870 von Snys er-
richtet wurde, mitarbeitete. Äls Kollegen hatte
er damals Äugufte Rodin, der mit feinem Lehrer
Carrier-Belleufe aus Paris nach Brüffel gekom-
men war, 1875 ftellte Dillens die Büfte feines
Vaters und 1875 eine nackte Figur, „Das Rätfel“,
aus. Letztere überaus graziöfe Statuette, jet?,t
im Mufeum von Gent, wurde fchlecht rezenfiert:
„Wo das Klaffifche aufhört, beginnt die Unan-
ftändigkeit“, war damals der Standpunkt vieler.
1877 ftellte er eine Statue „Philippe de Rouvre“,
fowie einige Terrakotten „Karneval“, „Die drei
Freunde“ und „Echo“ aus, ging dann nach Paris,
um fich an dem Wettftreit für den Prix de Rome
zu beteiligen, den er mit Einftimmigkeit erhielt.
Damit ging er nach Italien, begeifterte fich an
den Florentiner Meifterwerken, unter denen ihm
Jean Boulogne’s MerkurÄwegen des darin ge-
löften Gleichgewichtsproblems (worauf auch
Burckhardt im Cicerone befonders hinweift) zur
Nacheiferung reizte. Seine „Quelle“ und fein
„Genius“ auf dem Maison du Roi hier klingen
auch an das Florentiner Werk an. Dillens
arbeitete, ohne fich durch das Vorbild Michel-
angelo zu titanenhaften Kompofitionen ver-
führen zu laffen, vielmehr ftets fich auf fein an-
geborenes Proportionsgefühl verlaffend, emfig
weiter. Der Befuch des Mufeums der Uffizien
regte ihn zu einer Gruppe „Die Gerechtigkeit
zwifchen der Milde und dem Rechte“ an, er
nahm ferner teil an der Konkurrenz der Denk-
mäler für Henri Conscience, den belgilchen Ro-
mancier, und den Staatsmann Frere-Orban, für
ein Monument „Perfeus und Andromeda“, hatte
aber mit feinen Leiftungen keinen Erfolg und
trug fich infolgedeffen mit Selbftmordgedanken.
Für die obenbezeichnete Gruppe, deren Modell
noch jejjt im hiefigen Juftizpalaft ihrer Ausfüh-
rung harrt, erhielt Dillens aber in Amfterdam
1883 die große Medaille, ebenfo 1885 in Ant-
werpen und 1889 in Paris die Ehrenlegion. Der
Künftler fchuf dann folgende Werke: die Bronze-
büften von Rogier van derWeyden und Rubens,
die Statuette Bernard van Orley’s, des Dichters
van Duyfe, „Pax“, „Perfeus“, eine Frauenbüfte,
einen weiblichen Torfo, Büfte des Malers Leon
Frederic, alle im Mufeum, fowie an der Außenfeite
desfelben die Gruppen „Art monumental et
industriel“ und „Art classique et somptuaire“,
ferner am Cinquantenaire-Mufeum, am Maison
du Roi, fowie am Stadthaufe diverfe Gruppen
und dekorative Teile, das Denkmal T’Serclaes
(der 1386 Brüffel befreite und ermordet wurde),
das große Denkmal des Brüffeler Bürgermeifters
Anspach auf der Place Brouckere, im Botanifchen
Garten die Statuette „Der Sieger“, am Maison
du Renard, Grande Place, die vier Weltteile, drei
Gruppen im Kongo-Mufeum, diverfe Monu-
mente in Gent, Nivelles, Laeken, Oftende, Epernay,
Haarlem, Lierre u. a. m. F. M.
LEIPZIG Dr. Martin Wackernagel, bis-
her Privatdozent an der Univerfität Halle, hat
einen Lehrauftrag am Kunfthiftorifchen Inftitut
der Univerfität Leipzig erhalten, und fich zu
deffen Übernahme mit einer Probevorlefung
über „Die Darftellung der Madonna bei H. Hol-
bein d.J.“ an der dortigen Hochfchule umhabilitiert.
STUTTGART An der Technifchen Hoch-
fchule habilitierte fich Dr. Julius Baum, Äffi-
ftent am Mufeum vaterländifcher Altertümer.
WIEN Hier ftarb der Architekt Hofrat Profeffor
George Niemann. Er wurde 1841 in Hannover
geboren, ftudierte am dortigen Polytechnikum
und wurde fpäter Schüler und langjähriger Mit-
arbeiter Th. von Hanfens. Im Jahre 1873 wurde
er zum Profeffor für Perfpektive und Stillehre
an der k. k. Akademie der bildenden Künfte in
Wien ernannt. Im Aufträge der öfterreichifchen
Regierung nahm er in den 80er und 90er Jahren
wiederholt an den Forfchungsreifen der bedeu-
tenden öfterreichifchen Archäologen Teil, denen
er bei den architektonifchen Aufnahmen zur Seite
ftand. So begleitete er Conze nach Samo-
thrake, Benndorf nach Kleinafien. Er wurde
auch Mitarbeiter Benndorfs bei jenen Werken,
die die wiffenfchaftlichen Ergebniffe diefer For-
fchungsreifen zufammenfaffen: „Reifen in Lykien
und Karien“ (1884) und „Das Monument in
Gjölbafchi“ (1885). Später betätigte fich Nie-
mann an den Ausgrabungen in Ephefus und
Aquileja. In dem Prachtwerke über den Dom
von Aquileja, das Graf Lanckoronski 1906 heraus-
gab, teilte fich N. mit H. Swoboda in die Be-
arbeitung des Stoffes. Von feinen felbftändigen
Publikationen feien noch erwähnt: „Lehrbuch der
Perfpektive“ (1883), „DiePalaftbauten desBarock-
ftils in Wien“ und (gemeinfam mit F. von Feläegg)
„Th. Hänfen und feine Werke“ (1893). Als
ausübender Architekt war Niemann namentlich
auf dem Gebiete des Villenbaues tätig.
* *
*
Hier ftarb ferner der Genre- und Porträtmaler
Angelo Trentin* Der Verftorbene war Mit-
glied der Künftlergenoffenfchaft; obwohl er feit
Jahren gelähmt war, hat er noch die Jubiläums-
ausftellung des Aquarelliftenklubs (1911) mit
einer Reihe feiner Werke befchickt.
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