Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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8. Heft
DOI Artikel:Gesellschaften und Vereine
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GESELLSCHAFTEN UND VEREINE
erfreulicherweife von deutfcher Seite ange-
kündigt. Weitere Anmeldungen find baldigft
an das Comitato ordinatore del X Con-
gresso internazionale di Storia d e 11’
Arte, Via Fabia Massimo 60, Roma, zu
richten. Ein endgültiges Programm wird vor-
ausfichtlich im Mai ausgegeben werden. Weitere
Auskunft erteilen in Deutfchland die Vorftands-
mitglieder Prof. K a u § f ch in Breslau, Prof.
Goldfchmidt in Berlin, Prof. Koetfchau in
Berlin und Prof. Warburg in Hamburg.
FLORENZ Siijung desKunfthiftorifchen
Inftitutes am 28.März 1912. — HerrDr.Kern
behandelte eine antike perfpektivifche Kon-
ftruktion in Malereien des Mittelalters.
Für die Zeichnung horizontaler Ebenen in pom-
pejanifchen Wandmalereien, hauptfächlich des
vierten Stiles, hat der verftorbene Guido Hauck
die Anwendung einer perfpektivifchen Konftruk-
tion nachweifen können, einer Konftruktion,
deren Wefen darauf beruht, daß die Ebenen
in zwei fymryetrifche Hälften zerlegt und beide
Hälften parallel-perfpektivifch dargeftellt werden,
wobei die Gruppen paralleler Linien zur verti-
kalen Halbierungslinie des Bildes in gleichem
Winkel geneigt find. — Kern wies die Anwen-
dung des Verfahrens für eine Miniatur der Lon-
doner Alkuin-Bibel und für eine große Anzahl,
trecentiftifcher Werke aus dem Bereich der ita—
lienifchen Kunft nach und zeigte, daß Brunellefchi
bereits Konftruktionen vorfand, ehe er zu feiner
Entdeckung vom Fluchtpunkt des Raumes ge-
langte. — Herr Prof. Chr. Huelfen legte die
neue Raffael-Publikation Theobald Hofmanns
vor und knüpfte daran intereffante Erörterungen
über antike Groteskenmalereien und Raffaels
Dekorationen. — Dr. Walter Bombe fprach
unter Vorlage zahlreicher Photographien über
den Palazzo Medici - Riccardi und feine
Wiederherftellung. Der Vortrag wird demnächft
in den „Monatsheften“ veröffentlicht werden.
W. B.
ROM. Kaiferl. Deutfeh es Ärchäologi-
fches Inftitut. Sitzung vom 15. März. Profeffor
Moritz Meurer fprach über mykenifchen Gold-
fchmuck. Er geht davon aus, daß die von
Schliemaun in den Schachtgräbern vonMykenae
gefundenen Goldbleche aus den Frauengräbern
III und I nicht als perfönlicher Schmuck der Be-
ftatteten aufzufaffen feien, fondern daß fchon
Stais diefe als Bekleidung von Klinen anfprach.
Meurer erinnert nun an den von Paribeni in
Haghia Triada gefundenen kretifchen bemalten
Sarkophag mit der Darftellung eines Opfers zu
Ehren des Leichnams, der vertikal vor feinem
in einer Vertiefung befindlichen Sarkophage fteht.
Meurer nimmt die einzelnen Goldbleche durch
und zwar die Goldmasken, dann die „Diademe“
und „Halbdiademe“, Rofetten, Disken und weift
ihnen den Platj auf den Deckeln der anthropoiden
Sarkophage an. Diefe „Pectoralien“ entwickelten
fich aus dem Pflanzenfchmucke, der fpäter ins
Textile und Metallifche fich umfet^t. Diefe ur-
fprünglich ägyptifche Sitte geht nach Phönikien
und Cypern und greift dann nach dem Feft-
lande (Idole aus Tanagra) und fogar nach
Sardinien (Tharros) über. Zum Schluffe feines
hochintereffanten ungemein fpannenden Vor-
trages zeigte Meurer eine von ihm gezeichnete
Rekonftruktion eines folchen mykenifchen anthro-
poiden Sarkophags. Meurer wurde vom zahl-
reichen Publikum aufs lebhaftere akklamiert
und beglückwünfcht. L. P.
WIEN Hier wurde kürzlich eine neue Künftler-
vereinigung gegründet, die über allem Partei-
getriebe ftehen und von den etwaigen Majori-
täten einzelner fchon beftehender Künftler-
verbände unabhängig fein foll. Der „Bund
öfterreichifcher Kiinftler“ wurde nach einer
Äußerung Guftav Klimts (in der Wiener „Zeit“)
gegründet, „um die Zerfahrenheit und Zerfplitte-
rung der künftlerifchen Kräfte zu befeitigen“.
Die große Bedeutung des neuen Bundes liegt
darin, daß er zum erftenmal einen ideellen Zu-
fammenfchluß aller modern gefinnten öfter-
reichifchen Künftler erftrebt, um der Künftler-
fchaft ein werktätiges und wirkungsvolles Ein-
greifen in den wichtigften Fragen der allgemeinen
Kunftentwicklung und der öffentlichen Kunftpflege
zu ermöglichen. Daß der Bund heute fchon die
zu folcher Betätigung berufenften öfterreichifchen
Künftler umfaßt, beweift ein Blick auf die hier
auszugsweife mitgeteilte Lifte feiner Gründer,
die den künftigen Bundesvorftand bilden werden:
Andri, Dunikowskt,Faiftauer, Gocar, Hanak, Harl-
finger, Jof. Hoffmann, Rud. Junk, Klimt, Kokofchka,
Laske, Löffler, Lederer, Mehoffer, Meiner, Moll,
Kolo Mofer, Oerley, Orlik, Preisler, Rothmayer,
Simon, Svabinsky, Sturfa, Otto Wagner u. a. m.
Die durch die genannten Namen hinreichend
charakterifierte Zufammenfetjung des Bundes-
vorftandes ift nach jeder Richtung hin freudig zu
begrüßen: Der „Bund öfterreichifcher Künftler“
vereint Angehörige verfchiedener Nationalitäten
(Deutfchöfterreicher, darunter auch in Deutfch-
land tätige Öfterreicher, Tfchechen und Polen)
und Künftlervereinigungen („Sezeffion“, „Hagen-
bund“, ehemalige „Kunftfchau-Gruppe“, „Manes-
bund“, „Sztuka“ ufw.); vor allem aber ftehen
hier längft anerkannte Künftler und vollwertige
Vertreter der jüngften Wiener und Prager Sonder-
321
erfreulicherweife von deutfcher Seite ange-
kündigt. Weitere Anmeldungen find baldigft
an das Comitato ordinatore del X Con-
gresso internazionale di Storia d e 11’
Arte, Via Fabia Massimo 60, Roma, zu
richten. Ein endgültiges Programm wird vor-
ausfichtlich im Mai ausgegeben werden. Weitere
Auskunft erteilen in Deutfchland die Vorftands-
mitglieder Prof. K a u § f ch in Breslau, Prof.
Goldfchmidt in Berlin, Prof. Koetfchau in
Berlin und Prof. Warburg in Hamburg.
FLORENZ Siijung desKunfthiftorifchen
Inftitutes am 28.März 1912. — HerrDr.Kern
behandelte eine antike perfpektivifche Kon-
ftruktion in Malereien des Mittelalters.
Für die Zeichnung horizontaler Ebenen in pom-
pejanifchen Wandmalereien, hauptfächlich des
vierten Stiles, hat der verftorbene Guido Hauck
die Anwendung einer perfpektivifchen Konftruk-
tion nachweifen können, einer Konftruktion,
deren Wefen darauf beruht, daß die Ebenen
in zwei fymryetrifche Hälften zerlegt und beide
Hälften parallel-perfpektivifch dargeftellt werden,
wobei die Gruppen paralleler Linien zur verti-
kalen Halbierungslinie des Bildes in gleichem
Winkel geneigt find. — Kern wies die Anwen-
dung des Verfahrens für eine Miniatur der Lon-
doner Alkuin-Bibel und für eine große Anzahl,
trecentiftifcher Werke aus dem Bereich der ita—
lienifchen Kunft nach und zeigte, daß Brunellefchi
bereits Konftruktionen vorfand, ehe er zu feiner
Entdeckung vom Fluchtpunkt des Raumes ge-
langte. — Herr Prof. Chr. Huelfen legte die
neue Raffael-Publikation Theobald Hofmanns
vor und knüpfte daran intereffante Erörterungen
über antike Groteskenmalereien und Raffaels
Dekorationen. — Dr. Walter Bombe fprach
unter Vorlage zahlreicher Photographien über
den Palazzo Medici - Riccardi und feine
Wiederherftellung. Der Vortrag wird demnächft
in den „Monatsheften“ veröffentlicht werden.
W. B.
ROM. Kaiferl. Deutfeh es Ärchäologi-
fches Inftitut. Sitzung vom 15. März. Profeffor
Moritz Meurer fprach über mykenifchen Gold-
fchmuck. Er geht davon aus, daß die von
Schliemaun in den Schachtgräbern vonMykenae
gefundenen Goldbleche aus den Frauengräbern
III und I nicht als perfönlicher Schmuck der Be-
ftatteten aufzufaffen feien, fondern daß fchon
Stais diefe als Bekleidung von Klinen anfprach.
Meurer erinnert nun an den von Paribeni in
Haghia Triada gefundenen kretifchen bemalten
Sarkophag mit der Darftellung eines Opfers zu
Ehren des Leichnams, der vertikal vor feinem
in einer Vertiefung befindlichen Sarkophage fteht.
Meurer nimmt die einzelnen Goldbleche durch
und zwar die Goldmasken, dann die „Diademe“
und „Halbdiademe“, Rofetten, Disken und weift
ihnen den Platj auf den Deckeln der anthropoiden
Sarkophage an. Diefe „Pectoralien“ entwickelten
fich aus dem Pflanzenfchmucke, der fpäter ins
Textile und Metallifche fich umfet^t. Diefe ur-
fprünglich ägyptifche Sitte geht nach Phönikien
und Cypern und greift dann nach dem Feft-
lande (Idole aus Tanagra) und fogar nach
Sardinien (Tharros) über. Zum Schluffe feines
hochintereffanten ungemein fpannenden Vor-
trages zeigte Meurer eine von ihm gezeichnete
Rekonftruktion eines folchen mykenifchen anthro-
poiden Sarkophags. Meurer wurde vom zahl-
reichen Publikum aufs lebhaftere akklamiert
und beglückwünfcht. L. P.
WIEN Hier wurde kürzlich eine neue Künftler-
vereinigung gegründet, die über allem Partei-
getriebe ftehen und von den etwaigen Majori-
täten einzelner fchon beftehender Künftler-
verbände unabhängig fein foll. Der „Bund
öfterreichifcher Kiinftler“ wurde nach einer
Äußerung Guftav Klimts (in der Wiener „Zeit“)
gegründet, „um die Zerfahrenheit und Zerfplitte-
rung der künftlerifchen Kräfte zu befeitigen“.
Die große Bedeutung des neuen Bundes liegt
darin, daß er zum erftenmal einen ideellen Zu-
fammenfchluß aller modern gefinnten öfter-
reichifchen Künftler erftrebt, um der Künftler-
fchaft ein werktätiges und wirkungsvolles Ein-
greifen in den wichtigften Fragen der allgemeinen
Kunftentwicklung und der öffentlichen Kunftpflege
zu ermöglichen. Daß der Bund heute fchon die
zu folcher Betätigung berufenften öfterreichifchen
Künftler umfaßt, beweift ein Blick auf die hier
auszugsweife mitgeteilte Lifte feiner Gründer,
die den künftigen Bundesvorftand bilden werden:
Andri, Dunikowskt,Faiftauer, Gocar, Hanak, Harl-
finger, Jof. Hoffmann, Rud. Junk, Klimt, Kokofchka,
Laske, Löffler, Lederer, Mehoffer, Meiner, Moll,
Kolo Mofer, Oerley, Orlik, Preisler, Rothmayer,
Simon, Svabinsky, Sturfa, Otto Wagner u. a. m.
Die durch die genannten Namen hinreichend
charakterifierte Zufammenfetjung des Bundes-
vorftandes ift nach jeder Richtung hin freudig zu
begrüßen: Der „Bund öfterreichifcher Künftler“
vereint Angehörige verfchiedener Nationalitäten
(Deutfchöfterreicher, darunter auch in Deutfch-
land tätige Öfterreicher, Tfchechen und Polen)
und Künftlervereinigungen („Sezeffion“, „Hagen-
bund“, ehemalige „Kunftfchau-Gruppe“, „Manes-
bund“, „Sztuka“ ufw.); vor allem aber ftehen
hier längft anerkannte Künftler und vollwertige
Vertreter der jüngften Wiener und Prager Sonder-
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