Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0369
DOI Heft:
9. Heft
DOI Artikel:Gottschewski, Adolf: Die ältesten deutschen Fayence
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DIE ÄLTESTEN DEUTSCHEN FAYENCEN
Feldern find Schleifen, Embleme und
Blütenftauden dargeftellt. Audi auf
der Unterfeite ift der Rand bemalt
und zwar ebenfalls nach dem Vor-
bild der Mingporzellane mit flüchtig
hingefe^ten Blumen in Bogenlinien.
1638. Kleiner Krug mit einem
Wappenfchilde in der Paßumrahmung,
wie fie auch die Bilddarftellungen
der beiden fchon angeführten Stücke
umfaßte; die übrige Dekoration ift
der des Kruges von 1634 völlig ver-
wandt.
Bei den weiteren Krügen von
1642, 1644, 1646, 1647 und 1656
wiederholen fich die befchriebenen
Beftandteile der Dekoration: Wappen,
darunter dreimal das Hamburger
Wappen, auf der Vorderfeite, Blu-
menftauden mit gefiederten Blättern
auf der Rückfeite. Bei zweien find
fliegende Vögel in die Zweige kom-
poniert, und auf dem Krug von 1656
begegnet uns eine Pagode. In glei-
chem Charakter ift die Dekoration
der kleinen zweihenkligen Kumme
für „Kaltfchale“ von 1648 qehalten
(Abb. 4).
Die meiften diefer Stücke tragen
keine Bezeichnung, die als Meifter-
zeichen zu deuten wäre; bei dem
ganzen Befiß des Mufeums kommen
nur zweimal auf der Unterfeite der- Äbb. 2. HamburgifcherFayencekrug von 1634. Höhe 25cm
artige Marken vor, und zwar ein-
mal CS und das andere Mal J G. Eine Deutung diefer Initialen ift bisher nicht gelungen.
Die Frage nach den anregenden Kräften, denen die hamburgifche Fayenceinduftrie
im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts Entftehung und Blüte verdankt, ift nicht leicht
zu beantworten. Die Dokumente bleiben die Antworten oder auch nur Fingerzeige
zu folchen fchuldig. Nur foviel fcheint aus ihnen zu entnehmen zu fein, daß es fich
nicht um eine auf Privileg beruhende Fabrik handelt, wie fonft in Deutfchland, fondern
um eine auf einer größeren Zahl von Meiftern beruhende breite Handwerksübung.
Die nächftliegende und der allgemeinen Vorftellung am bequemften anzufchließende
Erklärung wäre die Annahme eines holländifchen Einfluffes. Aber wenn auch die do-
kumentarifchen Daten zur Gefchichte der holländifchen Fayenceinduftrie uns eine kräftige
Blüte bezeugen vor der Zeit der erften hamburgifchen Erzeugniffe, fo find doch Fäden
zwifchen den bekannten datierten Arbeiten holländifchen Urfprungs und unferen
Krügen und Schüffeln fchlechterdings nicht zu finden. Das Gemeinfame ift die Technik:
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Feldern find Schleifen, Embleme und
Blütenftauden dargeftellt. Audi auf
der Unterfeite ift der Rand bemalt
und zwar ebenfalls nach dem Vor-
bild der Mingporzellane mit flüchtig
hingefe^ten Blumen in Bogenlinien.
1638. Kleiner Krug mit einem
Wappenfchilde in der Paßumrahmung,
wie fie auch die Bilddarftellungen
der beiden fchon angeführten Stücke
umfaßte; die übrige Dekoration ift
der des Kruges von 1634 völlig ver-
wandt.
Bei den weiteren Krügen von
1642, 1644, 1646, 1647 und 1656
wiederholen fich die befchriebenen
Beftandteile der Dekoration: Wappen,
darunter dreimal das Hamburger
Wappen, auf der Vorderfeite, Blu-
menftauden mit gefiederten Blättern
auf der Rückfeite. Bei zweien find
fliegende Vögel in die Zweige kom-
poniert, und auf dem Krug von 1656
begegnet uns eine Pagode. In glei-
chem Charakter ift die Dekoration
der kleinen zweihenkligen Kumme
für „Kaltfchale“ von 1648 qehalten
(Abb. 4).
Die meiften diefer Stücke tragen
keine Bezeichnung, die als Meifter-
zeichen zu deuten wäre; bei dem
ganzen Befiß des Mufeums kommen
nur zweimal auf der Unterfeite der- Äbb. 2. HamburgifcherFayencekrug von 1634. Höhe 25cm
artige Marken vor, und zwar ein-
mal CS und das andere Mal J G. Eine Deutung diefer Initialen ift bisher nicht gelungen.
Die Frage nach den anregenden Kräften, denen die hamburgifche Fayenceinduftrie
im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts Entftehung und Blüte verdankt, ift nicht leicht
zu beantworten. Die Dokumente bleiben die Antworten oder auch nur Fingerzeige
zu folchen fchuldig. Nur foviel fcheint aus ihnen zu entnehmen zu fein, daß es fich
nicht um eine auf Privileg beruhende Fabrik handelt, wie fonft in Deutfchland, fondern
um eine auf einer größeren Zahl von Meiftern beruhende breite Handwerksübung.
Die nächftliegende und der allgemeinen Vorftellung am bequemften anzufchließende
Erklärung wäre die Annahme eines holländifchen Einfluffes. Aber wenn auch die do-
kumentarifchen Daten zur Gefchichte der holländifchen Fayenceinduftrie uns eine kräftige
Blüte bezeugen vor der Zeit der erften hamburgifchen Erzeugniffe, fo find doch Fäden
zwifchen den bekannten datierten Arbeiten holländifchen Urfprungs und unferen
Krügen und Schüffeln fchlechterdings nicht zu finden. Das Gemeinfame ift die Technik:
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