Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0406
DOI Heft:
10. Heft
DOI Artikel:Karlinger, Hans: Die Neuerwerbungen des bayerischen National-Museums im Jahre 1911
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NEUERWERBUNGEN DES BAYERISCHEN NATIONAL-MUSEUMS IM JAHRE 1911
Äbb. 4. Holzfigur St. Martin. Niederbayrifch. Nach 1500
In diefem Zufammenhang feien zwei gute Wachsboffierarbeiten erwähnt: das Relief-
porträt eines Nürnberger Patriziers vom Ende des 16. Jahrhunderts; hinfichtlich der
Arbeit und Bemalung von frappierender Lebendigkeit; und ein Relief Guftav Adolfs
um Mitte des 17. Jahrhunderts.
Aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ftammt ein feiner Provenienz nach
altbayrifches Buchsbaumkruzifix von etwa 1 m Höhe in flotter Ausführung. Zwei alle-
gorifche Figuren, Krieg und Peft, Frühzeit des 18. Jahrhunderts, die angeblich urfprüng-
lich im Angerklofter zu München ftanden, gehören zu den glänzendften Leiftungen
dekorativer Plaftik, die mir überhaupt bekannt geworden find. Die Auffaffung der
Pofe bei den kaum einen halben Meter hohen Figürchen, der ganze fpätbarocke Apparat
allegorifchen Applombs, dazu die auf Größenwirkung abzielende Behandlung im ein-
zelnen läßt auf einen eminent ficheren Dekorateur fchließen. Es gelang bisher nicht,
die Arbeiten einer beftimmten Gruppe zuzuweifen, zweifellos find fie füddeutfcher
Herkunft. Die Stücke befifeen die alte fchöne Faffung mit Lafurfarben auf Metallgrund
und Gold. Ein kleines Figürchen, St. Nepomuk auf der Bahre, um 1750, wirkt hübfch
durch feine aparte Bemalung.
Die Gemäldefammlung erfuhr durch die Schenkung des Herrn Adolf Leichte in
Kempten eine nennenswerte Bereicherung. Es ift dies der Flügelaltar mit Predella von
1519; durchaus gemalt. Das Mittelbild ftellt die Beweinung Chrifti, die Flügel Heiligen-
figuren dar. Kompofition und Kolorit erinnern an Augsburg, und zwar an den Einßuß
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Äbb. 4. Holzfigur St. Martin. Niederbayrifch. Nach 1500
In diefem Zufammenhang feien zwei gute Wachsboffierarbeiten erwähnt: das Relief-
porträt eines Nürnberger Patriziers vom Ende des 16. Jahrhunderts; hinfichtlich der
Arbeit und Bemalung von frappierender Lebendigkeit; und ein Relief Guftav Adolfs
um Mitte des 17. Jahrhunderts.
Aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ftammt ein feiner Provenienz nach
altbayrifches Buchsbaumkruzifix von etwa 1 m Höhe in flotter Ausführung. Zwei alle-
gorifche Figuren, Krieg und Peft, Frühzeit des 18. Jahrhunderts, die angeblich urfprüng-
lich im Angerklofter zu München ftanden, gehören zu den glänzendften Leiftungen
dekorativer Plaftik, die mir überhaupt bekannt geworden find. Die Auffaffung der
Pofe bei den kaum einen halben Meter hohen Figürchen, der ganze fpätbarocke Apparat
allegorifchen Applombs, dazu die auf Größenwirkung abzielende Behandlung im ein-
zelnen läßt auf einen eminent ficheren Dekorateur fchließen. Es gelang bisher nicht,
die Arbeiten einer beftimmten Gruppe zuzuweifen, zweifellos find fie füddeutfcher
Herkunft. Die Stücke befifeen die alte fchöne Faffung mit Lafurfarben auf Metallgrund
und Gold. Ein kleines Figürchen, St. Nepomuk auf der Bahre, um 1750, wirkt hübfch
durch feine aparte Bemalung.
Die Gemäldefammlung erfuhr durch die Schenkung des Herrn Adolf Leichte in
Kempten eine nennenswerte Bereicherung. Es ift dies der Flügelaltar mit Predella von
1519; durchaus gemalt. Das Mittelbild ftellt die Beweinung Chrifti, die Flügel Heiligen-
figuren dar. Kompofition und Kolorit erinnern an Augsburg, und zwar an den Einßuß
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