Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0412
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10. Heft
DOI Artikel:Gebhardt, Carl: Peter Burnitz: zur Ausstellung im Frankfurter Kunstverein
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PETER BURNITZ
PETER BURNITZ, Weiden am Bach
vollkommenen Klarheit gibt, die Frifche und Unmittelbarkeit des künftlerifchen Er-
lebniffes zuweilen gelitten haben. Uns wollen heute die Bilder die lebendigften
fcheinen, die unmittelbar einen Natureindruck fefthalten und die, meift kleineren For-
mates, wohl ganz vor der Natur durchgeführt find. Ich kenne kein fchöneres Bild
von Burnil} als die hier abgebildeten „Eichen von Schwanheim“, die mächtigen,
dunklen Stämme vor der fchimmernd lichten Ferne, wundervoll das Flalbdunkel unter
dem Laubdach, wundervoll das Laub felbft nuanciert. Diefes Bild hat eine Frifche,
einen Glanz, den nur ganz wenige deutfche Landfchaftsarbeiten der Zeit befitjen.
Burnil}’ Entwicklung war wohl im wefentlichen abgefchloffen, als er fich in Frank-
furt niederließ und mit bewundernswerter Feinfühligkeit die fremde Technik auf die
heimifche Landfchaft anwandte. Die Erinnerung an Corot mag wohl manchmal einem
Bilde da noch die Form beftimmt haben. Namentlich die fchönen, von der Jahrhundert-
Äusftellung her bekannten und hier wiedergegebenen „Weiden am Bach“ können zeigen,
wie vollkommen er zwifchen Natureindruck und Kompofitionsfchema den Ausgleich fand.
Daß er auch Courbets Kunft kennen gelernt, halte ich für wahrfcheinlich: es gibt eine
Anzahl namentlich aus dem Schwarzwald ftammcnder Landfchaften von Burnit}, die in ihrer
feinen, lockerer gewordenen Handfchrift die Wendung zeigen, die die deutfche Malerei
in den fechziger, fiebziger Jahren unter dem Eindruck der Courbetfchen Kunft genommen.
Daß Burnil} auch gelegentlich, in feiner Spätzeit zumal (er ift 1886 geftorben), der
Kuliffenromantik des Zeitgefchmacks Konzeffionen gemacht hat, braucht nicht verfchwiegen
zu werden; es gibt einige Bilder von ihm, die Düffeldorf näher ftehen als Barbizon.
Burnil} gehört nicht zu den elementaren, fchöpferifchen Geiftern der Kunftgefchichte. Ein
feiner, ftiller Menfch, ein Lyriker, von wahrer, tiefer Naturliebe befeelt, hat er die Begabung,
die ihm zuteil geworden, in ftrenger Selbftzucht kultiviert und zur Kunft Frankfurts etwas von
dem köftlichften beigefteuert, das ihr auf dem Gebiete der Landfchaftskunft befchieden war.
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PETER BURNITZ, Weiden am Bach
vollkommenen Klarheit gibt, die Frifche und Unmittelbarkeit des künftlerifchen Er-
lebniffes zuweilen gelitten haben. Uns wollen heute die Bilder die lebendigften
fcheinen, die unmittelbar einen Natureindruck fefthalten und die, meift kleineren For-
mates, wohl ganz vor der Natur durchgeführt find. Ich kenne kein fchöneres Bild
von Burnil} als die hier abgebildeten „Eichen von Schwanheim“, die mächtigen,
dunklen Stämme vor der fchimmernd lichten Ferne, wundervoll das Flalbdunkel unter
dem Laubdach, wundervoll das Laub felbft nuanciert. Diefes Bild hat eine Frifche,
einen Glanz, den nur ganz wenige deutfche Landfchaftsarbeiten der Zeit befitjen.
Burnil}’ Entwicklung war wohl im wefentlichen abgefchloffen, als er fich in Frank-
furt niederließ und mit bewundernswerter Feinfühligkeit die fremde Technik auf die
heimifche Landfchaft anwandte. Die Erinnerung an Corot mag wohl manchmal einem
Bilde da noch die Form beftimmt haben. Namentlich die fchönen, von der Jahrhundert-
Äusftellung her bekannten und hier wiedergegebenen „Weiden am Bach“ können zeigen,
wie vollkommen er zwifchen Natureindruck und Kompofitionsfchema den Ausgleich fand.
Daß er auch Courbets Kunft kennen gelernt, halte ich für wahrfcheinlich: es gibt eine
Anzahl namentlich aus dem Schwarzwald ftammcnder Landfchaften von Burnit}, die in ihrer
feinen, lockerer gewordenen Handfchrift die Wendung zeigen, die die deutfche Malerei
in den fechziger, fiebziger Jahren unter dem Eindruck der Courbetfchen Kunft genommen.
Daß Burnil} auch gelegentlich, in feiner Spätzeit zumal (er ift 1886 geftorben), der
Kuliffenromantik des Zeitgefchmacks Konzeffionen gemacht hat, braucht nicht verfchwiegen
zu werden; es gibt einige Bilder von ihm, die Düffeldorf näher ftehen als Barbizon.
Burnil} gehört nicht zu den elementaren, fchöpferifchen Geiftern der Kunftgefchichte. Ein
feiner, ftiller Menfch, ein Lyriker, von wahrer, tiefer Naturliebe befeelt, hat er die Begabung,
die ihm zuteil geworden, in ftrenger Selbftzucht kultiviert und zur Kunft Frankfurts etwas von
dem köftlichften beigefteuert, das ihr auf dem Gebiete der Landfchaftskunft befchieden war.
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