Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0453
DOI issue:
11. Heft
DOI article:Biermann, Georg: Die Gemäldesammlung des Baron Herzog in Budapest
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DIE GEMÄLDESAMMLUNG DES BARON HERZOG IN BUDAPEST
Äbb. 10. Ä. CUYP, Flußlandfchaft mit Reitern
von Mr. Le[fer, von dem es Baron Herzog erwarb. Zurzeit befindet es fich wie fo manches
andere Werk der Sammlung als Leihgabe im Befiß des Budapefter Mufeums der
Schönen Künfte. Auch die prachtvolle Winterlandfchaft von Jakob Ruisdael, die ehe-
mals mit der Sammlung Goldfchmidt 1909 in Berlin verfteigert wurde, ift ein hervor-
ragendes Dokument holländifcher Landfchaftsmalerei. Durch den Reichtum der kolorifti-
fchen Behandlung, die prächtigen Effekte des Lichtes weift es deutlich auf jene befte
Zeit im Schaffen des Künftlers hin, in der er auch entlegeneren Motiven nachgegangen
ift (Abb. 8). Die prächtige Flußlandfchaft des Salomon van Ruysdael mit den wei-
denden Kühen im Vordergrund hat einen ähnlichen Reichtum des Tones (Abb. 9). Nur
auf wenigen Bildern ift die Harmonifierung von Landfchaft und Staffage dem Meifter
gleich glücklich gelungen. Hier anzufchließen wäre unmittelbar ein Bild von Albert
Cuyp, das rechts zwei Reiter im Zwiegefpräch und links einige Pferde in der Schwemme
vorführt; das Ganze vor einer tonig fein abgeftimmten, im Hintergrund atmofphärifch
verklingenden Flußlandfchaft (Abb. 10). — Neben den hier als Proben genannten Bildern
holländifcher Landfchaftsmalerei kommen Figurenbild und Genredarftellung in der
Sammlung des Baron Herzog ebenfalls zu befter Repräfentation. Ein Porträt von
Miereveit (Bruftbild eines Kriegers) wird künftlerifch überragt von dem weiblichen
Bildnis des Thomas de Keyfer, das in feinem bläulich gedämpften Ton direkte Be-
ziehungen zu Vermeer aufzuweifen fcheint (Abb. 11); während Terhorch mit einer
„Dame bei der Toilette“ vertreten ift, einem Werk, das in den koloriftifchen Details
ungemein reich anfpricht und faft Chardin-artig, im Gefühl der guten Bourgeoifie, das
anfpruchslofe Motiv behandelt (Abb. 12). Von ähnlicher, vielleicht noch exzeptionellerer
Qualität ift „Der Gelehrte“ von Ifac Koedyk, der leider hier nicht abgebildet werden
konnte. Das Bild atmet den Zauber echt Vermeerfcher Stimmung und erinnert ftark
an den „Anatom“ des Delfters in der Frankfurter Galerie. Das „Doppelbildnis eines
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Äbb. 10. Ä. CUYP, Flußlandfchaft mit Reitern
von Mr. Le[fer, von dem es Baron Herzog erwarb. Zurzeit befindet es fich wie fo manches
andere Werk der Sammlung als Leihgabe im Befiß des Budapefter Mufeums der
Schönen Künfte. Auch die prachtvolle Winterlandfchaft von Jakob Ruisdael, die ehe-
mals mit der Sammlung Goldfchmidt 1909 in Berlin verfteigert wurde, ift ein hervor-
ragendes Dokument holländifcher Landfchaftsmalerei. Durch den Reichtum der kolorifti-
fchen Behandlung, die prächtigen Effekte des Lichtes weift es deutlich auf jene befte
Zeit im Schaffen des Künftlers hin, in der er auch entlegeneren Motiven nachgegangen
ift (Abb. 8). Die prächtige Flußlandfchaft des Salomon van Ruysdael mit den wei-
denden Kühen im Vordergrund hat einen ähnlichen Reichtum des Tones (Abb. 9). Nur
auf wenigen Bildern ift die Harmonifierung von Landfchaft und Staffage dem Meifter
gleich glücklich gelungen. Hier anzufchließen wäre unmittelbar ein Bild von Albert
Cuyp, das rechts zwei Reiter im Zwiegefpräch und links einige Pferde in der Schwemme
vorführt; das Ganze vor einer tonig fein abgeftimmten, im Hintergrund atmofphärifch
verklingenden Flußlandfchaft (Abb. 10). — Neben den hier als Proben genannten Bildern
holländifcher Landfchaftsmalerei kommen Figurenbild und Genredarftellung in der
Sammlung des Baron Herzog ebenfalls zu befter Repräfentation. Ein Porträt von
Miereveit (Bruftbild eines Kriegers) wird künftlerifch überragt von dem weiblichen
Bildnis des Thomas de Keyfer, das in feinem bläulich gedämpften Ton direkte Be-
ziehungen zu Vermeer aufzuweifen fcheint (Abb. 11); während Terhorch mit einer
„Dame bei der Toilette“ vertreten ift, einem Werk, das in den koloriftifchen Details
ungemein reich anfpricht und faft Chardin-artig, im Gefühl der guten Bourgeoifie, das
anfpruchslofe Motiv behandelt (Abb. 12). Von ähnlicher, vielleicht noch exzeptionellerer
Qualität ift „Der Gelehrte“ von Ifac Koedyk, der leider hier nicht abgebildet werden
konnte. Das Bild atmet den Zauber echt Vermeerfcher Stimmung und erinnert ftark
an den „Anatom“ des Delfters in der Frankfurter Galerie. Das „Doppelbildnis eines
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