Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

DOI Heft:
12. Heft
DOI Artikel:
Lesenberg, Wilhelm: Joseph M. Olbrich: zur Ausstellung seines Nachlasses im Königl. Kunstgewerbemuseum zu Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0505

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
JOSEPH M. OLBRICH

JOSEPH M. OLBRICH, Hochzeitsturm und Kunfthallen in Darmftadt

ausftellung Paris 1900 entwarf. Durch Einbauten werden die Räume geteilt, durch
hochgeführte Leiften, ftarkfarbige Blumenbänder die Flächen gegliedert. Alle Formen
fprechen überlaut, recken und ftrecken fich wie belebt. Unruhe pulfiert überall.

Die Ausftellung Darmftadt 1901 brachte Monumentalbauten und Einzelwohnhäufer.
Beide füllten ganz neue Löfungen darftellen. Die Einzelhäufer außerdem der Indivi-
dualität jedes feiner Bewohner Rechnung tragen. Aus dem Innern heraus geftalten,
war erfter Grundfaß. Gewiffe Dominanten des Innern drängten nach Außen und
wirkten beftimmend für die Gefamterfcheinung. Die glatte, ftille Wand fpielte eine
große Rolle. Eben, ehrlich wollte man fein, maskiert ward nicht. Olbrich fagt von
feinem eigenen Haufe: „Hauptmotiv der Außengeftaltung war das warme, fchüßende
Dach mit angehängter Blumengalerie, das große Hallenfenfter und der Eingang-
Zwifchen diefen Momenten löft die ftüßende Mauer die Aufgabe des Umfaffens und
Tragens.“ Alfo hing die Wand recht eigentlich nur zwifchen diefen ftarkfprechenden
Motiven. Das Ganze lebte auch hier noch im fteten Gegeneinander der Kräfte. Zu
ftrengen Linien bekannten fich dagegen die Monumentalbauten. Sehr ftreng, faft ftarr
ward die Innenausftattung feines eigenen Haufes von dem Künftler gefaßt. Nicht mehr
mufikalifch flutende Wellen von Blumengebilden wie in Wien — eckig geradlinige
Teilungen, die in feftem Rahmen ftilifierte Blumenformen umfaffen.

Das Jahr 1902 brachte den Entwurf zu einem Hotel in Königswart von ganz
phantaftifchen Formen und die Häufer Hochftraßer in Cronberg und Stade in Darm-
ftadt, die fichtlich englifche Einflüffe verarbeiten. Der Bahnhofsentwurf für Bafel (1903)
redet in cyklopifchen, doch gut abgewogenen Formen eine ftark monumentale Sprache.
Ein Tudorbogen, wie ihn Billing dann für Hamburg aufnahm, wirft fich über die
Halle. In ihn hinein wachfen vier ftatuenbekrönte Säulen als Umfaffung rechteckiger
Lichtöffnungen. Ein einfaches, großartiges Motiv. Die Dreihäufergruppe auf der

475
 
Annotationen