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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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12. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0512

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SAMMLUNGEN

mir in Fachkreifen gemachte Bemerkung fehr
energifch; denn Pitti und Uffizien, Brera und
die Borghefe-Galerie — das Mufeo nazionale in
Neapel vielleicht ausgenommen — die etwa zum
Vergleich herangezogen werden könnten, waren
fdion vor zwanzig und mehr Jahren Salons,
wenn man den Prado als vorftädtifche Man-
fardenbehaufung dagegen gelten laffen will.)
Den Prado zu einem modernen Mufeum zu
machen, hieße vielleicht der Wunder größtes
verrichten, folange das völlig unzulängliche und
architektonifch unmögliche Gebäude weiter be-
fteht. Troßdem könnte ein kunfthiftorifch ge-
fdiulter Leiter ohne allzugroße Mühe vieles
beffern, wenn mal zunächft der Verfuch gewagt
würde, das Bedeutende des Befißftandes gegen-
über dem weniger Wertvollen zur entfcheiden-
den Geltung zu bringen und wenn man den
Mut befäße zu magazinieren, was eben als
qualite zweiter Ordnung beifeite gefchafft
werden muß, wenn man den Provinzfammlungen
Werke als Leihgaben beforgte, die dort wert-
voller find als in diefem Beieinander mit den
höchften Offenbarungen der Kunft. Doch wich-
tiger als diese durch die Verhältniffe, als immer
dringlicher geforderte Neuordnung, erfcheint
für den Moment das Verlangen nach der Kon-
fervierung der Schäße. Für die ift — fo fehr
das vielleicht der derzeitige Direktor des Prado,
Herr Villegas, ein Maler mittleren Ranges, be-
freitet, feit Jahren nichts gefchehen, fo daß fich
Perlen neben Perlen alter Kunft im deplorabel-
ften Zuftande befinden. An diefem Punkte
greifen die fpanifchen Kunftangelegenheiten in
das allgemeine Intereffe Europas über. Uns
als Deutfchen kann es garnicht gleichgültig fein,
was aus dem künftlerifchen Erbe unferer Väter
wird, auch wenn es nach Spanien verfchlagen
wurde und mir fcheint, daß alle Kulturvölker
ähnlich in diefer Frage intereffiert find. Ift zurzeit
auch noch keine Hoffnung auf Befferung vor-
handen, fo nüßt vielleicht vorerft doch der
Appell an die breite Öffentlichkeit. Ich ftelle
das Problem diefer Mifere zur Diskuffion und
ich würde mich freuen, würden mir aus inter-
effierten Kreifen Mittel und Wege gewiefen,
diefem für das allgemeine Gefühl auf die Dauer
unhaltbaren Zuftande Grenzen zu ziehen. Ohne
diefen Appell fehe ich vorerft keine Möglichkeit
der Befferung. Im übrigen möchte ich gerade
an diefer Stelle hervorheben, daß Madrid als
Zentrum jedweder Kulturintereffen Spaniens
auch über einige wenige importante Privat-
fammlungen verfügt, die zum Teil bereits in
diefer Zeitfchrift behandelt wurden. Liegt es da
nicht nahe, daß diefe Amateure, die fich im
Konnex mit dem internationalen Kunftmarkt

und dem Kulturbewußtfein Europas wähnen,
die erften Schritte tun, um eine Reorganifation
des Prado-Mufeums endgültig in die Wege zu
leiten, und ihren künftlerifch nicht unbegabten
König für eine Angelegenheit intereffieren, nach
deren baldiger Neugeftaltung nicht der Einzelne,
fondern ganz Europa verlangt, das doch mit
heimlicher Liebe an diefer feltfam zwiefpältigen
Schönheit hängt, die uns überall in den Kultur-
ftätten der iberifchen Halbinfel begegnet.

Georg Biermann.

□ □ □

AUGSBURG Unter den unfchäßbaren Alter-
tümern, die der verftorbene Baron Meier Carl
v. Rothfchild in Frankfurt a. M. in feiner einzig
daftehenden Sammlung am Mainquai vereinigt
hatte, ßel den Befuchern gewöhnlich ein meter-
hoher Prunkfehrein mit Uhr auf, der in Silber
getriebener Arbeit auf Schildpatt, die Pracht-
liebe der Barockzeit in prägnanter Weife zum
Ausdruck brachte. Auf einer breit ausladenden
Bafis erhebt fich ein entzückender Mittelbau mit
gewundenen Säulen; zwei mit filbergetriebenen
Figurengruppen gefchmückte Türen laffen uns
beim Öffnen acht zierliche Schieblädchen mit
zahlreichen Geheimfächern fehen, die gleichfalls
reich gefchmückt find. Der Oberbau enthält eine
Uhr, die eine Weltkugel trägt. Bei Tag zeigt
fie die goldene, bei Nacht die blaue, mit Sternen
befäte Hälfte. Die Bekrönung des in entzücken-
der Silhouette in die Höhe ftrebenden Schreines
bildet eine filberne zifelierte Urania.

Etwa40getriebene, teilweife vergoldeteFiguren
und Plaketten beleben das koftbare Kunftwerk,
für das Rothfchild fchon vor 40 Jahren eine hohe
Summe bezahlt hat. Obgleich das intereffante
Stück nicht figniert ift, fieht man doch auf den
erften Blick, daß es eine Arbeit des Augsburger
Goldfchmieds Thelott aus dem Ende des 17. Jahr-
hunderts ift; zum Überfluß geht dies auch aus
einem Vergleiche mit einer filbergetriebenen
Plakette hervor, die fich imBefiße des bekannten
hiefigen Numismatikers von Forfter befindet, und
mit anderen in Augsburg befindlichen Thelott-
Arbeiten.

Diefes koftbare Stück ift nun durch hoch-
herzige Schenkung in das Eigentum der Stadt
Augsburg übergegangen und dem dortigen
MAXIMILIANS-MUSEUM einverleibt worden,
welchem hierdurch ein Kunftwerk wiedergegeben
wurde, das vor über 200 Jahren hier entftanden
ift und einen vorzüglichen Einblick in die Prunk-
liebe jener Zeit gibt.

Das an fich fchon außerordentlich fehenswerte
Mufeum hat damit einen neuen, ganz befonderen

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