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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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13. Heft
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Bode, Wilhelm von: Neu entdeckte und wiedererstandene Gemälde von Rembrandt
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0537

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NEU ENTDECKTE UND WIEDERERSTÄN-
DENE GEMÄLDE VON REMBRÄNDT

Mit 2 Abbildungen Von WILHELM BODE

Der außerordentliche Ruf, den der Reftaurator der Berliner Mufeen Profeffor Ä. Haufer,
namentlich als Reftaurator von Gemälden Rembrandts, mit Recht genießt, verfchafft
uns am Kaifer Friedrich-Mufeum den Genuß, manches Meifterwerk des Künftlers genau
ftudieren und bewundern zu können, ehe es unwiderbringlich über den Ozean wandert,
gelegentlich auch Werke von ihm kennen zu lernen, die bisher unerkannt oder ver-
geffen in Privathäufern verfteckt gewefen waren. Mehr als einmal haben wir auch die
Freude gehabt, der Entdeckung eines bisher verkannten Bildes des Meifters bei feiner
Toilette beizuwohnen. Seit Jahresfrift allein ift ein halbes Dußend der fchönften Bilder
des Künftlers durch Profeffor Haufers Atelier gegangen, darunter die „Mühle“, Rem-
brandts herrlichfte Landfchaft. Von allgemeinftem Intereffe war in leßter Zeit die Re-
ftauration von ein paar Bildern Rembrandts, die bisher unbekannt oder unter Über-
malung verfteckt und daher verkannt waren.

Eines diefer Gemälde, das ftattliche Bild eines bejahrten Mannes mit einem Meffer
in der Hand, ift vor einigen Monaten aus dem Befit} eines ruffifchen Adligen, der das
Bild auf feinem Gute in der Nähe von Kiew hatte, an die Firma Thomas Agnew & Sons
in London übergegangen. Es war fehr vernachläffigt und verfchmut^t, ftellte fich aber
bei der Reinigung als beinahe tadellos erhalten heraus. Nur das Buch in der Hand
des fixenden Mannes verwandelte fich beim Pu^en in ein Meffer, das einem früheren
Befißer offenbar zu profaifch erfchienen war. Wenn wir eine Anzahl ähnlicher Cha-
rakterfiguren, welche — wie diefes Bild — der fpäteren Zeit des Künftlers entftammen,
richtig als die Evangeliften gedeutet haben, fo ift es wahrfcheinlich, daß auch hier das
Meffer als Emblem aufzufaffen ift, und daß wir in der Figur den Apoftel Bartholo-
mäus zu erkennen haben. Bei der Reinigung fand fich die große Künftlerinfchrift und
darunter die Jahreszahl 1657. Die Färbung des Bildes zeigt den etwas einfarbigen,
aber klaren graubraunen Ton faft ohne Lokalfarbe, den eine Reihe Bilder der gleichen
Zeit haben: der Speerträger in Caffel aus demfelben Jahre 1657, der eben von Lord
Feversham an Mr. Knoedler in New-York veräußerte „Kaufmann“ von 1659 u. a. m.
Die Behandlung ift faft noch meifterhafter, fowohl in der Zeichnung wie in der breiten
Primaausführung. Die Geftalt ift lebensgroß und bis unter die Knie gefehen. Aus
etwas fpäterer Zeit, von 1661, ift ein Bild in Downton Caftle bekannt, das gleich-
falls die Halbfigur eines Mannes mit einem Meffer in der Hand zeigt. Man hat auch
hier auf den heil. Bartholomäus geraten. Bei diefem Bilde in Downton Caftle, das in
Typus und Tracht reinen Porträtcharakter trägt, ift das Meffer jedoch wohl eher
auf das Handwerk oder die Kunft des Dargeftellten zu deuten; vielleicht war er
Holzfchneider.

Ein zweites, noch größeres Gemälde des Künftlers, das gleichzeitig in den Handel
gekommen ift, war keineswegs unbekannt, aber es war feit der Verfteigerung Beur-
nonville in Paris am 3. Juni 1884 verfchollen, bis es vor wenigen Wochen in der Ver-
fteigerung der Sammlung von Madame Levaigneur wieder auftauchte. Es wurde hier
von Franz Kleinberger erworben, der es durch Profeffor Haufer reinigen ließ. Es gibt
nicht viele Bilder Rembrandts, die fo gut beglaubigt find wie diefes. Das Gemälde
wurde 1734 nach dem Tode von Willem Six, der es wohl von feinem Vater Jan, dem
Gönner des Künftlers, geerbt hatte, in deffen Sammlung als Werk Rembrandts um
165 Gulden verfteigert, kam nach England, wo es in der Sammlung Francis Charteris

Der Cicerone. IV. Jahrg., 13. Heft 37

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