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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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15. Heft
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Rathe, Kurt: Die Neuerwerbungen der K. K. Staatsgalerie in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0609

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DIE NEUERWERBUNGEN DER K. K.
STÄÄTSGÄLERIE IN WIEN Von KURT RÄTHE

Mit Äbbildungen, davon zwei auf je einer Tafel

Die Kunftwerke, die Direktor Regierungsrat Dr. Dörnhöffer feit feinem Amtsantritt
erworben hat, füllen gegenwärtig alle Räume der öfterreichifchen Staatsgalerie;
nur der Makart-Saal und die beiden Säle, die Klingers Riefengemälde „Chriftus im
Olymp“ und „Das Urteil des Paris“ beherbergen, find im wefentlichen unverändert ge-
blieben. So hat diefe Äusftellung, die nur die Erwerbungen der lebten 21/2 Jahre um-
faßt, fchon äußerlich eine völlige Neugeftaltung der Galerie zur Folge gehabt: Der
finnfälligfte Beweis für die gänzliche Unzulänglichkeit ihrer jetzigen Behaufung und
die dringende Notwendigkeit der endlichen Errichtung eines eigenen Heims.

Vor wenigen Wochen erft ift die Äusftellung eröffnet worden. Und heute fchon
hat auch der in diefen Sälen einigermaßen heimifche Befucher nicht wenig Mühe, fich
ihren früheren Inhalt ins Gedächtnis zurückzurufen. Nicht nur mit der fiegreichen Kraft
und dem Rechte des Gegenwärtigen verdrängt ihr jetziger Anblick immer wieder das
Erinnerungsbild; vielmehr offenbart fich auch darin die fuggeftive Macht, die Fülle
und Mannigfaltigkeit der Kunftwerke, die ein zielbewußter Wille hier vereinigt hat.
Freilich bedeutet die durch die Umftände gebotene ifolierte Betrachtung der Äus-
ftellung, auf die fich auch diefer Überblick befchränken muß, zugleich die größte
Gefahr für ihre gerechte Würdigung. Denn diefe Neuerwerbungen ftellen ja weder
ein abgefchloffenes Ganzes noch auch eine völlig vorausfet$ungslofe Neufchöpfung
dar; naturgemäß kann die Sammeltätigkeit Direktor Dörnhöffers nur in der Relation
zu dem bisherigen Befi^ftande der Galerie richtig verftanden und gewertet werden.
Sie ift nicht leicht herzuftellen und kann im Rahmen diefes Berichtes nicht einmal an-
deutungsweife vermittelt werden. Der Katalog, der kurz nach der Eröffnung der
„modernen Galerie“ in den Räumen des unteren Belvederes im Jahre 1903 erfchienen
ift, kann hiefür nur als eine Art erfter Hilfe angefehen werden. Denn ein Teil der
Beftände mußte gleich damals Raummangels halber magaziniert, weitere Erwerbungen
konnten nur mehr zum geringften Teil in gelegentlichen Wechfelausftellungen dem
Publikum zugänglich gemacht werden. (Überdies ift eine Reihe von Kunftwerken, die
die Stadt Wien und das Land Niederöfterreich erworben und der Galerie als Leihgabe
überlaffen hatten, mittlerweile wieder zu ihren urfprünglichen Befi^ern zurückgekehrt.)
Wenn die damalige proviforifche Aufteilung, bei der es bis vor kurzem im wefent-
lichen fein Bewenden hatte, „im ganzen auch nur als erfter Schritt zur Verwirklichung
einer .modernen Galerie1 aufgefaßt werden wollte“, ift doch zu betonen, daß diefer
Anfang immerhin — naturgemäß zunächft nur für die öfterreichifche Kunft des 19. Jahr-
hunderts — in mancher Hinficht ein fehr verheißungsvoller war. Für die Kunft des
Auslandes freilich waren (und find) bisher „nur einzelne Kriftallifationspunkte vorhanden“.
Die zahlreichen Ankäufe, die weiterhin eine aus Künftlern zufammengefet^te Kommiffion
im Aufträge des Unterrichtsminifteriums durchführte, trugen notwendigerweife mehr
Zufalls- und Gelegenheitscharakter. Nur der einheimifche Markt, richtiger die laufenden
Wiener Jahresausftellungen fanden eine — mitunter recht weitgehende —Berückfichtigung.
Es ift leicht begreiflich, daß hier wieder den lebenden öfterreichifchen Künftlern der
Hauptanteil zufiel, nidit minder begreiflich, daß die genannte Kommiffion innerhalb
diefer von vornherein künftlerifch und hiftorifch gleich enggefteckten Grenzen von dem
Beftreben geleitet war, die verfchiedenen Kunftrichtungen möglichft gleichmäßig zu be-
rückfiditigen. Derartigen, durch äußere Änläffe vermittelten Ankäufen mag ja in der Tat

Der Cicerone, IV. Jahrg., 15. Heft. 42

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