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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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16. Heft
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Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN

Etwa dreißig der neueften Arbeiten Bon-
nards [ah man kürzlich bei BERNHEIM JEUNE.
Darunter einigeLandfchaften, hervorragend kom-
ponierte und gemalte Stilleben und Kompofitionen
der Frau im Tube, deren durchlichtet [chattiger
Rückenakt, deren hellgelber Schopf mit den ge-
dämpften Farben des Teppichrandes zufammen
empfunden und kompofitionell gebunden find.

— Vorher zeigte Claude Monet ebendort,
was er den Taufenden venezianifcher Veduten,
die die Gefchichte der Malerei kennt, im Jahr 1908
beigefteuert hat. Seine eigenartige Interpretation
befchränkt [ich auf Himmel, Waffer und Steine;
Steine, an welchen das Licht dröhnend prallt;
es hat wenig auf [ich, ob wir fie als Salute oder
als Palazzo Rezzonico identifizieren. Die warm-
feuchte Orgie ift gemalt, die Luft und Waffer
feiern, und jene, wie traditionelle Symbole, ftehen
gleich den Lagunenpfählen, als genii Loci der
Vermählung bei.

Gleichzeitig mit diefer Äusftellung hat Bern-
heim herausgegeben: Claude Monet, — Venise

— avec une preface d’Octave Mirbeau. Re-
produktionen der neun Motive, davon eine farbig.

Preis 5 Fr. * *

*

Mehr als anderswo ift es in Paris für die
modernen kunftgewerblidien Beftrebungen not-
wendig, um die Gunft der Äriftokratie und des
Reichtums tätig zu werben, weil das Intereffe
der höheren Kreife noch immer faft ausfchließ-
lich den geheiligten Ludwigftilen und echten
oder imitierten alten Stücken gilt. Durch die
Initiative der Gräfin Greffulhe werden zurzeit
verfchiedene kleinere Raumkunftausftellungen ge-
zeigt. Jene im HOTEL MORNY der Champs
Elyfees, wo wir die meiften Äusfteller des jähr-
lichen Salons der Dekorateure wiederfinden,
bietet nicht das wünfchenswerte Bild, den Stand
der modernen kunftgewerblidien Arbeit, fondern
eine bazarmäßig wahllofe Anhäufung von ge-
lungenem und gefchmacklofem. Den beften Ein-
druck empfängt man von ein paar Zimmer-
ausftattungen, die zufammengehörig gedacht in
einem Anbau des Seligmannfchen Hotel Sagan
ausgeftellt find. Ein Teefalon mit blauvergitterten
Wandflächen zwifchen weißen Pilaftern, die als
Kapitelle goldene Jardinieren tragen, von den
Architekten Süe und Huillard, ift von vortreff-
lichen Verhältniffen. Ein Speifefaal der gleichen
Firma ift mit Malerei von Dreza, dem Dekora-
teur des Theatre d’Art, d’Espagnat, mit Keramik
von Lamothe und Methey, mit Bronzen von
Albert Marque gefchmückt. Befonderes Intereffe
verdienen die von Jaulmes und Groult gezeich-
neten Vorhangftoffe der Stoffdruckerei Ram-
bouillet.

Im PALAIS DES MODES hat man Impreffio-
niften mit alten Tapifferien zufammengehängt
und das nachbarliche Verhältnis ward gut be-
funden. Übrigens eine fehr fchöne Äusftellung:
Unter den Bildern Manets „Le Linge“, Porträts
von Degas; ferner Monet, Raffaelli, Berthe Mo-
rifot, Forain, Mary Caffatt, Renoir; Provence-
landfchaften von Cezanne, einige Touloufe-
Lautrec, ein Blumenftück von Van Gogh, die
M. Manzi meift aus Privatbefig zufammen-
gebracht hatte. R. K.

STEINÄMÄNGER (Szombathehj)

Kunft- und kulturhiftorifche Äusftellung.
In der Hauptftadt des Eifenburger Komitats
(Ungarn) findet unter dem Protektorate des
Prinzen und der Prinzeffin Ludwig von Bayern,
als anfäffige Eifenburger, in den Räumlichkeiten
des vor einigen Jahren neu erbauten Mufeums
in Steinamanger in der Zeit vom 22. September
bis 6. Oktober eine kunft- und kulturhiftorifche
Äusftellung aus Privatbefiß aus dem Eifenburger
Komitat ftatt, die von außerordentlichem Inter-
effe zu werden verfpricht. Mit großer Sach-
kenntnis und feinem Gefchmack hat der äfthe-
tifch und kunfthiftorifch feingebildete Maler
Julius von Vegh die wertvollften und inter-
effanteften Kunftfchälje aus den Schlöffern des
Fürften Batthäny, der Grafen Szechenyi, Bat-
thäny, Szäpäry, Erdödy, Älmäffy ufw. zufam-
mengetragen, ferner aus dem Befilje des Land-
adels und der Geiftlichkeit. Möbel, Teppiche,
koftbare Stoffe, Goldfchmiedearbeiten, Zinn,
Porzellan, Gebrauchs- und Luxusgegenftände
aller Art werden da nebeneinander ausgeftellt
fein, fodann die kirchlichen Gold- und Silber—
[chät$e, Meßgewänder, Decken und Vorhänge,
Miniaturen und Silhouetten, Filigranarbeiten,
Tabaksdofen, Handarbeiten ufw.

Die Abteilung von Plaftik und Gemälden wird
wohl den Clou der Äusftellung bilden und wird
manche Überrafchung für die Kunftfreunde und
befonders für die engeren Fachgenoffen bieten.
„Im 16. Jahrhundert fcheint der zum Proteftan-
tismus übergetretene Schloßherr der Felfenburg
Nemetüjvär lebhafte Beziehungen zu Deutfch-
land, namentlich zu Württemberg, unterhalten
zu haben; davon zeugen die Refte feiner Bilder-
fammlung.“ So ftammen aus der Werkftatt
Lucas Cranachs ein Madonnenbild, eine Judith
(Wiederholung des Bildes des Wiener Hof-
mufeums) und die Bildniffe Johann Friedrichs
von Sachfen und feiner Gattin Sibylle von Kleve,
ferner das Bildnis Luthers (?) aus 1523, außer-
dem eine Reihe von hunfthiftorifch fehr beach-
tenswerten Bildern aus der Blütezeit der deut-
fchen Malerei. Nicht minder gut werden auch

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