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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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17. Heft
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Biermann, Georg: Die klassische Malerei Frankreichs im 19. Jahrhundert: zur Ausstellung im Frankfurter Kunstverein
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0712

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DIE KLASSISCHE MALEREI FRANKREICHS IM 19. JAHRHUNDERT

Äbb. 5. GÄUGUIN, Die roten Dächer Sammlung Ed. Simon-Wolfskehl, Frankfurt a. M.

Mit diefen Andeutungen aber i[t das Wefentliche erjchöpft; denn die anderen, zum
Teil ebenfalls vortrefflich repräfentierten Meifter wie Touloufe-Lautrec oder Guys, bei
denen man unwillkürlich die Beziehungen zu Daumier fucht, wie Monticelli, der ohne
Delacroix nicht zu denken ift, fo eigen auch feine farbigen Symphonien erfcheinen, wie
Ingres an der Seite Gericaults, Gauguin an der von Cezanne, find doch mehr oder
weniger nur die Begleiterfcheinungen jener beiden in der franzöfifchen Kunft ausgeprägten
Tendenzen, die die Stellung des Künftlers zur Natur umfchreiben und ihn einmal in
Fühlung zum reinmalerifchen Erlebnis bringen, andrerfeits aber fein Wollen nach einer
Steigerung ins Dekorativ-Monumentale hin ablenken. Beide Richtungen haben nachhaltig
in das Werden der modernen Kunft eingegriffen, obwohl fie nicht immer deutlich von-
einander zu trennen find. So bedeuten z. B. die hier abgebildeten „roten Dächer“
Gauguins aus der Sammlung Simon-Wolfskehl in Frankfurt mehr einen Beleg der
nach rein malerifcher Orientierung hinftrebenden Kunft als einen Beweis für den
typifchen Stil diefes Franzofen, während der fein konturierte „Prometheus“ von Puvis
de Chavannes jene Linie andeutet, die noch lange nicht bei Hodler ihr Ende erreicht
hat. Was aber das Dioskurenpaar Manet und Monet auf der anderen Seite angeftrebt
hat, umfchreibt heute das wichtigfte Tageskapitel der Kunft unferer Zeit. Daß die Frank-
furter Ausftellung diefem vergleichenden Gedanken ebenfalls Raum fchafft, macht fie zu
einem wichtigen Kriterium unferes modernen künftlerifchen Gefühles.

Ein gedanklich ftarkes Vorwort fchrieb der fchon erwähnte Carl Gebhardt für den
kleinen inzwifchen erfchienenen Katalog, der als literarifches Bekenntnis unferer Zeit
von bleibendem Werte fein wird.

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