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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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18. Heft
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Rosenhagen, Hans: Wilhelm Leibl und sein Kreis
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0728

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WILHELM LEIBL UND SEIN KREIS

Äbb. 2. WILHELM LEIBL, Die linke Hand Mit Genehmigung der Photographifchen Gefeilfchaft-Berlin

des Rembrandtdeutfchen Äus dem Befife der Gemälde-Galerie Karl Haberftock-Berlin

fcheinbar breite, in Wahrheit jedoch höchft intime Malweife verleiht ihnen ein er-
ftaunliches Leben, fo daß man fie zu den fchönften Erzeugniffen von Leibis großer
Kunft unbedingt zählen darf.

Eine nicht minder bedeutende Erwerbung Haberftocks ift das Bildnis des Chemikers
Jofef Jais, das 1885 gemalt ift, alfo im Jahre der Vollendung der „Wildfchüßen“. Der
Dargeftellte [tand Leibi in Freundfchaft nahe. Sein Wagen war immer zur Verfügung
des Malers, und häufig fand er fich mit ihm beim Bier und Tarockfpiel zufammen.
Jais ift einer der Zeugen für die oft angezweifelte Tatfache, daß der Maler ein Bild
hier und da mit der Wiedergabe eines Auges begann. Leibi hat auch das Bildnis
von Jais mit dem Malen des linken Auges angefangen. • Das Porträt ift ganz in der
Art der „Wildfchütjen“ behandelt, kräftig in der Farbe und, obfdion noch Holbeinhaft,
doch ziemlich frei im Strich. Der farbige Kopf fteht fein gegen den dunklen Grund.
Bezaubernd fchön ift der dunkelblonde, gegen das Weiß des Hemdes und der Kra-
watte und die graue Wefte fich abhebende Bart gemalt. Längft nicht auf der künft-
lerifchen Höhe diefes lebensgroßen Bildniffes fteht das Porträt des Malers B. Es ge-
hört zu den Arbeiten Leibis, die diefer wegen Geldmangel übernahm. Trübner hatte
ihm den Auftrag verfchafft und der Auftraggeber zahlte dem Maler hundert Mark für
das Porträt. Es ift etwa 1876 gemalt, alfo um die Zeit der „Dorfpolitiker“, bewußt
heftig in dem Gegenfaß des hellen Gefichtes und des weißen Kragens zu den fchwarzen
Haaren, gerade dadurch aber auch, im Verhältnis zu anderen Bildniffen Leibis, ein
wenig flach in der Modellierung. Das entzückende, kleine, weich und tonig gemalte

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