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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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22. Heft
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Cohn, William: Die Ausstellung alter ostasiatischer Kunst in der Berliner Akademie der Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0889

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AUSSTELLUNG ALTER OSTASIATISCHER KUNST IN DER BERLINER AKADEMIE

Äbb. 8. Japanifcher Meifter des 17. Jahrh., Samml. Guftav Jacoby-Berlin, Katalog Nr. 18

Faltfchirm mit Gefellfchaftsfzenen Photographieverlag Julius Bard-Berlin

Köyetfu (V, 216)1 ift nun ein Album mit Fächerbildern von Körin (Abb. 3) und einigen
feiner Nachfolger gekommen, viel zahmer und ärmer, als das Werk des genialen Schul-
gründers, aber durch feine eigenwillige Farbengebung und Kompofition noch reizvoll
genug. Der Faltfchirm mit den langen graden Hahnenkammftauden, hinter denen fich
Schilf im Winde neigt, auf fchwarz gewordenem Silbergrund (Abb. 4) ift ficherlich nicht
weit von Körin entftanden, und gibt eine Vorftellung von der vornehmften Art dekora-
tiver Kunft, die das neuere Japan kannte, und ebenfo einen Hinweis darauf, was von
den Hunderten in Europa und Amerika zu findenden Byöbu, die ja als notwendiges
Möbel des japanifchen Haufes beinahe fabrikmäßig hergeftellt wurden, zu halten ift.

Neben den Beftänden der Berliner Mufeen kann auf dem Gebiete der Malerei nur
die Sammlung Jacoby aufkommen. Beinahe jedes Werk, das die Ausftellung aus
diefer vielfeitigen Sammlung aufweift, hat Bedeutung (mit Ausnahme etwa des Ch’iu
Ying bezeichneten Maki (VIII, 368), das doch etwas fchematifch anmutet). Gleich-
fam ein Pendant zu der prachtvollen Sturmlandfchaft des Wu I-hsien (II, 118)2 aus
Mufeumsbefiß bildet das Kakemono von Tai Wen-shin (Abb. 5) und ift dementfprechend
aufgehängt. Derfelbe virtuofe Pinfelftrich, diefelben riefenhaften Proportionen. Aller-
dings ift das Sturmbild, das in feiner Art eben einen Höhepunkt der Mingmalerei be-
deutet, doch überzeugender. Der Tai Wen-shin erfcheint weniger konzentriert, mehr in die
Breite gehend, die Kompofition löft fich in verfchiedene Genreszenen auf, die immerhin im
Gegenfafcj zu den in der Ming- und Manchuzeit häufigen Gepflogenheiten nicht ausein-
anderfallen. Intereffant ift die Nähe diefer Landfchaft zu Werken von Sesshü. Man
darf nicht vergeffen, daß gerade Sesshu fich nicht nur von der Sung, fondern auch
von der ihm gleichzeitigen Mingmalerei hat anregen laffen. Tai Wen-shin lebte um
die Mitte des 15. Jahrhunderts und war Gründer der Che-p’ai genannten Schule, einer
der einflußreichften Schulen der Mingzeit. Die Ausftellung vermag fogar noch ein zweites
Werk von feiner Hand zu zeigen, mit dem Datum 1446, ein kurzes monochromes
Landfchaftsmaki (VI, 244a), — der einzige Fall von zwei authentifchen chinefifchen

1 Äbb. Cicerone II, 23, S. 806 und 7,

2 Äbb. Cicerone II, 23, S. 792.

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