Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
Cite this page
Please cite this page by using the following URL/DOI:
https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0905
DOI issue:
22. Heft
DOI article:Die römischen Kongresse
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0905
DIE RÖMISCHEN KONGRESSE
die auf einer weiten Wanderung durch die
Phantafie der Italiener, Franzofen, Juden, Perfer,
Inder urfpriinglich von den Standbildern der
Griechen ausgegangen find. Ihre Form ift von
Pietro d’Afano feftgelegt. Die Monatsgötter
des gleichen Zyklus gehen auf Manilius zurück.
Als den gelehrten Infpirator des ganzen Zyklus
konnte Warburg den Pellegrino Prisciani feft-
ftellen. Kein Geringerer als Botticelli hat fich
von folcher illuftrativen Aftrologie zu der freien
Höhe feines Venusbildes hinaufgearbeitet.
Einen Weg, auf dem die Äntike in Frankreich
eindrang, zeigte Rene Schneider in den En-
trees soleneiles Franz I. Zunächft mittelalter-
liche Äufzüge, verbindet fich ihnen, zuerft gegen
1513 in Caen, die Idee des antiken Triumph-
zuges und geftaltet fie zu einer Äpotheofe in
antikem Sinne um. Die Triumphbögen, die da-
mit aufkamen, haben auf die Architektur von
Palaft und Kirche (St. Nicolas-des-Champs) un-
mittelbar eingewirkt.
Über die für die kunftgefchichtliche Forfchung
fo wichtigen archivalifchen Arbeiten des römi-
fchen Staatsarchivars Bertolotti, ihre Verdienft-
lichkeit und ihre im einzelnen noch notwendige
Rektifizierung, fprach Ernefto Ovidi. Adolfo
Venturi entwickelte einen umfaffenden Plan
zu einer Publikation der Quellen der italienifchen
Kunftgefchichte, die durch einen Befchluß des
Kongreffes dem Minifterium des öffentlichen
Unterrichts zur Ausführung auf das dringendfte
empfohlen wurde. Auch die Ausdehnung des
kunftgefchichtlichen Unterrichts an den Univerfi-
täten, technifchen Hochfchulen und Schulen wurde
auf Anregung Venturis zu einer Forderung des
Kongreffes erhoben.
Mit dem Kongreß war eine intereffante biblio-
graphifche Ausftellung, die feltene Schriften,Hoch-
zeitspublikationen u. a. brachte, und eine kleine
photomechanifche Ausftellung verbunden. Daß
eine fehr liebenswürdige Gaftlichkeit, zu der das
Campidoglio, die Confulta und die Accademia
im Palazzo Corfini den Schauplatz abgaben, die
Zufammenkunft auch oft zu einer feftlich frohen
machte, mag dankbar erwähnt werden. Nicht
zu vergeffen fchließlich, daß eine Reihe fcbwer
zugänglicher Priatfammlungen, darunter die Villa
Albani, ihre Tore öffneten. —t.
861
die auf einer weiten Wanderung durch die
Phantafie der Italiener, Franzofen, Juden, Perfer,
Inder urfpriinglich von den Standbildern der
Griechen ausgegangen find. Ihre Form ift von
Pietro d’Afano feftgelegt. Die Monatsgötter
des gleichen Zyklus gehen auf Manilius zurück.
Als den gelehrten Infpirator des ganzen Zyklus
konnte Warburg den Pellegrino Prisciani feft-
ftellen. Kein Geringerer als Botticelli hat fich
von folcher illuftrativen Aftrologie zu der freien
Höhe feines Venusbildes hinaufgearbeitet.
Einen Weg, auf dem die Äntike in Frankreich
eindrang, zeigte Rene Schneider in den En-
trees soleneiles Franz I. Zunächft mittelalter-
liche Äufzüge, verbindet fich ihnen, zuerft gegen
1513 in Caen, die Idee des antiken Triumph-
zuges und geftaltet fie zu einer Äpotheofe in
antikem Sinne um. Die Triumphbögen, die da-
mit aufkamen, haben auf die Architektur von
Palaft und Kirche (St. Nicolas-des-Champs) un-
mittelbar eingewirkt.
Über die für die kunftgefchichtliche Forfchung
fo wichtigen archivalifchen Arbeiten des römi-
fchen Staatsarchivars Bertolotti, ihre Verdienft-
lichkeit und ihre im einzelnen noch notwendige
Rektifizierung, fprach Ernefto Ovidi. Adolfo
Venturi entwickelte einen umfaffenden Plan
zu einer Publikation der Quellen der italienifchen
Kunftgefchichte, die durch einen Befchluß des
Kongreffes dem Minifterium des öffentlichen
Unterrichts zur Ausführung auf das dringendfte
empfohlen wurde. Auch die Ausdehnung des
kunftgefchichtlichen Unterrichts an den Univerfi-
täten, technifchen Hochfchulen und Schulen wurde
auf Anregung Venturis zu einer Forderung des
Kongreffes erhoben.
Mit dem Kongreß war eine intereffante biblio-
graphifche Ausftellung, die feltene Schriften,Hoch-
zeitspublikationen u. a. brachte, und eine kleine
photomechanifche Ausftellung verbunden. Daß
eine fehr liebenswürdige Gaftlichkeit, zu der das
Campidoglio, die Confulta und die Accademia
im Palazzo Corfini den Schauplatz abgaben, die
Zufammenkunft auch oft zu einer feftlich frohen
machte, mag dankbar erwähnt werden. Nicht
zu vergeffen fchließlich, daß eine Reihe fcbwer
zugänglicher Priatfammlungen, darunter die Villa
Albani, ihre Tore öffneten. —t.
861