Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0932
DOI Heft:
23. Heft
DOI Artikel:Balet, Leo: Das alte Zinngiesserhandwerk in Ulm a.D.
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0932
DAS ALTE ZINNGIESSERHANDWERK IN ULM a. D.
Gravierte Platte, I. W. (Wilhalm?) figniert, 1550
Germanifches Mufeum, Nürnberg
dem Jahre 1512. Am 13. Mai hatte die Stadt Ulm mit ihrem Stadtkupferfchmied
Hans Thanner einen neuen Vertrag abgefchloffen, laut welchem das verzinnte Kupfer
fortan mit 10 Pf., das unverzinnte mit 8 Pf. bezahlt werden follte. Thanner hatte fich
nämlich befchwert, daß er wegen der erhöhten Zinnpreife um den früher vereinbarten
Lohn nicht mehr arbeiten könne.
Die fortwährende Verteuerung des Rohzinns wird als Erklärung dafür dienen
müffen, daß von altem Zinn, namentlich aus dem 15. Jahrhundert, fo wenig auf uns
gekommen ift. Laut Bericht der alten Ordnungen bemühten fich die Zinngießer bereits
im 15. und befonders in den folgenden Jahrhunderten, als ein größerer Bleigehalt des
Zinns erlaubt war, um den Ankauf von gutem alten Zinn zur Einfchmelzung und An-
fertigung neuer Ware. Sicherlich war dies billiger, aber ebenfo gut verwendbar wie
das aus England, Böhmen oder Sachfen importierte Rohmaterial.
Der erfte uns mit Namen überlieferte Ulmer Zinngießer war ein gewiffer Balthus.
1505 gehörte er nicht mehr zu den Lebenden, denn von feinem der Schmiedezunft
vermachten Haus, in „deß kantners gäßlin“ gelegen, wurde damals ein Zins von
8 Schillingen erhoben. Eine prachtvoll gravierte fechsfeitige Platte mit Darftellung
von Bathfeba im Bade ift die ältefte erhaltene Arbeit aus Ulm, deren Meifter jedoch
888
Gravierte Platte, I. W. (Wilhalm?) figniert, 1550
Germanifches Mufeum, Nürnberg
dem Jahre 1512. Am 13. Mai hatte die Stadt Ulm mit ihrem Stadtkupferfchmied
Hans Thanner einen neuen Vertrag abgefchloffen, laut welchem das verzinnte Kupfer
fortan mit 10 Pf., das unverzinnte mit 8 Pf. bezahlt werden follte. Thanner hatte fich
nämlich befchwert, daß er wegen der erhöhten Zinnpreife um den früher vereinbarten
Lohn nicht mehr arbeiten könne.
Die fortwährende Verteuerung des Rohzinns wird als Erklärung dafür dienen
müffen, daß von altem Zinn, namentlich aus dem 15. Jahrhundert, fo wenig auf uns
gekommen ift. Laut Bericht der alten Ordnungen bemühten fich die Zinngießer bereits
im 15. und befonders in den folgenden Jahrhunderten, als ein größerer Bleigehalt des
Zinns erlaubt war, um den Ankauf von gutem alten Zinn zur Einfchmelzung und An-
fertigung neuer Ware. Sicherlich war dies billiger, aber ebenfo gut verwendbar wie
das aus England, Böhmen oder Sachfen importierte Rohmaterial.
Der erfte uns mit Namen überlieferte Ulmer Zinngießer war ein gewiffer Balthus.
1505 gehörte er nicht mehr zu den Lebenden, denn von feinem der Schmiedezunft
vermachten Haus, in „deß kantners gäßlin“ gelegen, wurde damals ein Zins von
8 Schillingen erhoben. Eine prachtvoll gravierte fechsfeitige Platte mit Darftellung
von Bathfeba im Bade ift die ältefte erhaltene Arbeit aus Ulm, deren Meifter jedoch
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