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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0109

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MODERNE KUNST.

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Stücke, lange vor Grillparzer, das gleiche Thema be- 1 preussischen Staates übergegangen. Nicht nur der bippi-
handelt wie dieser in seinem „Ein treuer Diener seines sehen Welt wird die grosse Bedeutung des Georgen-
Herrn." Katonas von glühender Begeisterung erfülltes burger Gestüts bekannt sein, sondern auch dem Laien,
Werk, stellt an die Darstellerin die höchsten Aufgaben . der weiss, welche Rolle die ostpreussische Pferdezucht
tragischer Darstellungskunst. Der Dichter selbst hätte überhaupt spielt. Diese Rolle erstreckt sich sowohl auf
sich niemals eine bessere Interpretin wünschen können, die Landespferdezucht im allgemeinen, wie auf die Re-
als Frau Jäszai, die mit den grossen Tragödinnen unserer flw ^P**" montierung im besonderen, und speciell unsere Garde-
Zeit verglichen, sich einer Charlotte Wolter und Clara regimenter haben von jeher mit Vorliebe den Georgen-
Ziegler würdig als Dritte anreiht. — Geboren im Dorfe burger Schlag bevorzugt. — Das Hauptgebäude des um-
Aszär (Komitat Komorn) lebte sie bei ihren Eltern in fangreichen Gutes, welches unser Bild darstellt, ist die alte
dürftigen Verhältnissen. Früh erwachte ihre Neigung MF6- Y Burg, an welche sich die Hauptstallungen anschliessen.
zur Bühne, so dass sie sich im Alter von 11 Jahren in ^^^^Mf hMI^^^ Sie ist zu Anfang des 14. Jahrhunderts erbaut und war
Györ (Raab) zu einem Theaterdirektor begab, ihn bittend jSlmB^K lange Zeit hindurch der Mittelpunkt schwerer Kämpfe,
sie auf der Bühne mitwirken zu lassen. Der Direktor j[ Im Jahre 1826 übernahm die Familie von Simpson
entliess sie mit guten Ratschlägen für ihre Ausbildung. I^H das Gestüt und brachte es durch rastlose Arbeit dreier
Von da ab studierte sie, trotz des väterlichen Einspruches. ^^^^^^HHHt IlHK * Generationen zu seiner jetzigen Blüte. Der bisherige
Umsomehr lag der Stiefmutter daran, das grosse Mädchen * Besitzer sah sich infolge Krankheit genötigt, das Gestüt
loszuwerden, um für den zahlreichen Nachwuchs Kaum zu M zu verkaufen. Es bleibt so in einer Hand, sein Be-
schaffen. So kam sie denn 15 Jahre alt nach St. Fehörvär Hj stand erfährt erfreulicherweise keine Zersplitterung. Z.

Rolle auftrat. Ihren Lebensunterhalt musste sie dort i __/> _o _ Von hohem Interesse ist das untenstehende Bild,

mit Handarbeit erwerben. Ihr erstes Honorar, 20 Gulden I sr~i st/ 2> * * das ein „Abendgebet vor dem Zelte des russi-

monatlich, zahlte Molnai in Ofen. Dort lernte sie den *^*-^0 yy /C/Z^t^t^^ sehen Kaisers im Felde von Krasnoje Selo" dar-

Schauspieler Jäszai kennen, den sie heiratete. Mit ihm V,^.__———-—"-stellt. Krasnoje Selo, das grosse stadtähnliche Dorf im

wurde sie nach Kolozsvär (Klausenburg) engagiert,, von - Kreise Zerskoje Selo des russischen Gouvernements

wo ihr bereits ein bedeutender Ruf voranging, als sie Hugo Thimig, Komiker am Wiener Burgtheater. Petersburg auf den Duderhoffschen Höhen, an der Bahn-
an das Nationaltheater nach Budapest kam. Die Künstlerin, die ohne grosse linie Petersburg-Reval gelegen, hat seine Bedeutung erhalten durch das in der
Vorbilder, ohne eigentliche Schule, nur aus sich selbst geschöpft hatte, überraschte Nähe liegende gleichnamige Schloss des russischen Kaisers und noch mehr durch
durch ihre eigenartige Auffassung, die sich besonders in feiner Empfindung und das Lager von Krasnoje Selo, jenes grosse Exerzierfeld, auf dem alljährlich die
lebhafter Phantasie bekundeten. Dazu kam die Schönheit und Kraft der Sprache Hauptübungen des russischen Gardecorps abgehalten werden. Unser Bild zeigt
und die Vorzüge eines geschmeidigen und kräftigen Körpers. Mit diesen Mitteln das Zelt des Kaisers im Hintergrunde, vor dem die kaiserliche Familie steht,
ausgerüstet beherrscht sie alle Skalen von der Sanftmut des zarten Weibes bis Links sieht man die übrigen Mitglieder des Herrscherhauses und die höchsten
zu den höchsten Affekten drama- Offiziere der russischen Armee;

tischer Leidenschaft. In Kürze rechts haben sich die Offiziere der

heben wir einige ihrer Glanzrollen kaiserlichen Leibgarde aufgestellt,

hervor. Die Elektra und Antigone ' i st * * *

(Sophokles)unddiePhädra(Racine). 'wjjfjflB^Äfl . i Die Wiener reiben sich die

Shakespeare stellt sie in Kleopatra, I Ausiefl und schauen gar ungläubig

Lady Macbeth und anderen Haupt- | . ^^^^^^yIfEi^BB^HIHHHRHHVVV^^^^hI IHNl drein. Wie ist denn das möglich?

rollen dar. Ihre hervorragendste ■ Ilaben sie denn geschlafen wie die

Leistung im ungarischen l )rama ist "'^^^^b^A^d^fefilÄ I-eilte itn l )oriiröselteiischloss, dass

in der „Tragödie des Menschen" \ (>n j .... ! :;e(u - YiM die J;; I: re und die
Madaeli, welche eine I !:t i'-l el 111; | ' ' ' ' ' ' Jahrzehnte?! Das rnmöglich-
des Weibes durch diel lauptepochcn ' ! seheinende ist eine aktenmässige
der Weltgeschichte erfordert. In . .'i ■..-te : > ! ii:;,> riiiniij;, der
modernen Dramen von Ibsen, j fröhlichste Geist des Wiener Hof-
Dumas oder Sudcrinann ist sie " ~ ' ' ' - burgtheaters, dessen I icsitz diesem

unvergleichlich in der Durch- Das ostpreussische Gestüt Georgenburg bei Insterburg. Institut die hervorragendsten Büh-

führung grosser tragischer Konflikte, z. B. als Magda in des letztgenannten nen des Reiches neiden, rüstet sich augenblicklich zum Debüt in einer Rolle, die

Autors „Heimath". Gastspielanträge aus dem Auslande lehnte sie bisher ab. für gewöhnlich in ein reicheres Fach schlägt, als der prächtige Komiker heute

* * noch mit erquicklichster physischer und psychischer Frische vertritt, in der Rolle

Das bedeutendste ostpreussische Privatgestüt, Georgenburg bei Inster- des Jubilars, und es ist nichts Geringeres als die silberne Hochzeit mit der Muse

bürg, ist, wie bekannt, für den Preis von 3 Millionen Mark in den Besitz des des Hauses, darin er waltet, vor der dieser liebenswürdigste lustige Künstler

Grossfürst Grossfürst Grossfürst Grossfürst Grossfürst ~ 7 ■ Königin von Grossfürstin nfi; . A T ., ,

Cunstantin. Peter. Alexis. Michael. Wladimir. £at- Zann- Griechenland. Maria Pawlowna. uiazicie der Leibwache.

Abendgebet vor dem Zelte des russischen Kaisers im Felde von Krasnoje Selo.
 
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