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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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26. Heft
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Georgy, Ernst: Pariser Plauderbrief, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0624

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Von Ernst Georgy.

-■ ■ « ■ ■- [Nachdruck verboten.]

¥a Hochgeehrter Herr! wir anstatt der vorgeschriebenen drei — sieben Francs bezahlen mussten

ütend bin ich. — Diese Ekels wollen mich zu ihren Zügen durch das nacht- (beim Händler), so geht der Kummer erst los! Alle Damen behalten die Hüte

liehe Paris entschieden nicht mitnehmen! Nur in stubenreine Kaffeehäuser auf und verdecken oft die Aussicht auf die Bühne mit ihren „Monstreveran-

oder Theater darf ich mit. Dabei war ich doch in der Rue de Paris in der Aus- staltungen" an Blumen, Spitzen, Federn. — Ununterbrochen klappen die Sitze

Stellung? Sone Unverschämtheit! Aber sie behaupten: eine ,Berliner Range' dürfe und erheben sich die Menschen, wir mit ihnen. Denn---bis zum dritten

manches thun, aber das Studium des Pariser Nachtlebens sei nicht notwendig! Akte kamen noch Nachzügler in die Tannhäuser-Vorstellung des jetzigen Mode-
Eigentlich haben diese drei ja recht! — ,Soviel' mache ich mir auch garnicht komponisten: „Unseres Wagner!" —

aus dem Klimbim. Muss ja eklig sein! Ein paar solche Sachen sah ich schon in Die Vorstellung war ausgezeichnet, das Orchester gut, die Inscenesetzung

fliegender Eile, wenn wir aus den Theatern kamen. Herrje, mal gesehen hätte famos! — In den Zwischenpausen riefen einige Burschen — Abendzeitungen — aus

ichs aber auch gern! Na wenn ich heirate oder 'ne alte Dame bin, dann mache und begann der Sturm auf das Büffet. Erst seit einiger Zeit ruft ein elektrisches

ich solche „Zicken", wie wir daheim sagen, „studienhalber". Glockenzeichen nach der Pause in den Theatersaal. Wieder erneutes Klappen,

Ernst Georgy lässt sich Ihnen empfehlen und Ihnen sagen: Alles, was ins Pschtrufen und Zuspätkommen. Ein Bummsen mit einer Holzkeule, es geht

Bekannte, Pikante schlüge, all „sowas" würde er übernehmen und Ihnen mitteilen. los! — Ich kann mir nicht helfen; aber innen finde ich die Oper mit dem häss-

Ein Gemütsmensch! Nun, seine männlich empfindende Seele kanns vertragen, liehen goldgelbbräunlichen Ton nicht sehr vornehm, und

nich' wa--? — Seien Sie also unbesorgt! Auf die Weise hören Sie ja alles! — vor allem lenkt der Eindruck des Gebäudes von der Bühne

Ich beschränke mich auf die anständigen Theater, Konzerte und einen durch seinen unruhigen Geschmack ab. Das ist meine

Empfangsabend in unserer Pension. Ist Ihnen das so recht? Ich höre Sie Privatmeinung, die ich keinem aufdrängen will! Sie haben

im Geist „bon" sagen und lege los:------------------ mir freies Urteil gestattet, Verehrter! Voilä, hier haben

„Es war einmal ein mächtig grossartiges Gebäude. Das stand in Paris an Sie es! Streiten thu ich nicht, und über-
schönster Stelle und kostete im Bau die Kleinigkeit von sechsunddreissig zeugen will ich keinen! Bumms fallera!— ä|
Millionen Francs. Im Innern war ein Treppenhaus aus Marmor mit Onyx- Faul sind die Leutchen hier, denn nur v;k.^
geländer, das blendete den Beschauer ebenso wie die Pracht in den Foyers oder drei-, höchstens viermal wird in der Woche
den ersten Rängen. — Im vierten Range aber, wohin nicht gerade die Millionäre gespielt. Die Billete sind schwer zu er-
zu gehen pflegen, war der Boden aus schlechten Holzbohlen, die Sitze schäbig langen. Und kauft man sie mit hohem Auf-
und die Beleuchtung elend. Und das war die weltberühmte „Pariser Oper!" — schlage beim Händler oder in
Regelrechte Garderoben wie bei uns giebt es nicht. Zwei Frauen nehmen einem den Agenturen, so betrachtet er
die Sachen ab, wursteln sie mit Strippen zusammen, quetschen sie in einen das obendrein als Gnade, die
hässlichen, staubigen Raum, „Vestiaire" benamset und geben sie einem später, uns armen Sterblichen von ihm
nicht „besser" geworden, wieder. Wer zufällig Privatbesorgungen zu erledigen hat, zufällt!
und dazu noch geheime Kabinette benutzen muss, der wird entsetzt sein, wie Jetzt zur
diese in dem Prunkbau der stolzen Oper vom zweiten Rang an aufwärts, gehalten Hochsaison
sind. Das ist überhaupt die Achillesferse von Paris!—Dafür stehen unten stolze und wahr-
Schweizer, und hinter einem Tisch sitzen drei befrackte (bald hätte ich Fatzkes scheinlich
gesagt; aber ich, wo wer' ick denn), befrackte Herren mit Schleifen und markieren fürdieganze
bei einer Anfrage mit königlichen Handbewegungen wahnwitzige Vornehmheit! Zeit der

Sitzt man endlich auf seinem richtig „Stalles" bezeichneten Platz, für den Ausstellung

Im Fahrstuhl durch die Ausstellung.

XIV. 26. I.
 
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