Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0138
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3. Heft
DOI article:Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN
John Lavery’s „Mrs. Cornwallis Weft“, Alma
Tademas „William Whitaker Thomfon“, eine
fdilichte ehrliche Charakterzeichnung, und Gra-
ham Robertfons feinfinnige Porträts der Miß
Betty Tryde“ und „Mrs. Ä. Sutro“.
* *
*
In den LE1C ESTER GALLERIES ftellt der
beliebte Landfchafter Sir Alfred Eaft kleinere
Gemälde aus. In manchen aus Spanien fcheint
er fich faft an F. Brangwyn und A. Melville
anzulehnen. * *
*
In den CARFAX GALLERIES hält Alexander
Jamiefon, ein kräftig zupackender Landfchafter,
feine erfte Kollektivausftellung ab.
* *
*
In den GOUPIL GALLERIES pellt man vier
Franzofen, von denen hier nur Maurice Denis
bisher ein wenig bekannt war. Von ihm ftammen
einige erftaunlich gute und fichere Bilder, dar-
unter eine Geburt Chrifti. Die Oberfäle ent-
halten die dritte Ausftellung des trefflichen Sene-
felder Clubs. Der Gefidhte find gar viele, und
viele haben etwas eigenes auf eigene Weife
zu fagen. U. a. ftellen drei Holländer: Bauer,
Haverman und Storm van’s Gravesande aus,
letzterer auch einige feiner fchon bekannten Ham-
burger Elbhafenbilder. F.
MÜNCHEN Die Renoir-Aus ft ellung in
H. THANNHAUSERS MODERNER GALERIE
IM ARCOPALAIS bietet, ihres ftattlichen Um-
fanges wegen, willkommene Gelegenheit, die
bei vielen noch immer nicht genügend geklärte
Meinung über diefen Klaffiker der neueren fran-
zöfifdien Malerei, etwas ins Reine zu bringen.
Renoirs Lebenswerk weift, wie des öfteren be-
merkt worden ift, große Unterfchiedlichkeiten
auf und dem Renoir, der uns Bilder gefchenkt
hat, die in ihrem wundervollen farbigen Auf-
bau, in ihrer alles Stoffliche fo prächtig charak-
terifierenden Malweife, weiters in ihrer noblen
Haltung fchlechthin alsMeifterwerke anzufprechen
find, fteht jener Renoir zur Seite, der nicht feiten
ins Süßliche, ja Kitfchige verfällt. Namentlich an
dem fpäteren Renoir werden Liebhaber alles
Herben und Kraftvollen nur wenig Freude pnden,
er ift einmal, wie in vielen der fpäteren Äkt-
malereien, zu haltungslos finnlich, dies im Sinne
rein materieller Sinnlichkeit, oder ift blümerant
und unkultiviert, wie in gewiffen genrehaft ge-
faßten Stücken. Man hat das Gefühl, als fei
Renoir wirklich ftark nur zu jener Zeit gewefen,
da er unter dem direkteften Einßuß feiner großen
Freunde ftand, oder wenigftens, da deren Geift
noch lebhaft in ihm nachwirkte. So find nament-
lich faft fämtliche Stücke der gegenwärtigen Aus-
ftellung, die vom Ende der fiebziger bis Mitte
der achtziger Jahre herrühren, Kabinettftücke,
man fühlt Renoir da als im Banne vor allem
Manets, dann auch Monets ftehend, was aber
aus den fpäteren Jahren bis herauf zur Gegen-
wart ftammt, ift vielfach unerquicklich, wenn auch
in den einzelnen Arbeiten immer noch genügende
künftlerifche Qualitäten zu finden find. Audi info-
fern fcheint mir die Ausftellung als von hohem
Intereffe zu fein, als fie geeignet ift, über den Irr-
tum aufzuklären, der von allen denen begangen
wird, die Renoir kurzweg als Impreffioniften
bezeichnen.- Freilich, er hat auch reine Ein-
drucksmalereien gefdiaffen (fiehe das Bild mit
den beiden Schweftern im Garten), aber in der
Hauptfache hat er doch nur wenig Wert auf
die Wiedergabe des Momentanen, des ßießenden
Reizes gelegt, fondern ftets darnach geftrebt,
Synthefen der Linie und Farbe zu erreichen,
die den ewigen Reiz der Dinge fozufagen inter-
pretieren. Was an Renoir felbft in jenen Stücken
noch feffelt, die diefer oder jener nur wenig
goutieren wird, ift die Ehrlichkeit feines Arbeits-
verfahrens; Renoir kennt keine technifchen Fi-
neffen und Mäßchen, und mit den einfachften
Mitteln weiß er oft Erftaunliches zu erzielen.
Daß der Meifter auf viele feiner Zeitgenoffen
ftark befruchtend einzuwirken vermochte, ver-
fteht man ohne weiteres, durch feine von Haus
aus naive Anfchauung kommt er auf mancherlei,
was bewußt und mit richtigem Gefühl über-
nommen, erftaunliche Entwicklungsmöglichkeiten
bietet. * *
*
In der GALERIE HEINEMANN find drei Kol-
lektivausftellungen Münchner Künftler zu fehen;
den Parterrefaal hält derBildhauer Hans Schwe-
gerle inne, oben führen die Künftlergruppe
„Der Bund“, fowie der in Dachau bei München
lebende Hans von Hayeck Malereien vor.
Über Schwegerle ift fchon mehrfach referiert
worden, er leiftet fein Beftes in Plaketten und
Medaillen. Proben feiner Gefchicklichkeit als
Medailleur gibt er auch hier wieder in ausgiebi-
gem Maße. Der „Bund“ ift vom Glaspalaft her
bekannt. W. Thor, M. Kern, Äbecaffis und
R. B. Willmann find feine ftärkften Potenzen,
namentlich die fchon im Glaspalaft vorgezeigten
Bildniffe Thors befißen auch hier ftarke An-
ziehungskraft. Hans von Hayecks impreffio-
niftifche Manöverbilder verraten den fieberen
Beobachter und Könner. Daß vor einigen, wie
den „Feuernden Batterien“, der „Infanterie im
Gelände“, „Pferdefchwemme II“, der Wunfch
erfteht, fie zu befißen, ift gewiß kein fchlechtes
Zeichen für das künftlerifche Vermögen diefes
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John Lavery’s „Mrs. Cornwallis Weft“, Alma
Tademas „William Whitaker Thomfon“, eine
fdilichte ehrliche Charakterzeichnung, und Gra-
ham Robertfons feinfinnige Porträts der Miß
Betty Tryde“ und „Mrs. Ä. Sutro“.
* *
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In den LE1C ESTER GALLERIES ftellt der
beliebte Landfchafter Sir Alfred Eaft kleinere
Gemälde aus. In manchen aus Spanien fcheint
er fich faft an F. Brangwyn und A. Melville
anzulehnen. * *
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In den CARFAX GALLERIES hält Alexander
Jamiefon, ein kräftig zupackender Landfchafter,
feine erfte Kollektivausftellung ab.
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In den GOUPIL GALLERIES pellt man vier
Franzofen, von denen hier nur Maurice Denis
bisher ein wenig bekannt war. Von ihm ftammen
einige erftaunlich gute und fichere Bilder, dar-
unter eine Geburt Chrifti. Die Oberfäle ent-
halten die dritte Ausftellung des trefflichen Sene-
felder Clubs. Der Gefidhte find gar viele, und
viele haben etwas eigenes auf eigene Weife
zu fagen. U. a. ftellen drei Holländer: Bauer,
Haverman und Storm van’s Gravesande aus,
letzterer auch einige feiner fchon bekannten Ham-
burger Elbhafenbilder. F.
MÜNCHEN Die Renoir-Aus ft ellung in
H. THANNHAUSERS MODERNER GALERIE
IM ARCOPALAIS bietet, ihres ftattlichen Um-
fanges wegen, willkommene Gelegenheit, die
bei vielen noch immer nicht genügend geklärte
Meinung über diefen Klaffiker der neueren fran-
zöfifdien Malerei, etwas ins Reine zu bringen.
Renoirs Lebenswerk weift, wie des öfteren be-
merkt worden ift, große Unterfchiedlichkeiten
auf und dem Renoir, der uns Bilder gefchenkt
hat, die in ihrem wundervollen farbigen Auf-
bau, in ihrer alles Stoffliche fo prächtig charak-
terifierenden Malweife, weiters in ihrer noblen
Haltung fchlechthin alsMeifterwerke anzufprechen
find, fteht jener Renoir zur Seite, der nicht feiten
ins Süßliche, ja Kitfchige verfällt. Namentlich an
dem fpäteren Renoir werden Liebhaber alles
Herben und Kraftvollen nur wenig Freude pnden,
er ift einmal, wie in vielen der fpäteren Äkt-
malereien, zu haltungslos finnlich, dies im Sinne
rein materieller Sinnlichkeit, oder ift blümerant
und unkultiviert, wie in gewiffen genrehaft ge-
faßten Stücken. Man hat das Gefühl, als fei
Renoir wirklich ftark nur zu jener Zeit gewefen,
da er unter dem direkteften Einßuß feiner großen
Freunde ftand, oder wenigftens, da deren Geift
noch lebhaft in ihm nachwirkte. So find nament-
lich faft fämtliche Stücke der gegenwärtigen Aus-
ftellung, die vom Ende der fiebziger bis Mitte
der achtziger Jahre herrühren, Kabinettftücke,
man fühlt Renoir da als im Banne vor allem
Manets, dann auch Monets ftehend, was aber
aus den fpäteren Jahren bis herauf zur Gegen-
wart ftammt, ift vielfach unerquicklich, wenn auch
in den einzelnen Arbeiten immer noch genügende
künftlerifche Qualitäten zu finden find. Audi info-
fern fcheint mir die Ausftellung als von hohem
Intereffe zu fein, als fie geeignet ift, über den Irr-
tum aufzuklären, der von allen denen begangen
wird, die Renoir kurzweg als Impreffioniften
bezeichnen.- Freilich, er hat auch reine Ein-
drucksmalereien gefdiaffen (fiehe das Bild mit
den beiden Schweftern im Garten), aber in der
Hauptfache hat er doch nur wenig Wert auf
die Wiedergabe des Momentanen, des ßießenden
Reizes gelegt, fondern ftets darnach geftrebt,
Synthefen der Linie und Farbe zu erreichen,
die den ewigen Reiz der Dinge fozufagen inter-
pretieren. Was an Renoir felbft in jenen Stücken
noch feffelt, die diefer oder jener nur wenig
goutieren wird, ift die Ehrlichkeit feines Arbeits-
verfahrens; Renoir kennt keine technifchen Fi-
neffen und Mäßchen, und mit den einfachften
Mitteln weiß er oft Erftaunliches zu erzielen.
Daß der Meifter auf viele feiner Zeitgenoffen
ftark befruchtend einzuwirken vermochte, ver-
fteht man ohne weiteres, durch feine von Haus
aus naive Anfchauung kommt er auf mancherlei,
was bewußt und mit richtigem Gefühl über-
nommen, erftaunliche Entwicklungsmöglichkeiten
bietet. * *
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In der GALERIE HEINEMANN find drei Kol-
lektivausftellungen Münchner Künftler zu fehen;
den Parterrefaal hält derBildhauer Hans Schwe-
gerle inne, oben führen die Künftlergruppe
„Der Bund“, fowie der in Dachau bei München
lebende Hans von Hayeck Malereien vor.
Über Schwegerle ift fchon mehrfach referiert
worden, er leiftet fein Beftes in Plaketten und
Medaillen. Proben feiner Gefchicklichkeit als
Medailleur gibt er auch hier wieder in ausgiebi-
gem Maße. Der „Bund“ ift vom Glaspalaft her
bekannt. W. Thor, M. Kern, Äbecaffis und
R. B. Willmann find feine ftärkften Potenzen,
namentlich die fchon im Glaspalaft vorgezeigten
Bildniffe Thors befißen auch hier ftarke An-
ziehungskraft. Hans von Hayecks impreffio-
niftifche Manöverbilder verraten den fieberen
Beobachter und Könner. Daß vor einigen, wie
den „Feuernden Batterien“, der „Infanterie im
Gelände“, „Pferdefchwemme II“, der Wunfch
erfteht, fie zu befißen, ift gewiß kein fchlechtes
Zeichen für das künftlerifche Vermögen diefes
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