Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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3. Heft
DOI Artikel:Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN
Vertreters einer Kunftanfchauung, für die die
Fortfdirittlidien unter uns heute nicht allzuviel
mehr übrig haben. M. K. R.
* *
*
Unter dem Protektorat Ihrer Königlichen
Hoheit der FrauPrinzeffinArnulf von Bayern
und der Mitarbeit eines befonderen Ehren-
komitees veranftaltet der Kunftverein München
zufammen mit dem Mufeumsverein in der Zeit
vom 8. bis 20. März 1912 eine große Minia-
turen-Ausftellung in den Räumen des Kunft-
vereins, in der in erfter Linie Porträtminia-
turen aus füddeutfchem Privatbefiß vereinigt
werden füllen. Eine allzuftrenge zeitliche Be-
grenzung der Entftehungszeit oder eine Feft-
legung auf beftimmte Meifter foll bei der Aus-
ftellung vermieden, dagegen am Grundfaß feft-
gehalten werden, nur künftlerifch hervorragende
Stücke zu nehmen. Über Annahme entfcheidet
eine Sachverftändigenkommiffion, an deren Spiße
der Direktor des Münchner Nationalmufeums,
Herr Dr. Stegmann, ferner die Herren Dr. E.
Baffermann-Jordan, Dr. Hans Buchheit und Maler
Jeannerat ftehen. Befißer von geeigneten Objekten
werden höflichft gebeten, fich an der Ausftellung
zu beteiligen und ihre Ädreffen dem Kunftverein
München, Galerieftraße 10, bekannt zu geben.
PETERSBURG Die „Gefellfchaft zum Schüße
der Kunftdenkmäler in Rußland“ hat ihrer vor-
jährigen Weneßianow-Ausftellung eine ähnliche
Schau von Werken des Oreft Kiprensky (1783
bis 1836) folgen laffen, die im ALEXANDER III.-
MUSEUM für zwei Monate eröffnet wurde.
Kiprensky, der eigentlich Schwallie hieß und
Sohn eines Leibeignen war, gehört zu den be-
deutenden Malern Rußlands während des erften
Viertels des vorigen Jahrhunderts, ja als Por-
trätift und Zeichner ift er wohl der talentvollfte
und anziehendfte unter ihnen. Er gehört auch
zu den wenigen ruffifchen Künftlern, die fchon
zu Lebzeiten im Auslande Anerkennung fanden,
befonders in Genf und in Italien, wo das Selbft-
porträt Kiprenskys würdig befunden wurde, in
die bekannte Sammlung von Künftlerbildniffen
in den Uffizien eingereiht zu werden. Wie fo
manchem Nordländer, wurde Kiprensky feine
Italienreife (1816) zum Verhängnis; unter dem
Einfluß der klaffiziftifchen Theorien, auf der Jagd
nach akademifch glatter Vollendung verlor fein
ftarkes Talent hier allmählich feine Eigenart,
feine natürliche Frifche und malerifchen Reiz.
Auf der Ausftellung find ca. 100 Gemälde und
Zeichnungen des Künftlers zufammengebracht,
und die Kenntnis des Gefamtoeuvres Kiprenskys
ift hier in mancher Richtung vervollftändigt
worden. Bleibenden Wert befißt der illuftrierte
Katalog unter dem Titel „Kiprensky in Privat-
fammlungen“ mit einem einleitenden Auffaß aus
der Feder Baron N. Wrangells. P. E.
WIEN Die 26. Ausftellung des Aquarel-
liftenklubs der Genoffenfchaft bildenderKünftler
Wiens wirkt viel erfreulicher als die vorjährige
Jubiläumsausftellung. Hie und da fühlt man
fich vom lebendigen Hauche der Gegenwart an-
geweht, der einen in den Räumen des Künftler-
haufes befonders erquickt; das Gefamtbild ge-
winnt diesmal auch durch die Heranziehung
einiger Gäfte kräftigere Konturen und lebhaftere
Farben. Die Wahl der Gäfte zeigt, daß der
Klub erfolgreich beftrebt ift, frifche Luft von
draußen zuzuführen.
So begrüßt man erftaunt eine größere Anzahl
der köftlichen Zeichnungen Gulbranffons für den
„Simpliziffimus“. Zwei bekannte Illuftratoren
der „Fliegenden Blätter“, Käthe Olshaufen-
Schönberger und Rene Reinicke, zeigen fich als
Maler von einer wenig vorteilhaften Seite. Rei-
nicke erftrebt ein unerquickliches Kompromiß
etwa zwifchen der Art Defreggers und Leibis.
Aus Berlin find tüchtige Arbeiten von R. Groh-
mann und Hans Herrmann gekommen. Hede
von Trapps Linien- und Farbenfpiele, deren
man fich von ihrer vorjährigen Ausftellung bei
Miethke erinnert, haben troß aller merkbaren frem-
den Einflüffe einigen felbftändigenReiz. Die Bilder
Moderfohns zeigen wieder einmal den ganzen
Niedergang der Worpsweder Landfchaftsmalerei.
Dettmann, der Wien lange fern geblieben war,
fandte ein Kircheninterieur. Befondere Hervor-
hebung verdienen fchließlich die ftimmungsvollen,
in zarteften Farben gehaltenen Landfchaften des
Genters R. de Saegher, deffen Name mir neu ift.
— Die tüchtigen einheimischen Landfchafter des
Klubs (und der Genoffenfchaft) verharren in
ihrer überwiegenden Mehrheit nach wie vor
im Banne jener bewährten Altwiener Tradition,
die an Rudolf von Alt, ja noch an Waldmüller
anzuknüpfen pflegt. Erfreulicherweife ift dies-
mal wenigftens das fchwächliche Epigonentum
der Vedutenmaler in den Hintergrund gedrängt.
Unter den Porträtiften behalten freilich aber-
mals oberflächliche Routiniers, füßliche Mode-
maler die Oberhand. Gern verfolgt man da-
gegen die gefunde Entwicklung einiger Mit-
glieder der Vereinigung, die — wie etwa Beck,
Brunner, Windhager u. a. — in fchlichter ehr-
licher Arbeit Anfchluß an moderne Beftrebungen
fuchen. * *
*
Die Kollektivausftellung Eugen Spiros in
der GALERIE MIETHKE bot vielen erft die
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Vertreters einer Kunftanfchauung, für die die
Fortfdirittlidien unter uns heute nicht allzuviel
mehr übrig haben. M. K. R.
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Unter dem Protektorat Ihrer Königlichen
Hoheit der FrauPrinzeffinArnulf von Bayern
und der Mitarbeit eines befonderen Ehren-
komitees veranftaltet der Kunftverein München
zufammen mit dem Mufeumsverein in der Zeit
vom 8. bis 20. März 1912 eine große Minia-
turen-Ausftellung in den Räumen des Kunft-
vereins, in der in erfter Linie Porträtminia-
turen aus füddeutfchem Privatbefiß vereinigt
werden füllen. Eine allzuftrenge zeitliche Be-
grenzung der Entftehungszeit oder eine Feft-
legung auf beftimmte Meifter foll bei der Aus-
ftellung vermieden, dagegen am Grundfaß feft-
gehalten werden, nur künftlerifch hervorragende
Stücke zu nehmen. Über Annahme entfcheidet
eine Sachverftändigenkommiffion, an deren Spiße
der Direktor des Münchner Nationalmufeums,
Herr Dr. Stegmann, ferner die Herren Dr. E.
Baffermann-Jordan, Dr. Hans Buchheit und Maler
Jeannerat ftehen. Befißer von geeigneten Objekten
werden höflichft gebeten, fich an der Ausftellung
zu beteiligen und ihre Ädreffen dem Kunftverein
München, Galerieftraße 10, bekannt zu geben.
PETERSBURG Die „Gefellfchaft zum Schüße
der Kunftdenkmäler in Rußland“ hat ihrer vor-
jährigen Weneßianow-Ausftellung eine ähnliche
Schau von Werken des Oreft Kiprensky (1783
bis 1836) folgen laffen, die im ALEXANDER III.-
MUSEUM für zwei Monate eröffnet wurde.
Kiprensky, der eigentlich Schwallie hieß und
Sohn eines Leibeignen war, gehört zu den be-
deutenden Malern Rußlands während des erften
Viertels des vorigen Jahrhunderts, ja als Por-
trätift und Zeichner ift er wohl der talentvollfte
und anziehendfte unter ihnen. Er gehört auch
zu den wenigen ruffifchen Künftlern, die fchon
zu Lebzeiten im Auslande Anerkennung fanden,
befonders in Genf und in Italien, wo das Selbft-
porträt Kiprenskys würdig befunden wurde, in
die bekannte Sammlung von Künftlerbildniffen
in den Uffizien eingereiht zu werden. Wie fo
manchem Nordländer, wurde Kiprensky feine
Italienreife (1816) zum Verhängnis; unter dem
Einfluß der klaffiziftifchen Theorien, auf der Jagd
nach akademifch glatter Vollendung verlor fein
ftarkes Talent hier allmählich feine Eigenart,
feine natürliche Frifche und malerifchen Reiz.
Auf der Ausftellung find ca. 100 Gemälde und
Zeichnungen des Künftlers zufammengebracht,
und die Kenntnis des Gefamtoeuvres Kiprenskys
ift hier in mancher Richtung vervollftändigt
worden. Bleibenden Wert befißt der illuftrierte
Katalog unter dem Titel „Kiprensky in Privat-
fammlungen“ mit einem einleitenden Auffaß aus
der Feder Baron N. Wrangells. P. E.
WIEN Die 26. Ausftellung des Aquarel-
liftenklubs der Genoffenfchaft bildenderKünftler
Wiens wirkt viel erfreulicher als die vorjährige
Jubiläumsausftellung. Hie und da fühlt man
fich vom lebendigen Hauche der Gegenwart an-
geweht, der einen in den Räumen des Künftler-
haufes befonders erquickt; das Gefamtbild ge-
winnt diesmal auch durch die Heranziehung
einiger Gäfte kräftigere Konturen und lebhaftere
Farben. Die Wahl der Gäfte zeigt, daß der
Klub erfolgreich beftrebt ift, frifche Luft von
draußen zuzuführen.
So begrüßt man erftaunt eine größere Anzahl
der köftlichen Zeichnungen Gulbranffons für den
„Simpliziffimus“. Zwei bekannte Illuftratoren
der „Fliegenden Blätter“, Käthe Olshaufen-
Schönberger und Rene Reinicke, zeigen fich als
Maler von einer wenig vorteilhaften Seite. Rei-
nicke erftrebt ein unerquickliches Kompromiß
etwa zwifchen der Art Defreggers und Leibis.
Aus Berlin find tüchtige Arbeiten von R. Groh-
mann und Hans Herrmann gekommen. Hede
von Trapps Linien- und Farbenfpiele, deren
man fich von ihrer vorjährigen Ausftellung bei
Miethke erinnert, haben troß aller merkbaren frem-
den Einflüffe einigen felbftändigenReiz. Die Bilder
Moderfohns zeigen wieder einmal den ganzen
Niedergang der Worpsweder Landfchaftsmalerei.
Dettmann, der Wien lange fern geblieben war,
fandte ein Kircheninterieur. Befondere Hervor-
hebung verdienen fchließlich die ftimmungsvollen,
in zarteften Farben gehaltenen Landfchaften des
Genters R. de Saegher, deffen Name mir neu ift.
— Die tüchtigen einheimischen Landfchafter des
Klubs (und der Genoffenfchaft) verharren in
ihrer überwiegenden Mehrheit nach wie vor
im Banne jener bewährten Altwiener Tradition,
die an Rudolf von Alt, ja noch an Waldmüller
anzuknüpfen pflegt. Erfreulicherweife ift dies-
mal wenigftens das fchwächliche Epigonentum
der Vedutenmaler in den Hintergrund gedrängt.
Unter den Porträtiften behalten freilich aber-
mals oberflächliche Routiniers, füßliche Mode-
maler die Oberhand. Gern verfolgt man da-
gegen die gefunde Entwicklung einiger Mit-
glieder der Vereinigung, die — wie etwa Beck,
Brunner, Windhager u. a. — in fchlichter ehr-
licher Arbeit Anfchluß an moderne Beftrebungen
fuchen. * *
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Die Kollektivausftellung Eugen Spiros in
der GALERIE MIETHKE bot vielen erft die
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