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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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4. Heft
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Belgisches Steinzeug
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0163

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SAMMLUNGEN

Ä. DE GELDER, Tempelgang der heiligen Familie Haag, Mauritshuis

als „Vorhof eines Tempels, voll Figuren“ be-
fchrieben wird. Um 1760 befand es fich in der
Sammlung M. van Bremen im Haag und im
19. Jahrhundert längere Zeit in England. Es ift
fidier identifdi mit dem Bild, das auf der Ver-
steigerung Herzog von Buckingham in Stowe
am 15. Äuguft 1848 unter Nr. 408 verkauft wurde.1
1857 wurde es von einem gewiffen Whatman
auf die berühmte Äusftellung in Manchefter ge-
fchickt, wo es W. Bürger fah und bewunderte.
Schließlich gelangte es nach Paris in die Samm-
lung Porges und war zuleßt auf der Äusftellung
holländifcher Meifter in Paris, Frühjahr 1911 zu
fehen, wo es „Le sacrifice“ betitelt war, wohl
nach der Figur rechts im Vordergrund, die ge-
rade ein Lamm wegtragen will. Von den
Äutoren, die diefe Äusftellung und das Bild be-
fprochen haben, wie W. Martin (Monatsh. für
Kunftwiffenfchaft, 1911, Heft X) und Jan Veth
(Nieuwe Rotterd. Courant. 24. Mai 1911) ift diefe
Benennung beibehalten worden. Da, nach den
übrigen Werken de Gelders zu fchließen, doch

1 Die Befchreibung des Bildes im Verfteigerungskatalog
verdanke ich Herrn Dr. Hofftede de Groot.

wohl eine beftimmte biblifche Szene den Vor-
wurf bildet, fprach ich an oben genannterstelle1
die Vermutung aus, daß es fich um einen „Tem-
pelgang der heiligen Familie“ handele und diefe
Benennung ift nunmehr auch im Mauritshuis
angenommen worden. Typifch für de Gelder
ift es, daß die Hauptfiguren, die heilige Familie,
in den Mittelgrund (auf der Photographie kaum
zu erkennen) gefegt find. Stiliftifch fteht das
Bild dem Dresdner „Ecce Homo“ de Gelders
fehr nahe und, felbft wenn es nicht datiert wäre,
würde man es leicht als Frühwerk erkennen.
Die Ärt, wie die Kompofition in einer nicht fehr
tiefen Schicht liegt und in die Breite entwickelt
ift, ferner das prächtige, in einem warmen Ton
gehaltene Kolorit — auf diefem und der geift-
vollen Technik beruht die hohe Qualität des
Werkes — weifen auf eine frühe Entftehung.
Bewundernswert ift es, wie der Künftler der
Szene bei dem doch recht gleichgültigen Vor-
gang eine ganz eigenartige Stimmung zu ver-
leihen wußte. Etwas von der Schwüle des Orients
liegt über dem Ganzen. — Wie fo oft bei Werken

1 Ärent de Gelder. Halle a. S. 1911. S. 36, Anmerkung.

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