Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0193
DOI Heft:
5. Heft
DOI Artikel:Stix, Alfred: Ausstellungen von Neuerwerbungen der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien
DOI Heft:7. Heft
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AUSSTELLUNG VON NEUERWERBUNGEN DER KAIS. GEMÄLDE-GALERIE IN WIEN
wirkungsvoll erfcheint. Der Vorder-
grund ift auf der Zeichnung fchon bei
der Gruppe der beiden Hunde abge-
fchnitten. Die Staffagefiguren finden
fleh alle auf dem Bilde wieder, das
aber hierin von dem Maler noch rei-
cher ausgeftattet ift.
Die folgenden Werke gehören
durchaus der fpäteren öfterreichifchen
Kunft an und vervollftändigen die
reichen Beftände auf diefem Gebiet
auf das glücklichfte. Aus der überaus
fruchtbaren Barockepoche wurden drei
Stücke erworben.
Die Hauptmarke diefer Glanzperiode
von Öfterreichs Kunft befteht in um-
fangreichen Freskenkompofitionen, meift
allegorifchen Inhalts, die heute noch
[ehr zahlreich die Paläfte und Klöfter
der Monarchie zieren. Als Erfatj für
die der Galerie natürlich unzugäng-
lichen großen Fresken können die da-
für gemalten Skizzen gelten, die auch
in ihrer faßt ftets großzügigen genialen
Durchführung dem heutigen Gefchmack
weit näher ftehen als die ausgeführten
Werke. Nr. 1557 a (Abb. 9) ift ein
noch ziemlich frühes Beifpiel diefer Art, eine Allegorie Daniel Grans auf den Segen
des Friedens und der Ordnung und das Walten der Gerechtigkeit. Das zugehörige
Werk ift nach einem freundlichen Hinweis Dr. H. Tiet$es die Decke des Landtagsfaales
im alten Landhaufe in Brünn, die 1737—1739 gemalt wurde1. Von dem bekannten
Maler Kremferfchmidt find zwei Skizzen vorhanden, Nr. 1560 a, Die Steinigung des hl.
Stephanus und Nr. 1560 b, Eine Predigt des hl. Peregrinus. Letztere die weitaus be-
deutendere. Beide zeigen die originelle Umfetjung Rembrandtfcher Anregungen ins
Rokoko, die für diefen Künftler fo charakteriftifch ift.
In den Ausgang des 18. Jahrhunderts führen uns drei Bildniffe. Das frühefte
(Nr. 1718), das Porträt der Tochter der Königin Maria Antoinette, hat einen vorläufig
noch unbeftimmten Künftler zum Urheber. Es ift jedenfalls entftanden, während die
junge Marie Therefe Charlotte Herzogin von Angouleme am Hofe zu Wien zu Befuch
weilte. Das Porträtmedaillon, das die Fürftin in den Händen hält, ift das ihres könig-
lichen Vaters Ludwigs des XVI. von Frankreich. Die zarte Ausführung und die ganze
Aufmachung laffen an einen Miniaturenmaler denken.
Weit bedeutender find die beiden Bildniffe Heinrich Fügers, der einft felbft Direktor
diefer Galerie war. Überhaupt einer der beften Porträtiften feiner Zeit, fteht er in feinen
vorzüglichften Leiftungen den großen Engländern kaum nach. Mit einer fehr gediegenen
1 Vergl. Ä. Prokop: Die Markgraffchaft Mähren in kunftgefchichtlicher Beziehung ufw. Wien.
IV. Bd. 1904. S. 1301. Dafelbft auch Abbildung der Decke.
171
wirkungsvoll erfcheint. Der Vorder-
grund ift auf der Zeichnung fchon bei
der Gruppe der beiden Hunde abge-
fchnitten. Die Staffagefiguren finden
fleh alle auf dem Bilde wieder, das
aber hierin von dem Maler noch rei-
cher ausgeftattet ift.
Die folgenden Werke gehören
durchaus der fpäteren öfterreichifchen
Kunft an und vervollftändigen die
reichen Beftände auf diefem Gebiet
auf das glücklichfte. Aus der überaus
fruchtbaren Barockepoche wurden drei
Stücke erworben.
Die Hauptmarke diefer Glanzperiode
von Öfterreichs Kunft befteht in um-
fangreichen Freskenkompofitionen, meift
allegorifchen Inhalts, die heute noch
[ehr zahlreich die Paläfte und Klöfter
der Monarchie zieren. Als Erfatj für
die der Galerie natürlich unzugäng-
lichen großen Fresken können die da-
für gemalten Skizzen gelten, die auch
in ihrer faßt ftets großzügigen genialen
Durchführung dem heutigen Gefchmack
weit näher ftehen als die ausgeführten
Werke. Nr. 1557 a (Abb. 9) ift ein
noch ziemlich frühes Beifpiel diefer Art, eine Allegorie Daniel Grans auf den Segen
des Friedens und der Ordnung und das Walten der Gerechtigkeit. Das zugehörige
Werk ift nach einem freundlichen Hinweis Dr. H. Tiet$es die Decke des Landtagsfaales
im alten Landhaufe in Brünn, die 1737—1739 gemalt wurde1. Von dem bekannten
Maler Kremferfchmidt find zwei Skizzen vorhanden, Nr. 1560 a, Die Steinigung des hl.
Stephanus und Nr. 1560 b, Eine Predigt des hl. Peregrinus. Letztere die weitaus be-
deutendere. Beide zeigen die originelle Umfetjung Rembrandtfcher Anregungen ins
Rokoko, die für diefen Künftler fo charakteriftifch ift.
In den Ausgang des 18. Jahrhunderts führen uns drei Bildniffe. Das frühefte
(Nr. 1718), das Porträt der Tochter der Königin Maria Antoinette, hat einen vorläufig
noch unbeftimmten Künftler zum Urheber. Es ift jedenfalls entftanden, während die
junge Marie Therefe Charlotte Herzogin von Angouleme am Hofe zu Wien zu Befuch
weilte. Das Porträtmedaillon, das die Fürftin in den Händen hält, ift das ihres könig-
lichen Vaters Ludwigs des XVI. von Frankreich. Die zarte Ausführung und die ganze
Aufmachung laffen an einen Miniaturenmaler denken.
Weit bedeutender find die beiden Bildniffe Heinrich Fügers, der einft felbft Direktor
diefer Galerie war. Überhaupt einer der beften Porträtiften feiner Zeit, fteht er in feinen
vorzüglichften Leiftungen den großen Engländern kaum nach. Mit einer fehr gediegenen
1 Vergl. Ä. Prokop: Die Markgraffchaft Mähren in kunftgefchichtlicher Beziehung ufw. Wien.
IV. Bd. 1904. S. 1301. Dafelbft auch Abbildung der Decke.
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