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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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5. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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Ausstellungen
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7. Heft
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AUSSTELLUNGEN

im Bau befindlichen Erweiterungsflügel zur Auf-
hellung gelangen. Zunächft handelt es [ich um
ca. 500 Gegenftände aus dem Londoner Victoria
and Älbertmuseum. Dadurch dürfte die Er-
richtung eines weiteren Flügels [ich als not-
wendig herausftellen. F.

WIEN Öfte rreichifcher Galerie-Verein.
Eine Reihe privater Kunftfreunde hat im An-
fchluß an die neugefchaffene öfterreichifcheStaats-
galerie, deren Programm im lebten Hefte des
„Cicerone“ mitgeteilt wurde, einen „Öfterreichi-
fchen Galerie-Verein“ ins Leben gerufen. Bereits
im März 1911 hatte Felix Freiherr von Oppen-
heimer in einem Äuffat^e der „Öfterreichifchen
Rundfchau“, der einem Werberufe gleichkam,
die Ziele des neuen Vereins dargelegt. (Vgl.
auch Cicerone III. Jahrg., Heft 7, April 1911.)
Diefelbe Zeitfchrift konnte bald darauf ver-
fdiiedene Perfönlichkeiten namhaft machen, die
ihre Bereitwilligkeit zum Beitritt erklärt hatten;
die Begründung der öfterreichifchen Staatsgalerie
hat nunmehr eine Reihe weiterer Kunftfreunde,
unter denen fich der regierende Fürft Johann
von und zu Liechtenftein, Geh. Rat Conftantin
Freiherr von Dumba, Exzellenz Graf Wilczek
u. a. m. befinden, zur Erwerbung der Mitglied-
fchaft angeregt. Der Öfterreichifche Galerie-
Verein zählt gegenwärtig etwa 25 Mitglieder.
Bei der kürzlich, abgehaltenen konftituierenden
Verfammlung wurde Paul Ritter von Schoeller
zum Präfidenten gewählt; der Direktor der
öfterreichifchen Staatsgalerie, Dr. Friedrich Dörn-
höffer, gehört ftatutenmäßig dem Vorftande des

Vereins an. * *

*

Die Moderne Galerie hat anläßlich ihrer Um-
wandlung in die ÖSTERREICHISCHE STAATS-
GALERIE eine Reihe von Kunftwerken von
privaten Kunftfreunden zum Gefchenk erhalten:
Graf Mycielski ftiftete ein Werk des Altwiener
Malers J. B. Reiter, Th. Hämerle eine Skizze
Theodor von Hörmanns, Auguft und Dominik
Artaria fchenkten ein Gemälde des Dichters Ad.
Stifter „Blick über die Dächer Wiens“.

* *

*

Über die Ausftellung der Neuerwerbungen der
Gemäldegalerie des KUNSTHISTORISCHEN HOF-
MUSEUMS wird in diefem Hefte an anderer
Stelle berichtet.

□ □ □

AUSSTELLUNGEN

DIE AUSSTELLUNG DER PARISER

FUTURISTEN UND ANDERES Das

große Ereignis der Saifon ift die Ausftellung
der Futuriften in der Galerie BERNHEIM. Ich
bin ficher, daß man in Deutfchland, wo man
neuerdings auch alle malenden Babys Frank-
reichs mit gefpanntefter Aufmerkfamkeit ver-
folgt, den Futurismus fchon längft formuliert
hat. Es erübrigt fich alfo wohl ausführlicher
über diefe neue Gruppe italienifcher Bajazzos
zu fprechen. Jedoch gelegentlich diefer umfang-
reichen Ausftellung, angefichts ihres beifpiellofen
Erfolges — täglich etwa 500 Befucher, die fich
je nach ihrem Temperament zornig oder lachend
in den winzigenRäumenderBernheimsdrängen —
fei an diefer Stelle einmal kurz auf die Ent-
stehung des Futurismus hingewiefen. Vor etwa
drei Jahren veröffentlichte F. T. Marinetti, ein
von einem italienifchen Vater und einer fran-
zöfijchen Mutter in Kairo erzeugter Knabe (man
verdächtigt immer Prälaten und Kardinäle als
Väter folcher Kinder) in dem fanften und konfer-
vativen Figaro einen Leitartikel „Le Futurisme“,
was dem kleinen Millionär 4000 Francs baar
koftete. Diefer Trompetenftoß fchrie in die Welt
hinaus, daß alle Denkmäler, Kirchen, Mufeen,
Bibliotheken Italiens dem Erdboden gleich ge-
macht werden füllten. Alte Marquifen des Fau-
bourg St. Germain fielen bei der Lektüre diefes
wilden, zerftörungswütigen Artikels in Ohnmacht.
Schon damals kam Marinettis Name in aller
Munde. Er rafte weiter, fchrieb Bücher und
verfchenkte fie auflagenweife (feine Hand war
einige Zeit gelähmt, weil er in jedes Buch Wid-
mungen fchrieb), ließ gegen Bezahlung ein wirres
Theaterftück aufführen und fpornte die malende
Jugend Italiens an, futuriftifche Bilder zu fchaffen.
Ich will verfuchen, ein Bild zu befchreiben: Eine
Straße. Häuferfaffaden im Zick-Zack, fo daß alles
durcheinander purzelt. Dazwifchen liegt der halbe
Körper eines Weibes. Wo die andere Hälfte
fein müßte, fpielen anderthalb Menfchen Karten,
gegen die ein Viertel von einem Omnibus an-
rennt, auf den die Hälfte eines anderen Omnibus
auffährt. . . . Dergleichen Dinge fieht man, heißt
es im Vorwort, wenn man in Mailand in einem
Omnibus fit^t und geruhig zum Fenfter hinaus-
fchaut. Gott bewahre uns vor folcher Fahrt!
Da die Futuriften alle Kunft von geftern zerftören
wollen, wird diefen Bildern kaum eine lange
Lebensdauer befchieden fein. Die Lachfalven
der Menge follten gleich als Grabgefänge gelten.
Es ift nicht zu wünfchen, daß Marinettis Mario-
netten deutfchen Sammeleifer erregen; denn wir
würden uns lächerlich machen. Wir Deutfchen

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