Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

DOI Heft:
6. Heft
DOI Artikel:
Vermischtes
DOI Heft:
7. Heft
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0258

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VERMISCHTER

ken... [teht die kraftvolle edle Qeftalt eines
Germanen, das Schwert in der Rechten, mutig
in die Ferne blickend der zum Symbol vater-
ländifcher Gefinnung gewordene Ärmin; und über
ihm fliegt der preußifche Adler, der den Kriegern
voranzog, an die das Denkmal erinnern foll.
Das Ganze ein Werk voll Sinn, Größe und Ein-
fachheit!“ Eigentlich follte fchon dieses Zitat
die ungeheuere Gefchmacklofigkeit eines derarti-
gen Entwurfes dartun und wenigftens nach oben
hin aufklärend wirken. Indes ift der Moment
in der Tat gekommen, wo Marburg fein künft-
lerifches Renommee wirklich dem Werke jenes
Herrn Seyffert ausliefert, der, wie man behauptet,
fchon ein Dußend Städte, die das gleiche Ver-
langen nach Kriegerdenkmälern fpürten, be-
glückt hat.

Wären folche lokale Streitigkeiten nicht fo
todtraurig und wirklich befchämend im Hinblick
auf alles, was die moderne Zeit pofitiv ge-
leiftet zu haben glaubt, dann wäre Grund vor-
handen, den Marburger Konflikt ausfchließlich
humoriftifch hinzunehmen. Indes, was fich hier
und dort an gegenfäßlichen Kämpfen in der
Provinz entwickelt, ift leider fymptomatifch für
den Stand der allgemeinen Kultur, die in den
breiten Kreifen zuhaufe ift, wo bisher die ge-
klärten Kunftanfchauungen noch nicht wirken
konnten. Deshalb aber muß Einfpruch gegen
eine fchlechte Leiftung erhoben werden, die
nichts mehr mit dem Künftlerifchen zu tun hat,
fondern lediglich dem Hurra-Patriotismus dient.
Es wäre wirklich zu wünfchen, wenn Landrat
und Bürgermeifter vereint dafür forgten, daß
das reizende Marburg der künftlerifchen Ver-
fchandelung entgeht, und daß, wenn man auch
den Gaulfchen Löwen nicht begreifen kann, doch
noch Mittel und Wege gefunden werden, fich
von einem wirklichen Talent ein Denkmal machen
zu laffen, das auch im Künftlerifchen an die
Größe unferer Zeit heranreicht.

DÄS KUNSTHISTORISCHE INSTI-
TUT ST. PETERSBURG Graf Valentin
Suboff teilt foeben mit, daß das Kunfthiftorifche
Inftitut feineTätigkeit begonnen hat. Während der
Hauptzweck des Inftituts derjenige ift, den in-
ländifchen Kunfthiftorikern die notwendigen Hilfs-
mittel frei zurVerfügung zu ftellen und durch Vor-
lefungen die Entwicklung der Kunftwiffenfchaft
in Rußland zu fördern, foll es zugleich eine Äus-
kunftsftelle und ein Treffpunkt für auswärtige
Fachgenoffen fein. Diefelben werden gebeten
eventuelle wiffenfchaftliche Anfragen an das In-
ftitut richten zu wollen, die ftets nach Möglich-
keit beantwortet werden. Auch ift das Inftitut
bereit, den ausländifchen Kollegen Abbildungen

zum Selbftkoftenpreis zu verfchaffen. Die nach
Rußland reifenden Kunfthiftoriker find gebeten,
ihren Befuch in Petersburg, fowie auch den
eventuellen wiffenfchaftlichen Zweck ihrer Reife
rechtzeitig im Inftitut anmelden zu wollen, da-
mit es die nötigen Maßnahmen zur Erleichterung
der Befuche der Sammlungen ufw. treffen kann.

Die Bibliothek des Inftituts umfaßt momentan
5—6 Taufend Bände, es wird für ihre Erweite-
rung ftets Sorge getragen. Zur Verfügung der
Befucher liegen im Inftitut ca. 60 Fachzeitfchriften
aus. Vom l.Mai bis zum 1. Oktober bleibt das
Inftitut gefcbloffen und können in diefer Zeit
weder Auskünfte gegeben, noch andere Aufträge
übernommen werden. Adreffe: Graf Suboff,
Ifaaksplaß 5.

DRESDEN Den leßten der Vorträge in der
Galerie Arnold, über die an diefer Stelle
fchon berichtet worden ift, hielt in der leßten
Februarwoche der Befißer des Hagener Folk-
wangmufeums, Karl Ernft Ofthaus. Er fprach
über das Thema „Das Sammeln von Kunft-
werken“. Zum Inhalt feiner Ausführungen
machte Hr. Ofthaus nicht die Tätigkeit der
Mufeen und ihrer Beamten, fondern die Tätig-
keit des privaten Sammlers, fei er nun Lieb-
haber oder verfolge er mit dem Sammeln ein
Gewerbe. Am Beifpiele bekannter Sammler-
typen charakterifierte er die Erfolge diefer
Sammlertätigkeit. Sie mögen bei vielen zu-
nächft aus materiellen Gründen hervorgehen;
bei einem großen Teile aber fprechen zweifel-
los hohe ideale Regungen mit, z. B. der Wunfch,
der nüchternen Arbeit des Berufs ein Gegenge-
wicht zu geben durch eine Befchäftigung mit
Dingen, die den Schönheitsfinn im Menfchen
wach erhalten oder vielleicht erft wecken. Es
läßt fich der Nachweis führen, daß Sammler der
letzteren Art, ohne wiffenfchaftlich vorgebildel
zu fein, für das Gebiet, dem fie ihre fpezielle
Neigung zuwenden, zu einer ganz erftaunlichen
Sammlereinheitlichkeit und Syftematik gelangen.
Herr Ofthaus nannte die Namen zweier bel-
gifcher Sammler, die typifche Beifpiele hierfür
find. Der eine hat zu feinem Spezialgebiete
das Rokoko gemacht und in einem ihm ge-
hörigen Schlößchen eine der ftilechteften Samm-
lungen diefes Kunftzweiges zufammengebracht,
die Europa kennt; der andere, ein Freund der
fogenannten modernen Kunft, fammelt mit den
Erzeugniffen diefer Erzeugniffe längft vergan-
gener künftlerifcher Kulturen, die fich in ganz
wunderbarer Weife gegenfeitig ergänzen. Eine
eminente, wenn vielleicht auch mehr inftinktive
als kunftwiffenfchaftlich entwickelte Stilkenntnis
ift der Befiß diefer beiden Sammler. Herr Oft-

236
 
Annotationen