Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0290
DOI Heft:
7. Heft
DOI Artikel:Biermann, Georg: Neuerwerbungen der Gemälde-Galerie des Wallraf-Richartz-Museums zu Köln
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0290
NEUERWERBUNGEN DES WALLRAF-RICHARTZ-MUSEUMS ZU KÖLN
Abb. 17. WILHELM LEIBL, Alte Pariferin
Mit Genehmigung der Photographifchen Gefellfchaft, Berlin
der fachwiffenfchaftlichen Welt und macht [ein Mufeum zu einem Brennpunkt der
kunftgefchichtlichen Forfchung des 19. Jahrhunderts. Diefe Seegerfche Sammlung ge-
währt, bereichert durch den Befit$ der von Herrn Porten hergeliehenen vier Bildniffe
und dem, was Köln fchon früher befaß, einen Einblick in die Entwicklung Leibis von
feinen frühen Anfängen bis zu den Werken der reifften Zeit, in der u. a. die große
„Küche von Kutterling“ entftanden ift. In der „Alten Pariferin“ von 1869, die den Maler
noch deutlich im Banne altmeifterlicher Vorbilder zeigt, aber doch fchon voll Leiblfcher
Akzente ift, in der „Kokotte“ des gleichen Jahres, vor allem aber in dem „Schimmel-
reiter“ von 1873 und der „Tifchgefellfchaft“ von 1874 erkenne ich in diefem Zu-
fammenhang die wichtigften Bindeglieder, die von der Zeit des frühen Schaffens zu
der Reife der neunziger Jahre hinüberführen. Da bereits an diefer Stelle kurz im
Detail über die Sammlung Seeger (Cicerone, Heft 1, Seite 19) berichtet wurde, fo mag
es genügen, darauf hinzuweifen, wie feltfam unkölnifch die Erfcheinung des Meifters
im Rahmen feiner Umgebung wirkt. Nicht nur, daß Leibi fich als Menfch immer mehr
von feiner Heimat losgefagt, wo man ihm zeit feines Lebens mit fchreiender Ver-
ftändnislofigkeit begegnet ift, gibt diefer großartigen pofthumen Ehrung einen weh-
mütigen Beigefchmack, fondern wichtiger ift für die Erkenntnis der Leiblfchen Kunft
die Tatfache, daß er alles von fich ftreifen mußte, was ihn mit klammernden Organen
266
Abb. 17. WILHELM LEIBL, Alte Pariferin
Mit Genehmigung der Photographifchen Gefellfchaft, Berlin
der fachwiffenfchaftlichen Welt und macht [ein Mufeum zu einem Brennpunkt der
kunftgefchichtlichen Forfchung des 19. Jahrhunderts. Diefe Seegerfche Sammlung ge-
währt, bereichert durch den Befit$ der von Herrn Porten hergeliehenen vier Bildniffe
und dem, was Köln fchon früher befaß, einen Einblick in die Entwicklung Leibis von
feinen frühen Anfängen bis zu den Werken der reifften Zeit, in der u. a. die große
„Küche von Kutterling“ entftanden ift. In der „Alten Pariferin“ von 1869, die den Maler
noch deutlich im Banne altmeifterlicher Vorbilder zeigt, aber doch fchon voll Leiblfcher
Akzente ift, in der „Kokotte“ des gleichen Jahres, vor allem aber in dem „Schimmel-
reiter“ von 1873 und der „Tifchgefellfchaft“ von 1874 erkenne ich in diefem Zu-
fammenhang die wichtigften Bindeglieder, die von der Zeit des frühen Schaffens zu
der Reife der neunziger Jahre hinüberführen. Da bereits an diefer Stelle kurz im
Detail über die Sammlung Seeger (Cicerone, Heft 1, Seite 19) berichtet wurde, fo mag
es genügen, darauf hinzuweifen, wie feltfam unkölnifch die Erfcheinung des Meifters
im Rahmen feiner Umgebung wirkt. Nicht nur, daß Leibi fich als Menfch immer mehr
von feiner Heimat losgefagt, wo man ihm zeit feines Lebens mit fchreiender Ver-
ftändnislofigkeit begegnet ift, gibt diefer großartigen pofthumen Ehrung einen weh-
mütigen Beigefchmack, fondern wichtiger ift für die Erkenntnis der Leiblfchen Kunft
die Tatfache, daß er alles von fich ftreifen mußte, was ihn mit klammernden Organen
266