Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

DOI Heft:
11. Heft
DOI Artikel:
Biermann, Georg: Die Gemäldesammlung des Baron Herzog in Budapest
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0446

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE GEMÄLDESAMMLUNG DES BARON HERZOG IN BUDAPEST

perfönlichen Kultur, die immer eine
Beziehung zu den Dokumenten des
künftlerifchen Schaffens hat, ganz
einerlei ob diefe der primitiven Kunft-
übung oder aber der neueren Zeit
angehören. So fteht als oberftes Ge-
feß der Gefchmack des Befit^ers [elbft
über dem reichen Beftand an Gemälden,
die er heute fchon [ein Eigen nennt,
und wer Gelegenheit gehabt hat, die[e
Privatfammlung kritifch zu durch-
muftern, wird ohne Zweifel auch er-
kennen, wie unter dem eben betonten
Gefichtspunkt von Bild zu Bild faft
logifch die Betrachtung fortgelenkt
wird, weil faft bei jedem Objekt An-
knüpfungspunkte künftlerifcher Art ge-
geben find, die unbeträchtlich oder gar
bedeutfam modifiziert, zum folgenden
hinführen. Ich möchte fagen, es gibt
zwifchen all diefen Bildern, von denen
ein Teil hier illuftrativ am Auge des Be-
trachters vorüberzieht, pfychologifche
Zufammenhänge, die aus der künftle-
rifch empfindenden Seele des Samm-
lers refümieren. Das gibt aber zugleich
auch dem Ganzen fchon heute einen ge-
fchloffenen Charakter, der überrafchend
unabhängig von Zeit und Wollen des
Individuums im rein Künftlerifchen der
Objekte feinen Ausdruck findet.

Im einzelnen fcheidet [ich der Befil} des Baron Herzog naturgemäß in verfchiedene
Gruppen, die durch die kunftgefchichtliche Evolution näher charakterifiert werden.
Wollte man die Betrachtung der Objekte nach den Gefeßen der Entwickung beginnen,
fo müßte man bei den Werken anfangen, die wie das dreiteilige Altarbild des kata-
lonifchen Meifters um die Mitte des 15. Jahrhunderts noch primitiven Charakter haben
(Abb. 1). Das hier abgebildete Teilftück lehrt die Eigenart des Objektes deutlich kennen,
das man bisher als franzöfifche Arbeit angefprochen hat. Kaum mit Recht. Denn fo-
wohl die reiche ornamentale Behandlung wie der ausgefprochen zeichnerifche Charakter
des Stückes, dem vornehmlich in der Durchbildung der Porträts eine etwas herbe und
realiftifche Auffaffung zugrunde liegt, ftimmen ausgezeichnet zu ähnlichen Arbeiten der
gleichen Provenienz, wie fie neuerdings in hervorragender Auswahl im Mufeum in
Barcelona vereinigt find. Daß aber bei der ganzen katalonifchen Malerei diefer Zeit
[üdfranzöfifche Einflüffe fehr ftark mitgewirkt haben, ift bereits von verfchiedenen For-
fchern der fpanifchen Kunftgefchichte (fo von Auguft L. Mayer) des öfteren betont worden.

An diefes wichtige Dokument ließe [ich entwicklungsgefchichtlich das entzückende
Madonnenbild des Hugo van der Goes mit zwiefacher Berechtigung anfchließen: Nicht

Abb. 3. L. CRÄNÄCH, Der lüfterne Älte

418
 
Annotationen