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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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23. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0939

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SAMMLUNGEN ° AUSSTELLUNGEN

meift frühfranzöfifcher Gemälde aus [einer Samm-
lung in Madresfield Court zu einer Lehnsaus-
[tellung auf neun Monate überladen. Die un-
gefähr 30 Bilder umfchließen acht Werke von
Pierre Mignard, fowie Gemälde von H. Rigaud,
Boucher, Etienne, Jeaurat, Jean Clouet, Ä. Cuyp,
Bernardo Bellotto u. a. m.

* *

*

Sir William Lever hat das berühmte, an
Kunftwerken reiche Palais des Herzogs von
Sutherland, genannt Stafford Houfe, am
St. James Park angekauft, um es, wie es heißt,
in ein öffentliches Inftitut zu verwandeln.
Da Sir W. Lever auf mehrere Monate außer-
halb Englands (am Congo) weilt, fo ift nichts
ficheres zu erfahren, auch nicht, ob die hoch-
bedeutende, mehr als 300 Werke umfaffende
Galerie in den Kauf mit eingefchloffen ift.
Das Palais wird als das großartigfte Privathaus
Londons angefehen. Es ift im erften Drittel des
19. Jahrhunderts von dem Architekten Sir Chr.
Berry erbaut worden. Seine große Treppen-
flucht ift berühmt. Die Galerie allein ift 136 Fuß
lang und 32 Fuß breit. Viele der Gemälde
ftammen aus der Orleans Kollektion. Vertreten
find u. a.: Veronefe, Velasquez, Murillo, Tinto-
retto, Ä. del Sarto, Rafael, Rubens. Sir W.
Lever ift als Kunftliebhaber und -fammler be-
kannt, und fein jetziges Haus in der Londoner
Vorftadt Hampftead konnte die bereits ange-
fammelten Kunftfchälje, darunter die Sammlung
des verftorbenen Mr. James Orrock, nicht mehr
beherbergen. F.

WILHELMSHÄVEN Mit einer großen
Gemälde- und Skulpturen-Husftellung wird hier
im Februar des nächften Jahres eine neu ge-
gründete Kunfthalle eröffnet werden.

AUSSTELLUNG EN

DIE XXV. ÄUSSTELLUNG DER BER-
LINER SEZESSION (ZEICHNENDE
KÜNSTE) Ich finde es mit jedem Jahre be-
rechtigter, daß die Sezeffion ihren Herbftfalon
den zeichnenden Künften widmet. Denn ich
meine, daß wir wieder auf dem Wege zu einem
befonderen Stil der Zeichnung find, und wer
etwa diefe Ausftellung mit der des Skarbina-
fchen Nachlaffes vergleicht, wird erftaunen, wie
feiten hier ein Blatt nur Vorbereitung, nur Studie
ift, nichts für fich und in [ich beftehendes und
geltendes. Es fcheint beinahe, als follte fich
wieder einmal ereignen, was in Deutfchland feit
rund 400 Jahren nicht mehr erlebt wurde, als

follten die zeichnenden Künfte das Feld bilden,
auf dem die Löfung der Probleme der neuen
Kunft unternommen werden foll. Das Bild will
heut ja wieder zur Menge fprechen und es wird
deshalb wohl tun, nicht ganz auf das gewohnte
Idiom und den bekannten YVortfchaß zu ver-
zichten; die Graphik wendet fich dem Kreife
der Kenner zu und darf kühner und neuer, rück-
fichtslofer in der Verfolgung neuer Ziele auf-
treten, zumal da das verwirrende Element einer
neuempfundenen Farbigkeit meift ausfällt.

Die „neuen“ find es denn auch, die das Inter-
effe hauptfächlich beanfpruchen, und es find fehr
ftarke Talente in diefer jungen Generation zu
finden. Es ift eine Freude, vor den Verheißungen
zu ftehen, die die großen Landfchaftslithogra-
phien Röslers, die Akte, Köpfe und Szenen
Beckmanns, die halb an Marees, halb an Michel-
angelo erzogenen Blätter Degners und Schinne-
rers geben, und es wäre nur zu wünfchen, daß
fich noch mehr Leute fänden, wie jener, der
Pechftein die Wände einer Berliner Villa zur
Verfügung [teilte, um feine monumentale Ge-
finnung auch einmal monumental zum Ausdruck
zu bringen. Es ift wieder ein Monumentalftil
im Werden, und die neue Cafa Bartholdi würde
an Verdienftlichkeit und tiefer Wirkung die alte
übertreffen, denn es war im Grunde einerlei,
ob die Ideen der Nazarener auf den Karton
kamen oder auf den Kalk. Hier aber könnte
im füllen, und ohne daß fich die unberufene
Kritik des alleswiffenden Publikums einmifchte,
eine neue monumentale Kunft [ich auswachfen,
von der der Staat über kurz oder lang doch
Gebrauch würde machen müffen. Pechftein
felber hat eine Anzahl technifch fehr fchöner
und großzügig erfundener Holzfchnitte ausge-
ftellt, auch gute Zeichnungen. Aber man konnte
von ihm im Oktober bei Gurlitt Graphik fehlen,
die an unvergeßlicher Rhythmik der Bewegung
und an überredender Funktion der Gelenke das
meifte weit hinter fich ließ, was hier von ihm
gezeigt wird.

Die Traditionen der älteren Generation haben
in Beckmann einen Fortfetjer. Er wirkt in
feiner Graphik reiner und unmittelbarer als in
feinen Bildern, die noch unter einer Unnotwen-
digkeit der Farbe litten. Die Amazonenfchlacht
der Sommerausftellung verriet zudem noch deut-
lich, daß die Kompofition nur ein Vorwand für
den Akt war. In feinen Zeichnungen und Litho-
graphien wirkt er mit einer fabelhaften Wucht
und Lebendigkeit. Es ift nicht das mindefte
artiftifche oder erklügelte dabei, es ift unmittel-
bar gefühlte Natur, mit aller Gewalt und Un-
widerleglichkeit der höchften Realität, vorge-
tragen mit jener Befeelung der Form, die Lieber-

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