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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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2. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0087

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RUNDSCHAU — Sammlungen

DER CICERONE IST STÄNDIGES PUBLIKATIONSORGAN FOLGENDER MUSEEN: WALLRAF-
RICHARTZ-MUSEUM ZU KÖLN / STÄDELSCHES INSTITUT UND STADT. GALERIE ZU
FRANKFURT a. M. / MUSEUM FÜR KUNSTGEWERBE ZU LEIPZIG / KAISER FRIEDRICH-
MUSEUM ZU POSEN / GROSSHERZOGL. MUSEUM ZU SCHWERIN / STADT. MUSEUM DER
BILDENDEN KÜNSTE ZU LEIPZIG / HERZOGL. MUSEUM ZU BRAUNSCHWEIG / PROVINZIAL-
MUSEUM IN HANNOVER / KAISER WILHELM-MUSEUM ZU KREFELD / STADT. MUSEUM
ZU BRAUNSCHWEIG / MUSEUM JOANNEUM IN GRAZ / KUNSTGEWERBE - MUSEUM ZU
FRANKFURT a. M. / KUNSTHALLE ZU MANNHEIM / KUNSTGEWERBE-MUSEUM ZU DÜSSEL-
DORF / ALTONAER MUSEUM / MAXIMILIANS-MUSEUM ZU AUGSBURG / FOLKWANG-
MUSEUM ZU HAGEN i. W. / DAS DEUTSCHE MUSEUM FÜR KUNST IN HANDEL UND GEWERBE /
KUNSTGEWERBE-MUSEUM ZU OLDENBURG i. Gr.

DIE KUNST IM STÄÄTE IN
FRANKREICH Dem vorjährigen, glänzen-
den Generalbericht des Budgets der fchönen
Künfte von Paul Boncour hat heuer der ehe-
malige Unterftaatsfekretär der Poft Julien Si-
myan einen Bericht folgen laffen, der mit Pi-
kanterien aus der Verwaltung und mit zahl-
reichen Bosheiten gegen Dujardin-Beaumetj über-
reichlich gefpickt ift und in dem er den miß-
glückten Verfuch machte, den Etat für Ankauf
moderner Kunftwerke um 100 000 Francs zu be~
fchneiden. Simyan hoffte, daß Beaumetz in der
Kammerverhandlung vom 6. Dezember geftürzt
werden würde und wollte fich dann fofort als
fein Nachfolger präfentieren. Aber die Mehr-
heit der Kammer durdifchaute Simyans argliftige
Machenfchaften und war verftimmt. Simyan
fchnitt fehr fchlecht ab und Dujardin-Beaumet}
konnte noch einmal triumphieren. Im Januar
wird er übrigens vorausfichtlich Senator des De-
partement Äube werden: da es nicht Brauch ift,
daß ein Senator Unterftaatsfekretär ift, fo wird
alfo in wenigen Wochen ein neuer Herr in der
rue Valois einziehen. Wird er die in Paris
übliche Redensart: La rue Valois, c’est le de-
sordre widerlegen, wird er das Unterftaatsfekre-
tariat der Schönen Künfte von Grund auf re-
organifieren? Es wäre dringend nötig; aber es
ift kaum zu hoffen; denn von Grund auf ge-
fchieht in Frankreich feiten etwas. Müßte aber;
denn in der rue Valois herrfdit von oben bis
unten Disziplinlofigkeit. In der Kammerverhand-
lung vom 6. Dezember find fchlimme Zeichen
von Verwahrlofung ans Licht gekommen, die es
wunderbar erfcheinen laffen, daß nur die Mona
Lifa geftohlen worden ift. Nach dem Diebftahl ift
z. B. feftgeftellt worden, daß 105 Paffepartouts für
den Louvre ausgegeben worden find; davon 5
ohne Nummern, 15 doppelt. 14 Paffepartouts
konnten bei der Kontrolle nicht aufgefunden
werden. Während der Montag-Vormittage
waren regelmäßig einige Türen offen, keine
geregelte Äufficht während der Reinigung. Ho-

molle hat den am 31. Oktober 1906 begangenen
Diebftahl der Ifis erft acht Tage fpäter dem
Unterftaatsfekretariat der Schönen Künfte an-
gezeigt. Homolle hat ferner ein durch einen
Unfall ruiniertes Bild in Verfailles hinter dem
Rücken des Unterftaatsfekretariats reftaurieren
laffen. Homolle fcheint ferner den Chef der
Galeriediener im Louvre in merkwürdiger Weife
begünftigt und nach dem Diebftahl der Mona
Lifa gegen ihn ein befremdendes Doppelfpiel
getrieben zu haben. Der Gelehrte Homolle
kann durch diefe Enthüllungen nicht ver-
kleinert werden; aber als Verwaltungsbeamter
ift feine Unzulänglichkeit nunmehr erwiefen.
Dujardin-Beaumeß ift durch diefe neuen, offi-
ziellen Darftellungen entlaftet worden. Aller-
dings können auch ihm Vorwürfe nicht erfpart
bleiben: Warum ließ er Homolle folange im
Amte? Warum untergrub er Homolies Auto-
rität, indem er einem Wächter Urlaub gab,
nachdem Homolle ihn verweigert hatte. Daß
durch die Bewilligung des Etats nunmehr die
Zahl der Wächter fofort vermehrt wird, da es
eine empörende Kalamität für die ganze Kultur-
welt bedeutet, daß der Louvre feit fechs Mo-
naten halb gefchloffen ift, ift zu wünfchen.

Audi die Pflege der angewandten Kunft in
Frankreich kam in der gleichen Kammerverhand-
lung zur Sprache. Etienne Rognon und Simyan
hielten zündende Reden und wiefen nachdrück-
lich auf die Gefahr der deutfchen Konkurrenz
hin, ftellten den deutfchen Kunftunterricht als
muftergültig dar. Die markanteren Stellen aus
Dujardin-Beaumet}’ nichtsfagender Antwort find:
„Über die kunftgewerbliche Ausftellung im Jahre
1915 hat die Regierung noch nichts befchloffen.—
Ich habe die Fortfehritte des franzöfifchen Kunft-
gewerbes immer mit größtem Intereffe verfolgt.“
Es wurde alfo nichts befchloffen, und es wird
auch nichts gefchehen.

Es ift aber auch von dem Unterftaatsfekretariat
der Schönen Künfte, folange es in dem gleichen
Geifte geleitet wird, nichts zu erwarten. Das

Der Cicerone, IV. Jahrg., 2. Heft. 5

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