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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 2
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Eine internationale Kunstausstellung in Mannheim
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Die Kunst in Chemnitz
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20

Die Werkstatt derAunfL.

Kraft für internationale Ausstellungen gesichert hat.
wir möchten vielmehr eine andere Frage aufwerfen:
warum veranstaltet Mannheim eine inter-
nationale Kunstausstellung? Zur Feier seines 300jäh-
rigen Bestehens als Stadt. Nun gut! Aber warum
eine imteirn-KtroNKle? Mannheim als deutsche Stadt!
warum nicht eine NäEsnaLs? wäre es nicht zweck-
entsprechender und einer deutschen Stadt mindestens
ebenso würdig gewesen, bei solcher Feier auf die
deutsche Kunst sich zu beschränken?
Hätte die Stadt nicht auf ein noch vielseitigeres
freudiges Entgegenkommen rechnen können bei einem
rein nationalen Unternehmen? Dis badische, die
Karlsruher Künstierschaft, zu der ja Dill fetzt gehört,
und der verband der Kunstfreunde in den Ländern
am Rhein, in dessen Karlsruher Kunstkommission
Dill sitzt, würden gewiß auf den leisesten Wink be-
reit gewesen sein, ein solches Unternehmen mit voller
Kraft zu unterstützen. Die für Ankäufe verfügbaren
Gelder, schon fetzt 300 000 Mk. — die nun freilich
zu einem guten Teile insAusland wandern werden —,
würden vielen deutsches! Malern ein besonderer An-
sporn gewesen sein, die Ausstellung nach bestem ver-
mögen zu beschicken und somit glänzend zu gestalten.
Aber so sind ja nun einmal die Deutschen!
Ohne Ausland geht es nicht, die erste Ausstellung,
die Mannheim veranstaltet, muß natürlich gleich eins
internationale sein. Uns scheint, es fehlt dafür die
innere Berechtigung, welche entweder aus der bis-
herigen Kunstbetätigung, oder aus der Position der
Stadt sich zu ergeben hätte, wenn große altbe-
währte Kunstzentren oder Weltausstellungsplätze inter-
nationale Kunstausstellungen veranstalten, so ist das
folgerichtig. Zu diesen Städten aber kann Mannheim
vorerst noch nicht gerechnet werden, und in Bezug auf
pflege der bildenden Kunst stand es bisher jeden-
falls nicht höher als der Durchschnitt gleich bedeu-
tender Städte. So lobenswert es daher auch ist,
daß Mannheim durch dieses Unternehmen einen ernst-
haften Schritt vorwärts zu tun gewillt ist, so bleibt
es dennoch sehr zu bedauern, daß es nicht mir einem
rein nationalen geschieht.
Internationale Ausstellungen gibt es häufig ge-
nug im Deutschen Reiche und die wirklich guten aus-
ländischen Werke, die wir da zu sehen bekommen,
werden uns stets willkommen sein. Sehr oft aber
kommen auch mindere Werke und alte „Ladenhüter"
mit, welche dann womöglich zu hohen Preisen deut-
sche Käufer finden. Gute nationale Ausstellungen
aber, zumal solche, die mit großen Mitteln arbeiten,
die solche Summen in den Ankaufsetat stellen können,
haben wir selten und hätten sie doch, bei der wirt-
schaftlichen Lage so manches vortrefflichen deutschen
Künstlers, vorerst wenigstens recht sehr vonnöten.
Dis KuNSt m ObsmMt?.
In Themnitz steht die Erbauung eines Mu-
seums für die bildenden Künste bevor. Ein kunst-

begeisterrsr Mann, Or. mscl. Adolf Thiele in Them-
nitz-Kappel, sieht sich bei dieser Gelegenheit veran-
laßt, seinen Mitbürgern im Hinblick auf den Zweck
des Museums die Frage vorzulegen: was ist not-
wendig? I)r. Thiele beantwortet diese Frage in den
„Chemnitzer Neuesten Nachrichten" folgendermaßen:
Es sei den maßgebenden Persönlichkeiten das Studium
jener denkwürdigen Rede, mit der Alfred Lichtwark die
Reorganisation der Hamburger Kun st Halle einleitete,
dringend empfohlen. Der Erfolg hat dem Redner und Re-
organisator recht gegeben: heute hat Hamburg ein Museum
der bildenden Kunst, das der Hamburger als sein originelles
Eigentum liebt, das der Fremde als originale Sehenswürdig-
keit Hamburgs bewundert. Drei Arten von Sammlungen
wurden seit ;889 angelegt, um dem eingerissenen Inter-
nationalismus der Grundsammlung entgegenzuwirken. Erstens
eine Sammlung zur Geschichte der Malerei in Ham-
burg (t5.—t«. Jahrhundert); zweitens die Sammlung
Hamburger Meister des Jahrhunderts und drittens
die Sammlung von Bildern aus Hamburg. Zu dieser
gleich die Erläuterung mit Lichtwarks Morten: „Es wurde
geplant, nach und nach die hervorragendsten deutschen Naler
einzuladen, Hamburg und das Hamburgische Land zu studieren
und die Bildnisse hervorragend verdienter Männer und Frauen
zu malen. ... Es durste deshalb erwartet werden, daß die
Jahr um Jahr entstehenden Bilder aus Hamburg um so liebe-
vollerem Eingehen und um so tieferer Teilnahme begegnen
würden, als sie lauter vertraute und bekannte Stoffe dar-
stellen und sich unmittelbar an das in allen lebendige Heimat-
gefühl wenden. .. . Gerade das Eigenartigste und wertvollste
in der lebenden Kunst kann ohne eingehende Kenntnis der
Natur nicht voll erfaßt werden."
Auch Ehemnitz steht an einem entscheidenden Punkte
seines Kunstlebens. Wird es ein Wendepunkt werden?-
von den obenerwähnten drei Sammlungen der Hamburger
Kunsthalle könnten zwei zum mindesten auch in Ehemnitz in
die Wege geleitet werden. Wir haben treffliche Künstler, die
aus Ehemnitz oder aus seiner Umgebung gebürtig sind, in
Ehemnitz oder in seiner Umgebung gearbeitet haben, wir
könnten also versuchen, eine Sammlung Chemnitzer
Künstler des Jahrhunderts anzulegen, warum nicht
auch eine Sammlung Chemnitzer Künstler des
20. Jahrhunderts? Und was hindert uns, eine Samm-
lung von Bildern aus Ehemnitz anzulegen, wohlgemerkt
im Sinne der Hamburger? Der normale Chemnitzer als guter
Geschäftsmann wird mir erwidern: Uns fehlt das Geld! Ja,
das liebe Geld: nicht genug, daß Millionen verbaut werden,
nun sollten wir gar noch großartige Kunstsammlungen an-
legen für weiteres Geld? Gemach, es steuern ja schon sowieso
eine große Anzahl Chemnitzer Einwohner alljährlich eine aller-
dings für den einzelnen ziemlich geringfügige Summe zu-
sammen zur Förderung der Kunst in Ehemnitz. Ich meine
die Mitglieder der „Kunsthütte". Es kommt da doch alljähr-
lich ein ganz hübsches Kapital zusammen, mit dem sich schon
etwas machen ließe. Jetzt wird das Geld in der Hauptsache
zu Ankäufen von Kunstwerken verwendet, die jedes Jahr unter
die Mitglieder verlost werden. Es ist selbstverständlich, daß,
da alljährlich eine ganze Anzahl Kunstwerke als Prämien
angekauft werden müssen, für das einzelne Kunstwerk nur
ein verhältnismäßig geringer Preis gezahlt werden kann.
Daraus folgt, daß nicht immer Meisterwerke dem Geldbeutel
der „Kunsthütte" erreichbar sind. Ich bin nun fest davon
überzeugt, daß die Mitglieder der „Kunsthütte" nicht deshalb
Mitglieder geworden sind, um mal ein Bild zu gewinnen,
das sie schließlich sich selbst kaufen könnten, sondern um ihre
Liebe zur bildenden Kunst zu betätigen, aus Interesse für die
Kunst. Es naht für die bildende Kunst in Chemnitz ein ganz
besonderer Tag: der Bau, die Eröffnung des neuen Museums.
Wie wäre es, wenn die Mitglieder der „Kunsthütte", sagen
wir mal von jetzt ab auf drei Jahre oder bis zum Eröffnungs-
tage des Museums, auf jene Bilderlotterie verzichteten, wenn
sie vielmehr dem Vorstande erklärten: Wir stellen Dir die
 
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