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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 37
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Die Achtung vor dem Künstler!
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0513

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^eäaklem: Hemrick Stemback.

V. Jakrg. Hekt 3^. 11. Juni 1906.

In ctiesein ^eUe «nserei-LsitsckrNt erteilen tvir j ecleni Rö nstler ctas freie Mort. Mir sorgen ciafür, äLS tunlickst keinerlei
Angriffe auf Personen ocler Genossensckisften sbgeclruckt rvercten, okne class vorder cler Angegriffene clie MSgUckkeit gekabt
kätte. in äernselben IZefte zu errviclern. Oie keclsktion kält sick vollstänclig unpsrteiisck unct gibt clurÄ, clen Abclruck keineswegs
- . . — eine Nebereinstirnrnung rnit clen auf cliese Meise vorgetrsgenen Meinungen zu erkennen. - . . . .. —

Oie Z^cktung vor äem Künstler!

Lt-cb. Wie sich uilsere Freunde erinnern wer-
den, sahen wir uns veranlaßt, gelegentlich der Ent-
scheidung über den Wettbewerb zur Erlangung von
Ehrenpreisen zur Herkomer-Konkurrenz mit einer
Kritik hervorzutreten, welche sich gegen die Art und
Weise der Erledigung dieses Wettbewerbes richtete.
Heute müssen wir nochmals aus diese Angelegenheit
zurückkommen, und zwar mit Rücksicht aus die zur
Zeit in der Halle des Bayerischen Kunstgewerbe-
vereins ausgestellten Ehrenpreise selbst.
Von ^29 vorliegenden Entwürfen waren da-
mals dreißig von den Preisrichtern zur Annahme
und Ausführung den Delegierten der drei Auto-
mobil-Klubs empfohlen worden: nichtsdestoweniger
setzten sich die Herren zum Teil über diese Vorschläge
hinweg und wählten ihrerseits auch aus den nicht
empfohlenen Arbeiten noch eine gewisse Anzahl aus.
Nun war ein solches Verfahren zweifellos gar nicht
in der Ordnung, weshalb wir auch gegen dasselbe
entschiedenen Widerspruch erhoben. Da diese Ent-
würfe nun aber zum Ergebnis des Wettbewerbes
gehörten, darunter z. B., um nur einige zu nennen,
Arbeiten von Heinrich wadere und Ernst Riegel,
und somit an sich der Künstlerschaft verblieben, so
könnte schließlich das, was nicht mehr zu ändern
ist, mit dem Mantel der Liebe zugedeckt werden.
Was sehen wir aber jetzt, was nicht zugedeckt
werden kann, sondern auf das allerschärfste ge-
brandmarkt werden muß? -— Die Herren Dele-
gierten haben uns jedenfalls zeigen wollen, was die
Preisrichter von Kunst verstünden, wenn sie ihnen
30 Entwürfe als vortreffliche Arbeiten empfahlen.
Denn was haben die Herren Delegierten hinterher
noch getan? Zu unserem grenzenlosen Erstaunen,
zur Empörung der Künstlerschaft? Was haben sie
in der Kunststadt München getan? O die Aus-
wahl jener 30 Entwürfe genügte den Herren nicht;
sie liefen in die Geschäfte, zum Antiquitäten-
händler, sie erkannten fremdländischer Kunst, alten
Ladenhütern, der Dutzendware, den Erzeug-
nissen der Fabrikarbeit den Vorzug vor den
Künstlern zu. So sehen wir in dieser Ausstellung
noch eine Anzahl anderer Preise, welche mit dem
Wettbewerb nichts zu tun haben, ach, eine Herr-
lichkeit sondergleichen. . . . Mit Freude studiert man
die Arbeiten der Künstler: schwarz wie die Nacht
wird der Gegensatz, wenn man sodann betrachtet,

welche Auswahl die Delegierten getroffen, wie sie
bestbezahlteste Arbeiten der Künstlerschaft entzogen,
jenen Künstlern, welche in opferwilligster weise die
Unsumme von ^29 Entwürfen herbeibrachten. Ist
es nicht ein Hohn, eine japanische Schale, als ob
wir keine Künstler hätten, die Gutes leisten, als
Preis zu bemerken? Empire-Uhren, die, in un-
zähligen Exemplaren vervielfältigt, den Markt be-
herrschen, guten neuen Gedanken vorgezogen zu
sehen? Ganz unglaublich aber werden die Dinge
bei den bei Wollenweber und Weishaupt beschafften
Tafelaufsätzen, Schalen und Leuchtern! Hier hört
jede Kritik auf.
Zm ganzen sollen gegen 50 000 Mk. auf die
Gesamtheit der Preise verwendet worden sein. Was
von dieser Summe den Künstlern zugeflossen ist, ließe
sich unschwer feststellen; was ihnen aber entzogen
worden ist, wird man daraus erkennen, daß die sür
zwei Hauptpreise, den ersten Dinsmore- und ersten
Semmering-Preis beschaffte, oben bezeichnete Fabrik-
ware vulgärster Art, wie wir hören, auf 9000 Ulk.
zu stehen kommt: bei einem baren Verdienst des
Händlers von sicherlich 3000—flpOO Mk. Das ist
die Achtung vor dem Künstler, das ist das
Vorbild, was uns gegeben wird, was das
Preisgericht, ein Fritz v. Miller, Frz. v. Stuck,
Friedr. v. Thiersch, Zoseph Floßmann, Ernst
Pfeifer, Bruno Paul ihnen warm ans Herz ge-
legt haben, wird von den Herren lieber beiseite ge-
legt: wir verstehen das alles viel besser! ....
Die Herren machen aber hoffentlich die Rech-
nung ohne den Wirt. Die Künstlerschaft wird sich
hoffentlich diese Verhöhnung eine Lehre sein lassen
und jenen nicht mehr den Narren machen. Der
Bayerische Kunstgewerbeverein wird sich hoffentlich
gründlich Witz gekauft haben, nachdem er hat sehen
müssen, daß man trotz allem und allem dennoch zum
Händler gelaufen ist. Ob sämtliche der Angehörigen
des Kaiserlichen, des Bayerischen und des Gester-
reichischen Automobilklubs unterrichtet sind, welches
Verfahren ihre Delegierten einzuschlagen beliebten?
Gb Hubert von Herkomer, der Künstler, unter dessen
Namen die Konkurrenz gefahren wird, weiß, welche
Wertschätzung man seinem Stande bewiesen hat?
Wenn nicht: so sei die gesamte Geffentlichkeit hier-
mit entsprechend unterrichtet.
 
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