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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 32
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Zum Thema "Maler-Erziehung"
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Die Petition des Dürerbundes
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0443

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heft 32.

Die Werkstatt der Kunst.

439

und ein Vergnügen empfunden hätte, solche Auf-
träge ausführen zu dürfen, nie jemand kam, der
mich suchte oder fand. Ich habe zu wiederholten
Malen Tierstudien, welche auch wissenschaftlicher
Genauigkeit entsprachen, in den ersten Ausstellungen
Deutschlands und Oesterreichs ausgestellt, und es ist
nie jemand mit einem Auftrage an mich herange-
treten, woraus ich schloß, daß man sich willig mit
der gebotenen geringen Ware begnüge.
Ls ist daher sehr erfreulich, daß diese Mängel
nun auch von wissenschaftlicher Leite schwer emp-
funden werden, und vielleicht wird hierdurch ein
Lrwerbszweig geschaffen, der vielen, welche zwar
über ein tüchtiges Können, über Fleiß und Wissen
verfügen, denen aber künstlerische Ligenart und Be-
deutung von der Natur versagt wurde, eine menschen-
würdige und nützliche Existenz schaffen kann.
lVI. v.
Man schreibt uns ferner aus Hamburg:
Zu dem in heft 30 enthaltenen Kapitel „Maler-
Lrziehung" möchte ich bemerken, daß auch meiner
Meinung nach die Hauptschuld der geschilderten Uebel-
stände entschieden gewissen Kunstanschauungen unserer
Tage zu verdanken ist. was alles man glaubt, sich
in der Zeichnung erlauben zu dürfen, davon kann
man sich genügend in denjenigen Kunstausstellungen
überzeugen, in welchen die „neueste Richtung" ver-
treten ist. Ls gibt aber doch auch noch viele Künst-
ler, welche von dieser Krankheit noch nicht ange-
steckt sind. Ich selbst will mich anheischig machen,
solche streng nach der Natur aufzunehmenden Mo-
tive, seien es Pflanzen oder Tiere, ganz genau zu
zeichnen oder zu malen, und weiß auch Kollegen,
welche dies könnten, so gut es im Auslands aus-
geführt werden kann — vorausgesetzt, daß solche
Arbeiten auch entsprechend honoriert werden. Letz-
teres, finde ich nämlich, ist auch eine große Haupt-
sache. Ls ist klar, daß eine gewissenhaft durchge-
führte Zeichnung auch besonders viel Zeit und Mühe
und demgemäß auch mehr Honorar beansprucht.
Dies vermögen aber viele Besteller nicht einzusehen.
L. lVl.
Ole Petition cles Oirrerbunäes:
betreffend den Gesetzentwurf über das Urheberrecht an Werken
der bildenden Künste und der Photographie, von welcher wir
in Heft Mitteilung machten, schlägt für den Paragraphen
die folgende Fassung vor:
„Die Urheber von Werken der bildenden Künste
und der Photographie nach der Natur werden nach
Maßgabe dieses Gesetzes geschützt."
Bei weitem als der schwerste Mangel des Gesetzent-
wurfes, so heißt es in der Begründung, erscheint uns eine
Tatsache, die bei seiner Erhebung zum Gesetz sehr ernste
Folgen zeitigen würde. Er übersieht vollkommen, daß sich die
Photographie in zwei ihrem Wesen nach ganz verschiedene
Gruppen zerlegt: in Griginalphotographie, die nach der
Natur, und in Reproduktionsphotographie, die nach
Vorlagen arbeitet. Die Unterscheidung ist höchst einfach. Ls
fcheint uns auf das dringendste geboten, daß sie auch im
Gesetz ausgedrückt werde.

Urhebertätigkeit bedeutet -Neugestaltung eines Stoffes.
Bei Griginalphotographien kann von einer „Urhebers-Tätig-
keit gesprochen werden, denn je nach Auswahl der Natur-
Ausschnitte, der Stellung zum Gegenstände und der technischen
Mittel „gestaltet" sie in der Tat künstlerisch einen Stoff neu.
Ob gut oder schlecht, wertvoll oder nicht, kommt ja hier nicht
in Frage, da auch Gemälden und Zeichnungen ein Urheber-
recht ohne Rücksicht auf den Wert zugesprochen wird. Repro-
duktionsphotographien dagegen sind rein technische Erzeug-
nisse, die eine Vorlage, z. B. ein Gelgemälde, so gut wie
möglich wiedergeben, also etwas, das bereits künstlerisch ge-
staltet ist. Niemals kann bei ihnen von dem die Rede sein,
was ein Urheberrecht allein begründen kann: von Neuge-
staltung eines Stoffes. So logisch demnach die Einbeziehung
der Griginalphotographie in dieses Gesetz erscheint, so un-
logisch erscheint die Hereinziehung der bloßen Reproduktions-
photographie. Aber sie erscheint auch ungerecht, denn die
Reproduktionsphotographie lebt auch im geschäftlichen Sinne
nicht von sich selbst, sondern von dem Wert der von ihr re-
produzierten GriginaIe: man kauft eine Photographie von L
oder H nach Dürer oder Menzel nicht, weil sie von Z oder H,
sondern weil sie nach Dürer oder Menzel ist. Und die Einbe-
ziehung der Reproduktionsphotographie ins Urheberrecht geht
schließlich auch unmittelbar gegen die Interessen der Allge-
meinheit. Haften an den «Originalen noch Urheberrechte, so
sind sie ja als solche geschützt. Haften keine mehr daran, so
sind die Originale nach dem Willen der Gesetzgeber Gemein-
gut der Nation. Durch das Konstruieren neuer langwieriger
Ausnutzer-Rechte für den bloß technisch Reproduzierenden
würde aber die Verbreitung der hier niedergelegten ästheti-
schen, ethischen und je nach dem Stoff auch religiösen Werte
für unser Volk wesentlich erschwert und zum Teil unmöglich
gemacht werden. Daß für die Reproduktionsphotographien
der gegenwärtig gültige Schutz von fünf Jahren vollauf ge-
nügt, beweist die Fülle von Reproduktionsphotographien, die
unter dem heute noch gültigen Gesetze erschienen sind und
manche unserer Kunstverleger durch die an sich vollkommen
berechtigte Ausnutzung der Schöpfungen toter Meister reich
gemacht haben. Ward nach fünf Jahren das photomecha-
nische Produkt solcher Verwertung der Originale für weitere
Verwertung der Originale freigegeben, so ermöglichte das sehr
oft erst die zahlreichen wohlfeilen Bilderpublikationen. Ein
dringendes Bedürfnis nach solcher geistigen Nahrungszufuhr
zu mäßigen Preisen ist aber schon durch ihre gewaltige Ver-
breitung nachgewiesen. Daß die Einbeziehung der Repro-
duktionsphotographie in den langen Urheberschutz auch die
graphischen Anstalten mehr als nötig und billig beeinträch-
tigen würde, erwähnen wir nur als eine Nebenwirkung.
Die Hauptsache bliebe bei weitem die Beeinträchtigung
unserer sittlichen und religiösen Volkserziehung
und Volksbildung, soweit sie durchs Auge geht, infolge
Einreihung photomechanischer Reproduzenten unter die Urheber.
Wir haben statt des Wortes „Griginalphotographie"
das Wort „Photographie nach der Natur" vorgeschlagen. Es
scheint zweckmäßiger, da bei dieser Bestimmtheit Streitfälle
so weit wie nur möglich ausgeschlossen werden. Gegenüber
Werken der Plastik, der Architektur und des Kunstgewerbes
sind ja Vorbehalte im Gesetzentwurf vorgesehen. Der Aus-
beutung von Originalaufnahmen, z. B. von Landschaftsphoto-
graphien durch die Postkartenindustrie, würde aber auch bei
der vorgeschlagenen Fassung ein Ende gemacht werden.
Zu ß 4-
Vorschlag:
wer ein Werk der bildenden Künste oder der
Photographie nach der Natur durch ein Werk der
bildenden Künste (also nicht: und der Photographie)
nachbildet, gilt in Bezug auf das von ihm hervor-
gebrachte Werk als Urheber.
Jede photographische oder photomechanische Re-
produktion eines Kunstwerks, die auf der Abbildung
 
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